Beurteilungen müssen begründet werden. Copyright by amnaj/Fotolia
Beurteilungen müssen begründet werden. Copyright by amnaj/Fotolia

Seit die Deutsche Telekom AG im Jahr 2011 das Beurteilungssystem COMPASS eingeführt hat, gibt es Streit um die dienstliche Beurteilung von Beamten*innen. Beurteilungen sind Grundlage von Beförderungsentscheidungen und daher vielfach heftig umkämpft.
 
Zwar änderte die Deutsche Telekom AG  in den letzten Jahren ihr Beurteilungssystems, nachdem Gerichte entsprechend entschieden hatten. Einer nun veröffentlichten Entscheidung des Verwaltungsgerichts (VG) Koblenz lässt sich jedoch entnehmen, dass die Streitigkeiten um das Beurteilungssystem bei der Deutschen Telekom nach wie vor kein Ende gefunden haben dürften.
 

Überführung vom fünf- in das sechsstufige Notensystem weiterhin problematisch

Das Beurteilungswesen der Deutschen Telekom sieht vor, dass der*die unmittelbare Vorgesetzte eines*einer Beamten*in eine Bewertung vorgegebener Kriterien vornimmt. Insgesamt gibt es dabei fünf Notenstufen.
 
In einem zweiten Schritt überführen die Beurteiler diese Bewertungen in ein sechsstufiges Notensystem. Dabei kommt es auch zu Vergleichen zwischen Beamten*innen des gleichen Statusamtes. Diese Vergleiche müssen an einem bestimmten Maßstab orientiert sein, der auf alle Betroffenen gleichermaßen anwendbar ist. Schließlich muss auch für den*die Beamten*in deutlich erkennbar sein, warum welche Bewertung abgegeben worden ist.
 
In vielen Entscheidungen stellten inzwischen unterschiedliche Verwaltungsgerichte bis hin zum Bundesverwaltungsgericht fest, dass die Beurteilungen bei der Deutschen Telekom AG jahrelang rechtswidrig gewesen sind. Es bleibt damit weiterhin problematisch,  die Beurteilungen vom fünf- in das sechsstufige Notensystem zu überführen.
 
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Dienstliche Beurteilungen der Deutschen Telekom AG teilweise rechtswidrig!
 

Fehlt der allgemeine Maßstab, ist eine zusätzliche Begründung erforderlich

Beamte sind nach Eignung, Leistung und Befähigung zu befördern. Das gibt das Grundgesetz so vor. Grundlage von Beförderungen sind immer dienstliche Beurteilungen. Kommt es dabei zu Streitigkeiten können Beamte*innen im Wege des Eilrechtsschutzes beim VG erreichen, dass das Gericht die Besetzung einer Beförderungsstelle vorläufig stoppt. Das Verfahren um eine dienstliche Beurteilung kann der*die Beamte*in damit dann erst einmal gründlich führen.
 
In einem solchen Eilverfahren beim VG Koblenz kam es nun zur Prüfung des Maßstabes, den die Telekom bei ihren Beurteilungen anwendet.
 
Der Leistungsvergleich der Bewerber um ein Beförderungsamt erfordere Beurteilungen, die aussagekräftig sein müssten, so das VG. Sie sollten dabei zunächst einmal aktuell sein. Sie müssten aber auch hinreichend differenziert sein und auf einem gleichen Beurteilungsmaßstab beruhen.
 

Allgemeiner Wertmaßstab fehlt

Allgemeine Wertmaßstäbe seien dabei anerkannt, wenn sie verbindlich vorgegeben seien. Im Gegensatz dazu stünden jedoch die individuellen Bewertungsstandards der jeweiligen Beurteiler. Diese dürften sich an solchen individuellen Bewertungsstandards ausrichten, sofern keine vorrangigen allgemeinen Bewertungsstandards existierten.
 
Das Beurteilungssystem der Telekom sehe jedoch für die Einzelbewertung und das Gesamturteil unterschiedliche Bewertungsskalen vor. Aus dem Beurteilungssystem ergebe sich nicht ausreichend klar ein allgemeingültiger Maßstab. Damit ließen sich auch die Einzelbewertungen nicht generalisierend in bestimmter Weise auf konkrete Gesamturteile übertragen.
 
Das führe dazu, dass in jedem Falle der Übertragungsvorgang vom fünf- in das sechsstufige Notensystem im Gesamturteil der Beurteilung individuell begründet werden müsse.
 
Eine entsprechende individuelle Begründung fehle hier. Aus diesem Grund hielt das VG die Beurteilung im dortigen Eilverfahren für rechtswidrig.
 

Höherwertige Tätigkeit erfordert zusätzliche Begründung

Das VG äußert sich ergänzend auch zur höherwertigen Tätigkeit. Da die Beamten der Telekom zwischenzeitlich häufig in privatwirtschaftlichen Arbeitsverhältnissen tätig sind, haben sie dort auch am beruflichen Aufstieg teilgenommen. Die Beförderung im Beamtenverhältnis ist demgegenüber unterblieben. Das führt dann vielfach dazu, dass in der Praxis Tätigkeiten ausgeübt werden, die höherwertig als das Statusamt des*der Beamten*in sind.
 
Seien Beamte höherwertig eingesetzt, bedürfe es aber einer besonderen Begründung des Gesamturteils einer dienstlichen Beurteilung, so das VG. Es müsse dabei konkret dargelegt werden, in wie weit die Höherwertigkeit tatsächlich berücksichtigt sei.
 
Eine never ending story, wie es scheint. Es bleibt nun abzuwarten, wie sich der Streit um die Beurteilungen und Beförderungen der Deutschen Telekom AG nun fortsetzt.

Hier geht es zum Urteil

Das sagen wir dazu:

Seit 2011 kämpfen die Telekom-Beamte*innen um ihr berufliches Fortkommen. Sie erringen immer wieder Erfolge in gerichtlichen Verfahren. Das nutzt aber oft nicht viel. Wenn nämlich Beurteilungen zu wiederholen sind, muss man wissen, dass Gerichte diese Beurteilungen niemals selbst erstellen können. Sie dürfen dem Dienstherrn immer nur aufgeben, unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden.

Muss in diesen Fällen der Rechtsweg beschritten werden, kann das dauern. Über die Beförderung wird dann oft jahrelang nicht abschließend entschieden. Da kann es auch schon mal sein, dass zwischenzeitlich die nächste negative Beförderungsentscheidung vorliegt und sich da derselbe Rechtsstreit anschließt.

Praktiker haben die Erfahrung gemacht, dass dann irgendwann die Zurruhesetzung kommt und man nur noch über Schadenersatzansprüche streitet, denn rückwirkende Beförderungen kennt das Gesetz nicht.

Zugegebenermaßen sind Beförderungsgeschehen bei Telekom, Bahn und anderen privatisierten Unternehmend es Bundes oft ein Massegeschäft. Da muss es zweifelsfrei auch generalisierte Formulierungen in Beurteilungen geben. Fakt ist jedoch, dass das Grundgesetz das Leistungsprinzip bei Beförderungen ganz in den Vordergrund stellt und daran wird sich ein solches Unternehmen orientieren müssen, wenn das auch in der Praxis schwierig scheint.