Stirbt ein Jagdhelfer, während er ein angeschossenes Reh verfolgt, stehen seiner Witwe Leistungen der Unfallversicherung zu.
Stirbt ein Jagdhelfer, während er ein angeschossenes Reh verfolgt, stehen seiner Witwe Leistungen der Unfallversicherung zu.

Fordert ein Jagdaufseher einen Jagdhelfer für eine Nachsuche an, ist dieser Jagdhelfer „wie ein Beschäftigter“ gesetzlich unfallversichert. Das entschied das Hessische Landessozialgericht (LSG).

Jagdhelfer verunglückt tödlich

Ein Jäger hatte ein Reh angeschossen. Es flüchtete daraufhin in den Wald. Als der zuständige Jagdaufseher hiervon erfuhr, bat er seinen Bruder, gemeinsam mit einem hierfür ausgebildeten Jagdhund bei der Suche nach dem Reh zu helfen.

Bei der Suche stürzte der Helfer eine Böschung hinab, brach sich das Genick und verstarb. Seine Witwe forderte daraufhin eine Entschädigung von der Berufsgenossenschaft. Diese lehnte jedoch eine Zahlung ab.

Es habe sich nicht um einen versicherten Arbeitsunfall gehandelt. Denn der Verunglückte sei nicht arbeitnehmerähnlich tätig geworden, sondern habe vielmehr freiwillig im Rahmen der familiären Beziehung seinen Bruder unterstützt.

Jagdhelfer bei Nachsuche gesetzlich unfallversichert

Dem widersprachen die Richter*innen des Hessischen LSG und gaben der Witwe Recht. Ihr verstorbener Mann sei wie ein Beschäftigter tätig geworden. Als Witwe stehe ihr daher eine Entschädigung zu.

Der gesetzliche Unfallversicherungsschutz erstrecke sich zunächst auf die Jagdrechtsinhaber, die Jagdgenossen sowie die Jagdpächter. Er erstrecke sich jedoch auch auf deren Hilfspersonen.

Der Verstorbene sei mit der Nachsuche, also der Suche nach fliehendem angeschossenem Wild, einer ernstlichen Tätigkeit von wirtschaftlichem Wert nachgegangen. Beschäftigungen dieser Art verrichten sonst abhängig Beschäftigte. Daher genieße er wie ein Beschäftigter Unfallversicherungsschutz.

Die Teilnahme an einer solchen Nachsuche stelle zudem aufgrund der Dauer und Gefährlichkeit grundsätzlich keinen selbstverständlichen Hilfsdienst unter Verwandten dar, der zum Ausschluss vom Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung führe.
Urteil des Landessozialgerichts Hessen vom 21. März 2017 - AZ L 9 U 144/16 hier im Volltext

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Es mag erstaunen, dass auch ehrenamtliche Jagdhelfer unter den gesetzlichen Unfallversicherungsschutz fallen, der doch in der Regel nur für Beschäftigte eingreift. Das Gesetz kennt aber eine Reihe Erweiterungen, die oft nicht geläufig sind.

Dazu gehören nicht nur ehrenamtlich Tätige in Landwirtschaft, Forst und Jagd, sondern auch Menschen, die in der Gesundheits- und Wohlfahrtspflege ehrenamtlich tätig sind, oder die bei Rettungseinsätzen helfen.

Gemeinsam ist diesen Tätigkeiten, dass sie von den Ehrenamtlichen eine gewissen Nachhaltigkeit und Ernsthaftigkeit verlangen. Und wie „normale“ Beschäftigte sind die Helfer den Gefahren ausgesetzt, die diese Tätigkeiten mit sich bringen. Diese können - wie der vorliegende Fall zeigt - durchaus erheblich sein.

Wer sich also bei einer solchen oder einer vergleichbaren Tätigkeit verletzt, sollte daran denken, dass ihm gegebenenfalls Ansprüche gegen die Unfallversicherung zustehen.

