Hochgerechnete Renten können auch Nachteile haben. Copyright by Adobe Stock/Chris
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Auf Verlangen eines Rentenantragstellers müssen Arbeitgeber der Rentenversicherung die beitragspflichtigen Einnahmen für abgelaufene Zeiträume frühestens drei Monate vor Rentenbeginn gesondert melden. Erfolgt eine solche Meldung, errechnet die Rentenversicherung für den verbleibenden Beschäftigungszeitraum bis zum Beginn einer Altersrente die voraussichtlichen Einnahmen.

 

 

Die Rentenversicherung ermittelt die Entgeltpunkte aus der Meldung des Arbeitgebers

Hat die Rentenversicherung die Rente auf diese Weise berechnet, ermittelt sie hieraus die Entgeltpunkte für die Altersrente. Der Versicherte kann beantragen, seine Altersrente auf der Basis dieser Berechnung zu erhalten. Das hat den Vorteil, dass die Rente dann gleich mit Rentenbeginn gezahlt werden kann.
 
Andernfalls muss die Rentenversicherung am Ende des Arbeitsverhältnisses erst noch die tatsächlichen Verdienste ermitteln. Sie kann auch dann erst die Altersrente vollständig ausrechnen, wobei sich die erste Zahlung der Rente in diesem Fall regelmäßig verzögert.
 

Spätere festgestellte Verdienste bleiben außer Betracht

Stellt sich jedoch später heraus, dass der Rentner mehr verdient hat, wird das nicht mehr berücksichtigt. So sagt es das Gesetz.
 
In einem Verfahren vor dem Sozialgericht für das Saarland ging es um die Frage, ob diese gesetzliche Vorgabe tatsächlich uneingeschränkt gilt.  Die Rentenversicherung informierte ihren Versicherten ausdrücklich darüber, dass sich die Rente auf der Basis der Hochrechnung später nicht mehr ändern würde, auch wenn die tatsächliche Beitragszahlung höher ausfiele.
 

Die tatsächlichen Beiträge waren höher als gedacht

Es kam wie befürchtet. Der Kläger erhielt die gewünschte Altersrente. Der Arbeitgeber hatte dazu seinen Verdienst an die Rentenversicherung gemeldet. Später stellte sich jedoch heraus, dass diese Meldung nicht korrekt war. Eigentlich hätten höhere Beiträge berücksichtigt werden müssen.
 
Die Rentenversicherung ließ sich dadurch jedoch nicht umstimmen. Es möge zwar sein, dass die Hochrechnung Urlaubs- und auch das Weihnachtsgeld nicht berücksichtige. Der Arbeitgeber habe aber mit den Entgelten genau diese Beträge nicht gemeldet. Dabei bleibe es. Das Gesetz sei in diesem Zusammenhang eindeutig.
 

Die Rentenversicherung legt vorläufige Verdienste zu Grunde

Diese Rechtsansicht bestätigte das Sozialgericht. Das Gesetz schreibe vor, dass für Beitragszeiten Entgeltpunkte ermittelt würden. Die Rentenversicherung berechne die voraussichtlichen Einnahmen nach den Einnahmen, die der Arbeitgeber in den letzten zwölf Kalendermonaten zuvor gemeldet habe.
 
Die Entgeltpunkte ermittele sie dann so, als wäre das das tatsächliche Einkommen gewesen. Habe der Rentner in den letzten Monaten mehr verdient, hätte er Pech gehabt. Es bleibe bei der Rente, die die DRV nach den voraussichtlichen Einnahmen berechnet habe.  
 

Der Kläger war umfassend informiert

Die Meldung der beitragspflichtigen Einnahmen durch den Arbeitgeber dürfe sich dabei nur auf einen Zeitraum beziehen, der frühestens drei Kalendermonate vor dem Rentenbeginn ende. Das setze voraus, dass der Antragsteller zu diesem Zeitpunkt bereits über den möglichen Rentenbeginn umfassende Informationen erhalten habe. Der Antragsteller könne daraufhin im Rentenantrag auch auf die Hochrechnung seiner beitragspflichtigen Einnahmen durchaus verzichten.
 
Der Kläger habe sich in seinem Rentenantrag ausdrücklich festgelegt. Er sei mit der Hochrechnung einverstanden gewesen. Deshalb durfte die Rentenversicherung dieses Verfahren auch anwenden.  Hiervon gebe es zwar Ausnahmen, diese lägen hier jedoch nicht vor.
 

