Gefahren können überall drohen. Copyright by weerapat1003/Fotolia
Gefahren können überall drohen. Copyright by weerapat1003/Fotolia

Vielfach wird ja die Meinung vertreten, Beamte könnten allenfalls dann einen lebensbedrohlichen Unfall erleiden, wenn sie etwa die Treppe herunterstürzen. Ansonsten wird der Beamtenberuf eher als wenig gefährlich angesehen. Diese Ansicht ist jedoch keineswegs richtig.
 
Im Gegensatz zur Gesamtbevölkerung ist es gerade Aufgabe der Beamten, für den allgemeinen Schutz der Bürger einzutreten, staatspolitisch wichtige Aufgaben wahr zu nehmen und vom Staat jede Gefahr fern zu halten. Dabei riskieren Beamte oft ihr Leben. Sicher ist das auch bei Polizisten nicht jeden Tag der Fall. Ebenso geraten auch Soldaten und Feuerwehrleute nicht täglich in lebensbedrohliche Situationen.
 
Daneben gibt es Bereiche, die an sich in der Tat normalerweise überhaupt nicht gefährlich sind. Hier können ein spezielles Risiko oder eine konkrete Gefahr durch eine Sondersituation entstehen.
 
Aber gerade, weil der Beruf des *der Beamten*in häufig mit dem Staat als solches in Verbindung gebracht wird, sehen sich Beamte auch außerhalb des Dienstes Angriffen ausgesetzt. Dabei geht es um Angriffe wegen der Eigenschaft als Beamter*in oder auf Grund eines pflichtgemäßen dienstlichen Verhaltens. Das gilt dann beispielsweise auch für Lehrer, Richter oder Gerichtsvollzieher.
 

Vergeltungsangriff setzt zielgerichtetes Verhalten des Täters voraus 

Im Oktober 2009 hatte das Bundesverwaltungsgericht bereits eine grundsätzliche Entscheidung zum Vergeltungsangriff getroffen. Damals sah sich ein Lehrer psychischen Angriffen eines früheren Schülers ausgesetzt. Dieser hatte zuvor schon an seiner ehemaligen Arbeitsstelle den Betriebsleiter und einen Vorarbeiter getötet. Auf der Suche nach seinem einstigen Lehrer im Schulgebäude kam es zu einem Schusswechsel mit Todesfolge. Der Täter zündete außerdem eine Handgranate. Zwar verübte er letztlich schließlich Suizid, ließ während seiner gesamten Taten jedoch ausdrücklich wissen, es gehe ihm darum, seinen früheren Lehrer zu finden und sich an ihm wegen seiner schlechten Noten und der Entlassung aus der Schule zu rächen.
 
Am selben Tag kam es zu einem weiteren Vorfall. Der Kläger des Verfahrens erhielt einen Drohbrief nach Hause. Dieser enthielt die Mitteilung, die Zeit laufe gegen ihn, er werde gejagt und geschlachtet. Der Betroffene musste sich sodann in ärztliche Behandlung begeben. Der behandelnde Arzt diagnostizierte ein posttraumatisches Belastungssyndrom.
 
Auf seinen Antrag hin lehnte der Dienstherr diese Erkrankung jedoch als Dienstunfallfolge ab. Er verwies darauf, der Kläger sei zuvor schon sehr ängstlich gewesen. Einen Zusammenhang seiner psychischen Verfassung mit dem Ereignis sei allenfalls vorübergehend anzunehmen. Das zweite Ereignis, nämlich die Zustellung des Drohbriefes, wurde im Laufe des Verfahren zwar als Unfall anerkannt. Es blieb jedoch dabei, dass der Dienstherr nur eine Verschlimmerung bereits vorhandener Beschwerden für einen kurzen Zeitraum annahm.
 

Körperschaden durch Angriff außerhalb des Dienstes

Das Beamtenversorgungsgesetz regelt die Anerkennung von Dienstunfällen bei Beamten. Danach ist ein Dienstunfall ein Ereignis, dass während der Verrichtung des Dienstes von außen auf den Körper einwirkt und zu einem Körperschaden führt. Der hier klagende Lehrer befand sich jedoch gar nicht im Dienst.
 
Der Kläger hatte sich auch nicht in den Dienst versetzt, sondern war am betreffenden Tag dienstunfähig erkrankt und befand sich zu Hause. Er suchte zwar den Tatort auf, weil er sehen wollte, was sich dort ereignet hatte, das war aber nicht dienstlich veranlasst.
 
In dem Urteil aus 2009 befasst sich das Bundesverwaltungsgericht nun  ausführlich mit den Voraussetzungen eines rechtswidrigen Angriff bzw. des sogenannten Vergeltungsangriffs auf einen Beamten.
 
Das Gesetz kennt nämlich durchaus den Dienstunfall außerhalb des Dienstes. Der dabei erlittene Körperschaden steht in gewissen Fällen einem Dienstunfall gleich, den ein*e Beamter*in im Dienst erleidet. Es muss sich dabei aber um ein Ereignis handeln, das gerade im Hinblick auf das pflichtgemäße dienstliche Verhalten des*der Beamten*in auftritt. In Betracht kommen hier auch Angriffe auf den*die Beamten*in gerade wegen dessen*deren Eigenschaft als Beamter*in.
 