Rechtliche Grundlagen

§ 2 SGB VII

Versicherung kraft Gesetzes
(1) Kraft Gesetzes sind versichert
1. Beschäftigte,

2. Lernende während der beruflichen Aus- und Fortbildung in Betriebsstätten, Lehrwerkstätten, Schulungskursen und ähnlichen Einrichtungen,

3. Personen, die sich Untersuchungen, Prüfungen oder ähnlichen Maßnahmen unterziehen, die aufgrund von Rechtsvorschriften zur Aufnahme einer versicherten Tätigkeit oder infolge einer abgeschlossenen versicherten Tätigkeit erforderlich sind, soweit diese Maßnahmen vom Unternehmen oder einer Behörde veranlaßt worden sind,

4. behinderte Menschen, die in anerkannten Werkstätten für behinderte Menschen oder in Blindenwerkstätten im Sinne des § 143 des Neunten Buches oder für diese Einrichtungen in Heimarbeit tätig sind,

5. Personen, die
a) Unternehmer eines landwirtschaftlichen Unternehmens sind und ihre im Unternehmen mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner,
b) im landwirtschaftlichen Unternehmen nicht nur vorübergehend mitarbeitende Familienangehörige sind,
c) in landwirtschaftlichen Unternehmen in der Rechtsform von Kapital- oder Personenhandelsgesellschaften regelmäßig wie Unternehmer selbständig tätig sind,
d) ehrenamtlich in Unternehmen tätig sind, die unmittelbar der Sicherung, Überwachung oder Förderung der Landwirtschaft überwiegend dienen,
e) ehrenamtlich in den Berufsverbänden der Landwirtschaft tätig sind, wenn für das Unternehmen die landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft zuständig ist.

6. Hausgewerbetreibende und Zwischenmeister sowie ihre mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner,

7. selbständig tätige Küstenschiffer und Küstenfischer, die zur Besatzung ihres Fahrzeugs gehören oder als Küstenfischer ohne Fahrzeug fischen und regelmäßig nicht mehr als vier Arbeitnehmer beschäftigen, sowie ihre mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner,

8.
a) Kinder während des Besuchs von Tageseinrichtungen, deren Träger für den Betrieb der Einrichtungen der Erlaubnis nach § 45 des Achten Buches oder einer Erlaubnis aufgrund einer entsprechenden landesrechtlichen Regelung bedürfen, während der Betreuung durch geeignete Tagespflegepersonen im Sinne von § 23 des Achten Buches sowie während der Teilnahme an vorschulischen Sprachförderungskursen, wenn die Teilnahme auf Grund landesrechtlicher Regelungen erfolgt,
b) Schüler während des Besuchs von allgemein- oder berufsbildenden Schulen und während der Teilnahme an unmittelbar vor oder nach dem Unterricht von der Schule oder im Zusammenwirken mit ihr durchgeführten Betreuungsmaßnahmen,
c) Studierende während der Aus- und Fortbildung an Hochschulen,

9. Personen, die selbständig oder unentgeltlich, insbesondere ehrenamtlich im Gesundheitswesen oder in der Wohlfahrtspflege tätig sind,

10. Personen, die
a) für Körperschaften, Anstalten oder Stiftungen des öffentlichen Rechts oder deren Verbände oder Arbeitsgemeinschaften, für die in den Nummern 2 und 8 genannten Einrichtungen oder für privatrechtliche Organisationen im Auftrag oder mit ausdrücklicher Einwilligung, in besonderen Fällen mit schriftlicher Genehmigung von Gebietskörperschaften ehrenamtlich tätig sind oder an Ausbildungsveranstaltungen für diese Tätigkeit teilnehmen,
b) für öffentlich-rechtliche Religionsgemeinschaften und deren Einrichtungen oder für privatrechtliche Organisationen im Auftrag oder mit ausdrücklicher Einwilligung, in besonderen Fällen mit schriftlicher Genehmigung von öffentlich-rechtlichen Religionsgemeinschaften ehrenamtlich tätig sind oder an Ausbildungsveranstaltungen für diese Tätigkeit teilnehmen,
11. Personen, die
a) von einer Körperschaft, Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts zur Unterstützung einer Diensthandlung herangezogen werden,
b) von einer dazu berechtigten öffentlichen Stelle als Zeugen zur Beweiserhebung herangezogen werden,