Es gibt durchaus Ausnahmen

Dies sei etwa dann möglich, wenn die Beschäftigung tatsächlich zu einem früheren Zeitpunkt aufgegeben werde oder die Krankenkasse Krankengeld gezahlt habe. Gleiches gelte für den Fall, dass nicht die gemeldeten Beträge der letzten zwölf Monate für die Durchschnittsberechnung herangezogen worden seien.
 
Keiner dieser Fälle läge Kläger vor. Bereits 2011 habe das Bundessozialgericht entschieden, dass der Arbeitgeber nicht mehr in jedem Einzelfall prüfen und bescheinigen müsse, ob vorausgesehen werden könne, welches beitragspflichtige Entgelt noch erzielt würde. Der Arbeitgeber könne sich auf die automatisierte Meldung bereits gezahlter Entgelte beschränken.
 

Der Wortlaut des Gesetzes gilt

Der Wortlaut des Gesetzes sei eindeutig und unmissverständlich. Danach verbliebe es bei dem Grundsatz, dass hochgerechnete Altersrenten im Nachhinein nicht neu berechnet würden.
Einen solchen Anspruch könne der Kläger nur dann geltend machen, wenn er über die Folgen der Hochrechnung falsch aufgeklärt worden sei. Auch das habe das Bundessozialgericht bereits so entschieden.
 
Die Rentenversicherung habe den Kläger jedoch nicht falsch beraten und ihm auch keine falsche Auskunft erteilt. Der Kläger habe genau gewusst, was auf ihn zukomme. Er habe eindeutig erkennen können, dass die tatsächlichen Einnahmen nachträglich nicht mehr berücksichtigt werden könnten und damit auch kein weiteres beitragspflichtiges Einkommen aus dem später gezahlten Urlaubsgeld sowie dem Weihnachtsgeld.
 
Das Gericht wies die Klage deshalb ab.

Hier geht es zum Urteil

Rechtliche Grundlagen

§ 70 SGB VI; § 194 SGB VI

§ 70 Entgeltpunkte für Beitragszeiten
(1) Für Beitragszeiten werden Entgeltpunkte ermittelt, indem die Beitragsbemessungsgrundlage durch das Durchschnittsentgelt (Anlage 1) für dasselbe Kalenderjahr geteilt wird. Für das Kalenderjahr des Rentenbeginns und für das davor liegende Kalenderjahr wird als Durchschnittsentgelt der Betrag zugrunde gelegt, der für diese Kalenderjahre vorläufig bestimmt ist.
(1a) Abweichend von Absatz 1 Satz 1 werden Entgeltpunkte für Beitragszeiten aus einer Beschäftigung im Übergangsbereich (§ 20 Absatz 2 des Vierten Buches) ab dem 1. Juli 2019 aus dem Arbeitsentgelt ermittelt.
(2) Kindererziehungszeiten erhalten für jeden Kalendermonat 0,0833 Entgeltpunkte (Entgeltpunkte für Kindererziehungszeiten). Entgeltpunkte für Kindererziehungszeiten sind auch Entgeltpunkte, die für Kindererziehungszeiten mit sonstigen Beitragszeiten ermittelt werden, indem die Entgeltpunkte für sonstige Beitragszeiten um 0,0833 erhöht werden, höchstens um die Entgeltpunkte bis zum Erreichen der jeweiligen Höchstwerte nach Anlage 2b.
(3) Aus der Zahlung von Beiträgen für Arbeitsentgelt aus nach § 23b Abs. 2 Satz 1 bis 4 des Vierten Buches aufgelösten Wertguthaben werden zusätzliche Entgeltpunkte ermittelt, indem dieses Arbeitsentgelt durch das vorläufige Durchschnittsentgelt (Anlage 1) für das Kalenderjahr geteilt wird, dem das Arbeitsentgelt zugeordnet ist. Die so ermittelten Entgeltpunkte gelten als Entgeltpunkte für Zeiten mit vollwertigen Pflichtbeiträgen nach dem 31. Dezember 1991.
(3a) Sind mindestens 25 Jahre mit rentenrechtlichen Zeiten vorhanden, werden für nach dem Jahr 1991 liegende Kalendermonate mit Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung oder mit Zeiten der nicht erwerbsmäßigen Pflege eines pflegebedürftigen Kindes bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres Entgeltpunkte zusätzlich ermittelt oder gutgeschrieben. Diese betragen für jeden Kalendermonat

a)
mit Pflichtbeiträgen die Hälfte der hierfür ermittelten Entgeltpunkte, höchstens 0,0278 an zusätzlichen Entgeltpunkten,
b)
in dem für den Versicherten Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung oder Zeiten der Pflege eines pflegebedürftigen Kindes für ein Kind mit entsprechenden Zeiten für ein anderes Kind zusammentreffen, 0,0278 an gutgeschriebenen Entgeltpunkten, abzüglich des Wertes der zusätzlichen Entgeltpunkte nach Buchstabe a.

