Als Torwart verletzte sich der Polizeibeschäftigte bei einem Turnier. Um seine Unfallrente musste er streiten © Adobe Stock: fotokitas
Als Torwart verletzte sich der Polizeibeschäftigte bei einem Turnier. Um seine Unfallrente musste er streiten © Adobe Stock: fotokitas

Der Fall war für das Gericht klar. Das Sozialgericht Regensburg konnte durch Gerichtsbescheid entscheiden, denn die Sache war für die Richter*innen eindeutig und ohne große rechtliche Schwierigkeiten. Einer mündlichen Verhandlung bedurfte es nicht mehr.

 

Die Berufsgenossenschaft erkannte den Unfall zunächst an

 

Den Kläger des Verfahrens vertrat Holger Striegel vom DGB Rechtsschutzbüro Weiden. Sein Mandant arbeitete als polizeiliche Unterstützungskraft bei einer Bundespolizeiinspektion. Als Torwart verletzte er sich während eines Fußballturniers im Jahr 2006 an der rechten Hand. Nach der Bestätigung des Dienstherrn, dass es sich um eine dienstliche Veranstaltung ohne Beteiligung unternehmensfremder Personen gehandelt habe, erkannte die Berufsgenossenschaft (BG) den Unfall als Arbeitsunfall an und bezahlte die Behandlungskosten.

 

Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) setzte sie auf 15 v.H. fest. Eine Unfallrente hätte der Mann erst ab einer MdE von 20 v.H. erhalten können. Für die BG war die Angelegenheit damit erledigt. Zu zahlen war erst einmal nichts.

 

Mehr als zehn Jahre später erhielt der Betroffene wegen der Folgen eines anderen Arbeitsunfalles eine Rente nach einer MdE von 20 v.H. Ab diesem Moment waren die rechtlichen Voraussetzungen dafür erfüllt, sich auch den früheren Unfall in Form einer Unfallrente (Stützrente) entschädigen zu lassen.

 

Der Antrag auf eine Stützrente brachte die Sache wieder ins Rollen

 

Auf einen dementsprechenden Antrag hin leitete die Berufsgenossenschaft eine Überprüfung des früheren Anerkennungsbescheides ein und plötzlich sah sie alles anders. Eine Rente zahlte sie nicht. Die Rechtsprechung zur Anerkennung von Unfällen bei betrieblichen Veranstaltungen habe sich geändert. Das damalige Turnier sei eine rein sportliche Gemeinschaftsveranstaltung gewesen, die nicht allen Beschäftigten offen gestanden habe und damit nicht versichert gewesen sei, hieß es im angefochtenen Bescheid. Hiergegen kam es zur Klage.

 

Der Dienstherr hatte im Vorfeld dazu mitgeteilt, bei dem Turnier habe es sich um einen Vergleichswettbewerb zwischen den Organisationseinheiten der Bundespolizeiinspektionen gehandelt. Die Spiele seien in einem freundschaftlich geprägten Charakter ausgetragen worden. Alle Dienststellenangehörigen seien als Zuschauer eingeladen gewesen. Es fände auch regelmäßig Dienstsport statt.

 

Personalversammlung und Dienststellenfest umrahmten das Turnier

 

Der Dienstherr ordne daneben anlassbezogen besondere Sportveranstaltungen an, sowohl dienstgruppenintern als auch -übergreifend. Regelmäßige Turniere fänden nicht statt. Das Turnier, bei welchem sich der Beschäftigte verletzt habe, sei ein anlassbezogenes Turnier zur Fußball-WM gewesen. Es habe Pokale und Auszeichnungen gegeben, jede teilnehmende Mannschaft habe auch einen Preis erhalten.

 

Nach Auskunft des örtlichen Personalrates seien aufgrund der WM sowohl die Personalversammlung als auch das Dienststellenfest abgesagt und später nachgeholt worden. So habe zunächst die Personalversammlung stattgefunden, anschließend das Turnier und danach das Dienststellenfest. Eingeladen habe die Inspektionsleitung gemeinsam mit dem Personalrat und dem Förderverein, um die WM noch lange in guter Erinnerung zu behalten. Jede Dienstgruppe sowie der Innendienst zusammen mit dem Ermittlungsdienst hätten eine Mannschaft zu stellen gehabt.

 

Wenn’s ums Geld geht sieht vieles plötzliche anders aus

 

Eindeutig, mag man meinen. Aus dem zunächst anerkanntermaßen dienstlich veranlassten Turnier machte die Berufsgenossenschaft eine rein sportliche Gemeinschaftsveranstaltung. Weil der Verletzte nun eine Unfallrente haben wolle, seien die Voraussetzungen dafür gegeben, auch einen bereits bestandskräftig gewordenen Anerkennungsbescheid für die Zukunft zurückzunehmen. Auf dieser Auffassung beharrte die Berufsgenossenschaft auch im Klageverfahren.

 

Das Sozialgericht sah das anders. Der Kläger habe den Unfall zwar nicht in seiner Tätigkeit als polizeiliche Unterstützungskraft erlitten, es liege jedoch ein sachlicher Zusammenhang mit seiner Beschäftigung vor. Bei dem Fußballturnier habe es sich um eine betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung gehandelt, die ausnahmsweise unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung gestanden habe.

 

Die Gesamtbetrachtung bringt das Ergebnis

 

Die Veranstaltung müsse dazu dienen, die Verbundenheit zwischen der Unternehmensleitung und den Beschäftigten sowie den Beschäftigten untereinander zu pflegen. Sie müsse deshalb allen Beschäftigten offenstehen und von der Unternehmensleitung selbst veranstaltet oder zumindest gebilligt oder gefördert sein und von ihrer Autorität als betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung getragen werden.

 

Dies sei in einer Gesamtbetrachtung zu überprüfen. Um die Zielsetzung der Verbundenheit zu erreichen, müsse die Veranstaltung vom Programm her geeignet sein, die Gesamtheit der Belegschaft und nicht nur einen Teil anzusprechen.

 

Alle Dienstgruppen hatten teilgenommen

 

Im Fall des Klägers habe es sich um eine betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung gehandelt. Die Mitarbeiter der Dienststelle seien während der WM verstärkt im Einsatz gewesen. Dies habe dazu geführt, dass die jährlich stattfindende Personalversammlung und das immer anschließend gefeierte Dienststellenfest nicht stattfinden konnten. Beides habe man später nachgeholt und durch ein Gaudifußballturnier bereichert.

 

Der Dienstherr habe alle Dienstgruppen eingeladen und es hätten auch alle Gruppen teilgenommen. Lediglich die Älteren und Gehandicapten seien nicht zum Einsatz gekommen, aber zugeschaut.

 

Dem Gericht sei bewusst, dass nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts rein sportliche Veranstaltungen in der Regel nicht versichert seien; denn sie seien nicht geeignet, alle Betriebsangehörigen anzusprechen. In diesem Fall führe die Gesamtbetrachtung jedoch zu einem anderen Ergebnis.

 

Die Stützrente setzte Holger Striezel für seinen Mandanten damit durch. Ein schöner Erfolg.

 

Hier geht es zum Urteil des Sozialgerichts Regensburg.