12. Personen, die in Unternehmen zur Hilfe bei Unglücksfällen oder im Zivilschutz unentgeltlich, insbesondere ehrenamtlich tätig sind oder an Ausbildungsveranstaltungen dieser Unternehmen einschließlich der satzungsmäßigen Veranstaltungen, die der Nachwuchsförderung dienen, teilnehmen,

13. Personen, die
a) bei Unglücksfällen oder gemeiner Gefahr oder Not Hilfe leisten oder einen anderen aus erheblicher gegenwärtiger Gefahr für seine Gesundheit retten,
b) Blut oder körpereigene Organe, Organteile oder Gewebe spenden oder bei denen Voruntersuchungen oder Nachsorgemaßnahmen anlässlich der Spende vorgenommen werden, c) sich bei der Verfolgung oder Festnahme einer Person, die einer Straftat verdächtig ist oder zum Schutz eines widerrechtlich Angegriffenen persönlich einsetzen,
d) Tätigkeiten als Notärztin oder Notarzt im Rettungsdienst ausüben, wenn diese Tätigkeiten neben aa) einer Beschäftigung mit einem Umfang von regelmäßig mindestens 15 Stunden wöchentlich außerhalb des Rettungsdienstes oder
bb) einer Tätigkeit als zugelassener Vertragsarzt oder als Arzt in privater Niederlassung ausgeübt werden,

14. Personen, die
a) nach den Vorschriften des Zweiten oder des Dritten Buches der Meldepflicht unterliegen, wenn sie einer besonderen, an sie im Einzelfall gerichteten Aufforderung der Bundesagentur für Arbeit, des nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 des Zweiten Buches zuständigen Trägers oder eines nach § 6a des Zweiten Buches zugelassenen kommunalen Trägers nachkommen, diese oder eine andere Stelle aufzusuchen,
b) an einer Maßnahme teilnehmen, wenn die Person selbst oder die Maßnahme über die Bundesagentur für Arbeit, einen nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 des Zweiten Buches zuständigen Träger oder einen nach § 6a des Zweiten Buches zugelassenen kommunalen Träger gefördert wird,

15. Personen, die
a) auf Kosten einer Krankenkasse oder eines Trägers der gesetzlichen Rentenversicherung oder der landwirtschaftlichen Alterskasse stationäre oder teilstationäre Behandlung oder stationäre, teilstationäre oder ambulante Leistungen zur medizinischen Rehabilitation erhalten,
b) zur Vorbereitung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben auf Aufforderung eines Trägers der gesetzlichen Rentenversicherung oder der Bundesagentur für Arbeit einen dieser Träger oder eine andere Stelle aufsuchen,
c) auf Kosten eines Unfallversicherungsträgers an vorbeugenden Maßnahmen nach § 3 der Berufskrankheiten-Verordnung teilnehmen,

16. Personen, die bei der Schaffung öffentlich geförderten Wohnraums im Sinne des Zweiten Wohnungsbaugesetzes oder im Rahmen der sozialen Wohnraumförderung bei der Schaffung von Wohnraum im Sinne des § 16 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 des Wohnraumförderungsgesetzes oder entsprechender landesrechtlicher Regelungen im Rahmen der Selbsthilfe tätig sind,
17. Pflegepersonen im Sinne des § 19 Satz 1 und 2 des Elften Buches bei der Pflege eines Pflegebedürftigen mit mindestens Pflegegrad 2 im Sinne der §§ 14 und 15 Absatz 3 des Elften Buches; die versicherte Tätigkeit umfasst pflegerische Maßnahmen in den in § 14 Absatz 2 des Elften Buches genannten Bereichen sowie Hilfen bei der Haushaltsführung nach § 18 Absatz 5a Satz 3 Nummer 2 des Elften Buches.