Es fühlt sich an wie ein kalter Regenguss, wenn der Dienstherr für ein paar Jahre plötzlich mehrere Tausend Euro zurückfordert. Copyright by Adobe Stock/tomfallen
Es fühlt sich an wie ein kalter Regenguss, wenn der Dienstherr für ein paar Jahre plötzlich mehrere Tausend Euro zurückfordert. Copyright by Adobe Stock/tomfallen

Die Ehe eines Polizeihauptkommissars wurde bereits vor 15 Jahren geschieden. Er schloss damals einen Vergleich, womit er sich verpflichtete, seiner früheren Ehefrau Unterhalt zu zahlen. Der Beamte erhielt den Familienzuschlag deshalb zunächst weiter. Der Dienstherr wies ihn aber ausdrücklich darauf hin, dies geschehe unter der Voraussetzung, dass er geschieden und gegenüber der früheren Ehegattin zum Unterhalt verpflichtet sei.
 

Die Unterhaltspflicht des Beamten endete ein paar Jahre später

Mehrere Jahre später soll es ein Urteil gegeben haben, das die Unterhaltszahlung an die geschiedene Ehefrau aufhob. Das teilte der Polizeibeamte seinen Dienstherrn jedenfalls telefonisch mit. Der Dienstherr forderte seinen Beamten auf, dieses Urteil vorzulegen. Dazu kam es jedoch nicht. Der Dienstherr ging des Sache anschließend aber nicht mehr weiter nach. Er beließ es bei dem Telefonat.
 
Statt dessen stellte sich später heraus, dass es ein Urteil gar nicht gab. Die beiden geschiedenen Eheleute hatten vielmehr einen weiteren Vergleich geschlossen, wonach die Unterhaltspflicht des Beamten endete. Diese Information erreichte den Dienstherrn erst Jahre später.
 

Der Dienstherr zahlte weiter

Der Beamte erhielt fast zehn weitere Jahre lang den Familienzuschlag. Dem Dienstherrn war das trotz der telefonischen Mitteilung des Beamten zunächst nicht bewusst. Später, als die Überzahlung auffiel, erhielt der Beamte den Hinweis, er habe einen Betrag in Höhe von 11.500 € zu viel erhalten. Davon sollte er schließlich etwas mehr als 3000 € zurückzahlen.
 
Der Dienstherr hatte die Gesamtforderung reduziert, weil ein Teil davon schon verjährt war. Schließlich spielte auch die Tatsache eine Rolle, dass das Verschulden für die Höhe der Überzahlung nicht allein beim Beamten lag; denn er hatte auf den Wegfall der Unterhaltspflicht Jahre zuvor hingewiesen.
 

Der Beamte sah sich nicht zur Rückzahlung verpflichtet

Der Betroffene meinte, er müsse das Geld nicht zurück zahlen. Er erhob Klage beim Verwaltungsgericht und verwies darauf, er selbst habe nicht erkennen können oder erkennen müssen, dass er zu viel Geld erhalten habe. Das Verwaltungsgericht sah das anders.
 
Der Kläger habe den Familienzuschlag nämlich ohne rechtlichen Grund erhalten, weil keine Pflicht zum Unterhalt der Ex-Gattin mehr bestand. Der Dienstherr habe die Verjährungsregeln beachtet und auch angemessen berücksichtigt, dass der Kläger an der Überzahlung nicht allein schuld gewesen sei. Im Rahmen einer Billigkeitsentscheidung habe er den zu viel gezahlten Betrag weiter reduziert. Mehr könne der Kläger nicht beanspruchen.
 

Der Beamte haftete verschärft

Der Kläger könne sich auch nicht darauf berufen, dass er über das Geld nicht mehr verfüge, sondern es ausgegeben habe. Zwar habe er einen monatlichen Betrag von weniger als jeweils einem Zehntel seiner Dienstbezüge erhalten. In diese Fällen müsse der Dienstherr grundsätzlich davon ausgehen, dass der Beamte das Geld im Rahmen der allgemeinen Lebensführung ausgegeben habe.
 
Hiervon sehe das Gesetz jedoch Ausnahmen vor. Im Fall des Klägers müsse das Gericht von einer verschärften Haftung ausgehen. Diese bestehe, wenn der Empfänger erkenne, dass es keinen rechtlichen Grund für die Zahlung gebe. Das gelte auch, wenn der Beamte das zwar nicht erkannt habe, ihm die Überzahlung aber grob fahrlässig nicht auffiel. Eine grobe Fahrlässigkeit sei gegeben, wenn es offensichtlich gewesen sei, dass es keinen Grund für die Zahlung gegeben habe.
 

