Warum nicht mal Silvester in der Ferne verbringen? Aber bitte nur, wenn man auch wirklich frei bekommen hat. Copyright by Simon/Adobe Stock
Warum nicht mal Silvester in der Ferne verbringen? Aber bitte nur, wenn man auch wirklich frei bekommen hat. Copyright by Simon/Adobe Stock

Die Sache ist im Prinzip einfach: Als Arbeitnehmer*in beantragt man zuerst den Urlaub und bucht dann die Reise. Wird der Urlaub nicht genehmigt, muss man arbeiten gehen. Dennoch kommt es immer wieder zu arbeitsrechtlichen Auseinandersetzungen rund um nicht genehmigten Urlaub. Besonders dann, wenn die Reise schon gebucht ist und später Urlaub beantragt und abgelehnt wird.
 

Eigenmächtiger Urlaubantritt ist ein Kündigungsgrund

Tritt der Arbeitnehmer trotz Urlaubsverweigerung seitens des Arbeitgebers den Urlaub an, liegt darin ein Grund zur ordentlichen Kündigung. Je nach Einzelfall kann auch eine fristlose Kündigung gerechtfertigt sein.
 
Rechtsprechung gibt es zum eigenmächtigen Urlaubsantritt reichlich. Über einen kuriosen Fall hatte das Arbeitsgericht Nürnberg zu richten. Das Urteil ist zwar nicht mehr taufrisch, aber ein unterhaltsames Beispiel.
 

Karibikreise in Gefahr

Eine Vertriebsassistentin buchte eine Reise mit ihrem Freund nach Venezuela. Losgehen sollte es am zweiten Weihnachtsfeiertag. Die Buchung erfolgte bereits im Sommer, aber erst im Herbst stellte sie einen Urlaubsantrag. Der Arbeitgeber verweigerte den Urlaub, da er den Jahresabschluss als gefährdet sah. Er bewilligte schließlich Erholungsurlaub ab dem 5. Januar.
 
Aber die fest gebuchte Flugreise sollte schon am 26. Dezember losgehen. Und das tat sie auch. Das Paar trat die Reise wie geplant an. Beim Arbeitgeber ging eine ärztliche Bescheinigung über eine Arbeitsunfähigkeit der Vertriebsassistentin ein, datiert auf den 23. Dezember.  
 

Live-Auftritt im Fernsehen

Wahrscheinlich dürfte der Arbeitgeber schon aufgrund der Vorgeschichte der Krankmeldung skeptisch gegenübergestanden haben. Vielleicht hat er sich gefragt, ob seine Mitarbeiterin die Flugreise doch angetreten hat. Am Silvesterabend bekam er dann die Bestätigung für seine Zweifel. Die Vertriebsassistentin war auf dem Sender RTL 2 in einer Live-Sendung "Silvester unter Palmen" zu sehen.
 
Was tat der Arbeitgeber? Er sprach sofort eine fristlose, hilfsweise fristgerechte Kündigung des Arbeitsverhältnisses aus.
 

Ortsveränderung und urlaubsähnlicher Zustand "heilend"

Im Kündigungsschutzverfahren berief sich die Klägerin auf einen psychosomatischen Erschöpfungszustand. Sie sei arbeitsunfähig gewesen. Die Reise habe sie aber trotzdem gemacht, da sie den Urlaub unbedingt gebraucht habe.
 
Damit drang die Klägerin beim Arbeitsgericht nicht durch. Grundsätzlich ist es zwar so, dass man nicht bei jeder Erkrankung strikt das Bett hüten muss. Aber diente die Reise wirklich der Wiedergesundung?
 

Die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vom 23. Dezember hat keinen Beweiswert

Die Ärztin, die die Klägerin krankgeschrieben hatte, sagte als Zeugin im Prozess aus. Sie konnte keine überzeugenden Gründe dafür anbringen, warum sie die Klägerin am 23. Dezember krankgeschrieben hat, und das gleich für zwei Wochen. Das Gericht unterstellte ein Gefälligkeitsattest.
 
Einer ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung kommt grundsätzlich ein hoher Beweiswert zu. In diesem Fall sprach das Gericht der Bescheinigung aber jeglichen Beweiswert ab. Neben der Unglaubwürdigkeit der Zeugin sprachen auch die Umstände dagegen. So hatte die Klägerin bis zuletzt versucht, ihren Chef umzustimmen. Am Nachmittag des 23. Dezembers hatte sich noch ein Anwalt gemeldet und den Arbeitgeber auf die fest gebuchte Reise hingewiesen. Die Klägerin hatte einige Stunden zuvor die Arbeit frühzeitig beendet und dies mit einem Zahnarzttermin begründet. Es sprach also wenig dafür, aber vieles dagegen, dass sie überhaupt vorhatte, erst nach dem Jahresabschluss nach Venezuela zu fliegen.
 

Der Urlaubsantrag wurde nicht kurzfristig abgelehnt

Das Arbeitsgericht wies die Kündigungsschutzklage ab. Das Arbeitsverhältnis endete aufgrund der fristlosen Kündigung.
 
Dabei war ein Aspekt von besonderer Bedeutung: Den von der Klägerin beantragten Erholungsurlaub hatte der Arbeitgeber nicht etwa kurzfristig und völlig überraschend abgelehnt. Vielmehr hatte er schon im Oktober klar gesagt, dass er den Urlaub nicht genehmigen kann. Die Klägerin hatte also Zeit, die Flugreise umzubuchen. Ebenso hätte sie rechtzeitig versuchen können, vor Gericht ihren Urlaubsanspruch durchzusetzen.
 
So, wie sie es gemacht hat, war es auf jeden Fall nicht gut und hatte den Verlust des Arbeitsplatzes zur Folge. Kein guter Start in ein neues Jahr!
 
 
LINKS:
 
Wer die Geschichte genauer wissen möchte: Arbeitsgericht Nürnberg, Urteil vom 28.07.1998, 6 Ca 492/98
Dieser Fall lag etwas anders: Eigenmächtiger Urlaubsanritt begründet nicht zwingend fristlose Kündigung
Und hier gibt es Tipps: Sofort Handeln bei unberechtigter Urlaubsablehnung