Die Summe der zusätzlich ermittelten und gutgeschriebenen Entgeltpunkte ist zusammen mit den für Beitragszeiten und Kindererziehungszeiten ermittelten Entgeltpunkten auf einen Wert von höchstens 0,0833 Entgeltpunkte begrenzt.
(4) Ist für eine Rente wegen Alters die voraussichtliche beitragspflichtige Einnahme für den verbleibenden Zeitraum bis zum Beginn der Rente wegen Alters vom Rentenversicherungsträger errechnet worden (§ 194 Absatz 1 Satz 6, Abs. 2 Satz 2), sind für diese Rente Entgeltpunkte daraus wie aus der Beitragsbemessungsgrundlage zu ermitteln. Weicht die tatsächlich erzielte beitragspflichtige Einnahme von der durch den Rentenversicherungsträger errechneten voraussichtlichen beitragspflichtigen Einnahme ab, bleibt sie für diese Rente außer Betracht. Bei einer Beschäftigung im Übergangsbereich (§ 20 Absatz 2 des Vierten Buches) ab dem 1. Juli 2019 treten an die Stelle der voraussichtlichen beitragspflichtigen Einnahme nach Satz 1 das voraussichtliche Arbeitsentgelt und an die Stelle der tatsächlich erzielten beitragspflichtigen Einnahme nach Satz 2 das tatsächlich erzielte Arbeitsentgelt.
(5) Für Zeiten, für die Beiträge aufgrund der Vorschriften des Vierten Kapitels über die Nachzahlung gezahlt worden sind, werden Entgeltpunkte ermittelt, indem die Beitragsbemessungsgrundlage durch das Durchschnittsentgelt des Jahres geteilt wird, in dem die Beiträge gezahlt worden sind.


§ 194 Gesonderte Meldung und Hochrechnung
(1) Arbeitgeber haben auf Verlangen des Rentenantragstellers die beitragspflichtigen Einnahmen und bei einer Beschäftigung im Übergangsbereich (§ 20 Absatz 2 des Vierten Buches) ab dem 1. Juli 2019 zusätzlich das Arbeitsentgelt ohne Anwendung des § 163 Absatz 10 für abgelaufene Zeiträume frühestens drei Monate vor Rentenbeginn gesondert zu melden. Dies gilt entsprechend bei einem Auskunftsersuchen des Familiengerichts im Versorgungsausgleichsverfahren. Die Aufforderung zur Meldung nach Satz 1 erfolgt elektronisch durch den Träger der Rentenversicherung. Satz 3 gilt nicht für Einzelfälle, in denen ein elektronisches Meldeverfahren nicht wirtschaftlich durchzuführen ist. Die Ausnahmen bestimmt die Deutsche Rentenversicherung Bund in Grundsätzen; diese bedürfen der Genehmigung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales. Erfolgt eine Meldung nach Satz 1, errechnet der Rentenversicherungsträger bei Anträgen auf Altersrente die voraussichtlichen für die Rentenberechnung maßgeblichen Einnahmen für den verbleibenden Beschäftigungszeitraum bis zum Rentenbeginn für bis zu drei Monate nach den in den letzten zwölf Kalendermonaten gemeldeten beitragspflichtigen Einnahmen und bei Beschäftigungen im Übergangsbereich (§ 20 Absatz 2 des Vierten Buches) den gemeldeten Arbeitsentgelten ohne Anwendung des § 163 Absatz 10. Die weitere Meldepflicht nach § 28a des Vierten Buches bleibt unberührt.
(2) Eine gesonderte Meldung nach Absatz 1 Satz 1 haben auch die Leistungsträger über die beitragspflichtigen Einnahmen von Beziehern von Sozialleistungen und die Pflegekassen sowie die privaten Versicherungsunternehmen über die beitragspflichtigen Einnahmen nicht erwerbsmäßig tätiger Pflegepersonen zu erstatten. Absatz 1 Satz 6 gilt entsprechend. Die Meldepflicht nach § 191 Satz 1 Nr. 2 und nach § 44 Abs. 3 des Elften Buches bleibt unberührt.
(3) Die Beitragsberechnung erfolgt nach der tatsächlichen beitragspflichtigen Einnahme.