Beamte müssen ihre Mitteilungen über Bezüge prüfen

Der Kläger habe sich grob fahrlässig verhalten. Er habe nämlich seine Mitteilungen über Bezüge nicht ausreichend geprüft. Dazu sei er aber verpflichtet. Es gehöre zu den Sorgfaltspflichten eines*er Beamt*in im Rahmen der Treuepflicht, die Mitteilungen über Bezüge bei Änderungen im dienstlichen oder persönlichen Bereich auf ihre Richtigkeit hin zu überprüfen. Beamte müssten dabei auch auf Überzahlungen achten. Zahle der Dienstherr ohne erkennbaren Grund höhere Leistungen, dürfe sich der Beamte nicht ohne Weiteres auf die Rechtmäßigkeit der Zahlung verlassen.
 
Dies gelte insbesondere, wenn der Betroffene ohne Weiteres erkennen könne, dass ein Rechtsgrund fehlt. Das sei der Fall, wenn ihm aufgrund seiner individuellen Kenntnisse auffallen müsse, dass die ausgewiesenen Beträge nicht stimmen könnten. Es müsse sich aufdrängen, dass die Mitteilungen über Bezüge fehlerhaft seien. Zweifel genügten nicht.
 

Spezielle Kenntnisse im Besoldungsrecht darf der Dienstherr nicht verlangen

Beamt*innen müssten die Grundprinzipien des Beamtenrechts kennen. Das umfasse das eigene statusrechtliche Amt sowie ihre besoldungsrechtliche Einstufung auch hinsichtlich des Familienzuschlags. Spezielle Kenntnisse im Besoldungsrecht dürfe der Dienstherr allerdings nur von juristisch vorgebildeten oder mit Besoldungsfragen befassten Beamten erwarten.
 
Der Kläger sei im Rahmen seines Dienstes mit besoldungsrechtlichen Fragen nicht befasst. Die Kenntnis von der Existenz eines Familienzuschlages, der auf die familiären Verhältnisse bezogen sei, stelle jedoch besoldungsrechtliches Grundwissen dar. Der Kläger habe deshalb wissen müssen, dass ihm der Familienzuschlag nach der Scheidung nur so lange zustehe, wie er zum Unterhalt gegenüber seiner geschiedenen Ehefrau verpflichtet war.
 

Dem Kläger wusste, dass der Familienzuschlag an seine Unterhaltspflicht geknüpft war

Das habe ihm sein Dienstherr auch Jahre zuvor schon schriftlich mitgeteilt. Damit müsse dem Kläger klar gewesen sein, dass dieser Zuschlag als „Ehegattenbestandteil“ nur im Hinblick auf seine frühere Ehefrau geleistet wurde. Er habe auch wissen müssen, dass diese Zahlung nichts mit etwaigen Unterhaltszahlungen an seine Kinder zu tun hatte.
 
Der Kläger habe seit nahezu zehn Jahren keinen Unterhalt mehr an die Ex-Gattin gezahlt. Es hätte ihm auffallen müssen, dass seine Mitteilungen über Bezüge des gesamten Zeitraums fehlerhaft gewesen seien. Das hätte sich ihm sogar aufdrängen müssen, denn der Familienzuschlag der Stufe 1 stehe ihm als geschiedenem Beamten ohne Unterhaltsverpflichtung nicht zu.
 

Persönliche Fehleinschätzungen muss der Beamte sich vorwerfen lassen

Dass er sich persönlich geirrt habe, weil er tatsächlich noch Unterhalt an die Kinder gezahlt habe, spiele keine Rolle. Diese Fehleinschätzung müsse er sich vorwerfen lassen. Hätte er seine Bezüge sorgfältig geprüft, hätte er sich nicht geirrt.
 
Das Gericht beanstandete auch nicht, in welcher Höhe der Dienstherr aufgrund eigenen Mitverschuldens den Rückforderungsbetrag reduziert hat. Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung sei ein Betrag in Höhe von 30 % der Gesamtforderung angemessen.

Hier geht es zum Urteil

Das sagen wir dazu:

Zum Thema „Rückforderung von Dienstbezügen“ haben wir schon mehrfach geschrieben. Dazu können Sie lesen:
Unkenntnis schützt vor Rückforderung nicht!

Bezügemitteilungen gründlich prüfen