Gibt die Behörde keinen Grund für den Meldetermin an, kann sie bei Nichterscheinen die Leistung nicht kürzen.
Gibt die Behörde keinen Grund für den Meldetermin an, kann sie bei Nichterscheinen die Leistung nicht kürzen.

Das Sozialgericht Augsburg hatte der Klage einer Leistungsbezieherin stattgegeben, der das Jobcenter die Leistung um 10% gekürzt hatte, weil sie nicht zu einem Meldetermin erschienen war.

Leistungsbezieherin konnte wegen Schulbesuch nicht kommen

Die Klägerin erhielt seit Anfang 2015 zusammen mit ihrem Sohn Leistungen nach dem SGB II („Hartz IV“). Mit Bescheiden vom 1. Februar und vom 22. Juni 2016 wurden ihr die Leistungen von Februar 2016 bis Januar 2017 bewilligt.

Das beklagte Jobcenter hatte die Klägerin zu einem Termin am 9. März 2016 geladen, zu dem die Klägerin jedoch nicht erschien. Sie gab an, sie besuche jetzt eine Schule und habe daher den Termin nicht wahrnehmen können.

Die Beklagte minderte daraufhin das ALG II der Klägerin für drei Monate um 10%. Sie begründete die Sanktion damit, dass die Klägerin trotz Rechtsfolgenbelehrung zu dem festgelegten Meldetermin nicht erschienen und auch nicht hinreichend entschuldigt gewesen sei.

Sozialgericht hebt Sanktion auf

Nachdem der Widerspruchsbescheid der Klägerin keinen Erfolg hatte, wendete sie sich an das zuständige Sozialgericht Augsburg, das ihr Recht gab und die Sanktion aufhob. Die Minderung des ALG II sei zu Unrecht erfolgt.

Eine Minderung des ALG II sei nur bei einem Meldeversäumnis möglich. Dies setzt aber voraus, dass eine leistungsberechtigte Person eine Aufforderung des zuständigen Jobcenters erhalten hat, sich bei ihm zu melden oder bei einem Untersuchungstermin zu erscheinen, und damit ein zulässiger Meldezweck verfolgt wurde.

Außerdem müsse die Person eine schriftliche Belehrung über die Rechtsfolgen des Ausbleibens erhalten oder von diesen Kenntnis haben. Schließlich dürfe sie keinen wichtigen Grund haben, der Meldeaufforderung nicht nachgekommen zu sein.

Zweck der Meldeauflage war nicht ersichtlich

Im vorliegenden Fall habe die Klägerin lediglich eine Meldeaufforderung für einen Termin erhalten. Das Gericht war daher nicht davon überzeugt, dass diese Meldeaufforderung einen zulässigen Meldezweck verfolgte.

Letztlich ließ sich weder klären, welchen Zweck die Meldeaufforderung hatte, noch, ob die Aufforderung mit einer Rechtsfolgenbelehrung versehen war. Nachdem aber das beklagte Jobcenter hierfür darlegungs- und beweispflichtig war, ging diese Unklarheit zu seinen Lasten.

Für die Entscheidung nicht mehr relevant war, ob die Klägerin einen wichtigen Grund für ihr Fernbleiben hatte. Das Gericht ließ hier zwar Bedenken durchscheinen, aber da die Ladung schon nicht rechtmäßig war, kam es auf den wichtigen Grund nicht mehr an.

Urteil des Sozialgerichts Augsburg - Endurteil vom 30.09.2016 – Az.: S 8 AS 822/16 hier im Volltext

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Rechtliche Grundlagen

§ 32 SGB II Meldeversäumnisse

§ 32 SGB II Meldeversäumnisse

(1) Kommen Leistungsberechtigte trotz schriftlicher Belehrung über die Rechtsfolgen oder deren Kenntnis einer Aufforderung des zuständigen Trägers, sich bei ihm zu melden oder bei einem ärztlichen oder psychologischen Untersuchungstermin zu erscheinen, nicht nach, mindert sich das Arbeitslosengeld II oder das Sozialgeld jeweils um 10 Prozent des für sie nach § 20 maßgebenden Regelbedarfs. Dies gilt nicht, wenn Leistungsberechtigte einen wichtigen Grund für ihr Verhalten darlegen und nachweisen.

(2) Die Minderung nach dieser Vorschrift tritt zu einer Minderung nach § 31a hinzu. § 31a Absatz 3 und § 31b gelten entsprechend.