Letzteres nenn man einen Vergeltungsangriff.
 

Zielgerichtetes erhalten des Täters erforderlich

Das Bundesverwaltungsgericht verweist darauf, dass der aufgetretene Körperschaden in einem solchen Fall einen qualifizierten Zusammenhang mit dem Angriff erfordere. Dies wiederum setze voraus, dass der Angriff selbst auf einem zielgerichteten Verhalten des Täters beruhen müsse.
 
Der Täter müsse sich mit seinem Verhalten gegen den*die Beamten*in richten wollen und zwar gerade wegen seiner*ihrer Eigenschaft als Beamter*in oder im Hinblick auf dessen*deren pflichtgemäßes Verhalten. Bloß zufällige Angriffe oder bloße Sachschäden seien dabei nicht erfasst.
 
Es müsse sich um einen personenbezogenen und gerade durch die Beamteneigenschaft bzw. dienstliche Tätigkeit motivierten Angriff handelt. Nur dann könne es Ansprüche aus der Dienstunfallversicherung geben.
 
Schließlich müsse auch eine objektive Gefährdungslage vorliegen. Das setze eine reale Gefährdung voraus, die nicht nur auf der subjektiven Vorstellung des*der Betroffenen basiere.
 

Risikoverteilung bei Vergeltungsangriffen

Grundsätzlich sehe das Dienstunfallrecht die Gewährung von Unfallausgleich für Ereignisse außerhalb des Dienstes nicht vor  - so das Bundesverwaltungsgericht. Es wolle die Beamten jedoch von solchen Risiken entlasten, die mit dem Dienst zusammenhingen, jedoch außerhalb des Dienstes aufträten. Das Risiko bei solchen Vergeltungsangriffen trage dann der Dienstherr.
 
Die Voraussetzungen eines Vergeltungsangriffs erfülle jedoch nicht jedes zielgerichtete Verhalten gegen Beamte. Ganz wesentlich sei dabei die objektive Gefährdung. Der Dienstherr könne nämlich erwarten, dass seine Beamten erkennen, wenn eine gegen sie gerichtete Handlung eindeutig nicht zu einer Verletzung führen sollte. Beamte müssten darüber hinaus auch erkennen, wenn eine Handlung überhaupt keinen Körperschaden verursachen könne. Auch verbale Angriffe könnten nur in Ausnahmesituationen einen Vergeltungsangriff darstellen.
 
Der*die Beamte müsse sich in Reichweite des Täters befinden, nur dann sei eine objektive Gefährdungslage gegeben. Im Detail hänge das aber von den Umständen des Einzelfalles ab.
 
Klar sei jedoch, dass die objektive Gefährdungslage nicht davon abhänge, dass der Täter körperlich „gegenwärtig“ sei. Auch bedürfe es beim Beamten keiner Notwehrsituation.
 

Zielgerichtetes Handeln auf körperliche Unversehrtheit des Klägers

Im vorliegenden Fall bestätigte das Bundesverwaltungsgericht einen Vergeltungsangriff auf den Kläger.  Es sah es als erwiesen an, dass der Kläger einer auf ihn gerichteten Angriffshandlung ausgesetzt war. Zielgerichtet könne dabei auch eine Handlung sein, die sich allgemein gegen die körperliche Unversehrtheit eines Beamten richte. Der Kläger sei durch das Verhalten des Täters real in Lebensgefahr geraten. Die psychische Erkrankung, die der Kläger dadurch erlitten habe sei ein Körperschaden im Sinne des Gesetzes. Dafür trete auch die Unfallfürsorge des Dienstherrn ein.
 
Ob allerdings eine eventuelle Vorerkrankung des Klägers die insgesamt bestehende psychische Beeinträchtigung wesentlich mit geprägt hatte, konnte das Bundesverwaltungsgericht nicht entscheiden. Dazu fehlten die erforderlichen Tatsachenfeststellungen. Diese hatte das Oberverwaltungsgericht noch nachträglich zu ermitteln, so dass das Verfahren zur weiteren Bearbeitung und abschließenden Entscheidung nach dort zurückverwiesen wurde.
 
Hier geht es zum Urteil

Das sagen wir dazu:

Rechtswidrige Angriffe auf Beamte bzw. Vergeltungsangriffe stellen regelmäßig auch qualifizierte Dienstunfälle dar. Dafür gibt es besondere Leistungen der Unfallfürsorge vor allem auch im Bereich der Versorgungsbezüge und der Hinterbliebenenversorgung.

Dazu weiterführende Links:
Wie schützt der Staat seine Beamten*innen bei Unfällen?
Unfallruhegehalt auch bei psychischer Erkrankung nach Schocksituation möglich

Rechtliche Grundlagen

§§ 31,37 BeamtVG

https://www.gesetze-im-internet.de/beamtvg/__31.html

https://www.gesetze-im-internet.de/beamtvg/__37.html