Im Training des Ernstfalls kann auch schon mal was passieren. Copyright by Adobe Stock/Gorodenkoff
Im Training des Ernstfalls kann auch schon mal was passieren. Copyright by Adobe Stock/Gorodenkoff

Polizisten müssen auch für den Ernstfall trainieren. Der Kläger, ein saarländischer Polizeibeamter, nahm an einem Situationstraining dar, in welchem es darum ging, lebensbedrohliche Einsatzlagen zu bewältigen. Bei der Übung setzten er und seine Kollegen auch Knallkörper und Waffen mit Platzpatronen ein.
 

Ein Knalltrauma trat auf

Der Gehörschutz des Klägers verrutschte in dem Moment, als sich in seiner unmittelbaren Nähe ein starker Knall ereignete. Im Anschluss daran traten bei ihm eine Hörminderung, starke Störgeräusche und ein Druckgefühl im rechten Ohr auf. Sein behandelnder Arzt bestätigte diesen Befund. Er behandelte den Kläger, worauf hin sich erfreulicherweise eine deutliche Besserung des Befundes einstellte.
 
Der Kläger zeigte das Knalltrauma als Dienstunfall an. Der Dienstherr lehnte es jedoch ab, das Ereignis als Dienstunfall anzuerkennen. Er verwies darauf, der Polizeiarzt habe Jahre vorher beim Kläger schon einen viel schlechteren Hörbefund erhoben. Mithin habe der Kläger überhaupt keine Verschlechterung seines Gesundheitszustandes erfahren. Im Übrigen hätten sich die Beschwerden auch wieder gebessert. Die Körperschäden, die der Kläger geltend gemacht hätte, könnten deshalb auch nicht als Unfallfolge anerkannt werden.
 

Ein Körperschaden muss auftreten

Das sieht das Verwaltungsgericht anders. Werde ein Beamter durch einen Dienstunfall verletzt, müsse der Dienstherr ihm Unfallfürsorge gewähren. Ein Dienstunfall sei ein Ereignis,  

  • das plötzlich auftritt, während der Beamte seinen Dienst ausübt,
  • bei dem etwas von außen auf den Körper einwirkt und
  • das zu einem Körperschaden geführt hat.

 
Entgegen der Auffassung des Dienstherrn habe der Kläger einen Dienstunfall erlitten. Bei ihm sei nämlich durch das Knalltrauma sehr wohl ein Körperschaden entstanden. Sein Arzt habe eine Hörminderung und einen Tinnitus rechts diagnostiziert.
 

Bagatellverletzungen scheiden aus

Ein Körperschaden läge dann vor, wenn die körperliche bzw. seelische Integrität verletzt werde. Dies gelte unabhängig davon, wie schwer der*die Beamte*in durch den Schaden beeinträchtigt sei. Lediglich in Bagatellfällen - wie zum Beispiel der folgenlosen Verletzung eines Fingernagels - liege kein Körperschaden vor.
 
Diese Bagatellgrenze sei beim Kläger überschritten. Der behandelnde Arzt habe bescheinigt, dass das Knalltrauma zu einer Hörminderung und einem Tinnitus geführt habe. Dies ließe sich auch im Tonaudiogramm nachweisen.
 

Der Unfall muss keinen Dauerschaden hervorrufen

Dass sich der Befund nach der Behandlung gebessert habe, spiele keine Rolle. Ein Dienstunfall setze nämlich nicht voraus, dass der Unfall einen Dauerschaden hervorgerufen habe. Das Gericht müsse insofern unterscheiden zwischen der Frage, ob anlässlich eines Ereignisses ein Schaden aufgetreten und der weiteren Frage, ob dieser Schaden später folgenlos ausgeheilt sei.
 
Letzteres führe dazu, dass der Dienstherr beispielsweise Leistungen wie ein Heilverfahren oder sonstige Leistungen der Unfallfürsorge nicht mehr bezahlen müsse. Das habe aber nichts damit zu tun, ob der Unfall selbst zunächst zu einem Körperschaden geführt hatte. Nur darum gehe es in diesem Fall.
 

Das polizeiärztliche Gutachten entstand unter Störgeräuschen

Der polizeiärztliche Dienst habe beim Kläger Jahre vor dem Unfall im Vergleich zum Befund nach dem Unfall ein schlechteres Hörvermögen beim Kläger festgestellt. Dieser Vergleich ändere jedoch nichts am Ergebnis. Das Hörvermögen regeneriere sich nämlich im Laufe des Lebens nicht. Die schlechteren Befunde des Polizeiarztes aus früheren Jahren seien deshalb auch nicht verwertbar. Offensichtlich wären sie auch unter verfälschenden Bedingungen mit Störgeräuschen von außen entstanden.
 
Insgesamt sei damit beim Kläger ein Zusammenhang zwischen dem erlittenen Knalltrauma und dem Körperschaden in Form der Hörminderung und des Tinnitus anzunehmen. Der Dienstherr müsse das Ereignis mithin als Dienstunfall anerkennen - ein schöner Erfolg für den Kläger, der im Verfahren durch die Juristen*innen des DGB Rechtsschutzes aus Saarbrücken vertreten wurde.
 

Hier geht es zum Urteil

Das sagen wir dazu:

Wesentlich an dieser Entscheidung ist, dass das Gericht deutlich machte, dass zur Anerkennung eines Dienstunfalles zunächst einmal ein Körperschaden entstanden sein muss. Ohne Körperschaden wird kein Dienstunfall anerkannt. Dabei ist es völlig gleichgültig, wie lange dieser Körperschaden anhält, er muss nur erst einmal da sein.

Davon unabhängig ist es dann, ob der Körperschaden dauerhaft besteht. Nur solange dies der Fall ist, haben Beamte Anspruch auf Unfallfürsorge hierfür. Das gilt es bei der Argumentation im Unfallrecht zu wissen und zu berücksichtigen.