Weihnachten war längst vorbei, als das Arbeitsgericht Mainz zur Weihnachtsgratifikation des Klägers aus Rheinland-Pfalz entschied. Sein Arbeitgeber hatte mehrere Jahre lang jeweils im Dezember eine Gratifikation in Höhe von 20 % des Bruttoentgelts gezahlt. Dabei erhielt der Kläger auch immer ein Schreiben, in dem es hieß, die Weihnachtsgratifikation sei eine freiwillige einmalige Zahlung ohne jeden Rechtsanspruch.
Plötzlich war Schluss
2019 wurde dann nichts gezahlt. Mit seiner Klage machte der Betroffene daraufhin geltend, in den Jahren zuvor sei eine betriebliche Übung entstanden. Der Hinweis seines Arbeitgebers, es handele sich um eine einmalige, freiwillige Leistung ohne Rechtsanspruch, sei rechtlich ohne Bedeutung. Einige seiner Kollegen hätten Zahlungen erhalten, andere wiederum nicht. Dies stelle ein rein willkürliches Verhalten seines Arbeitgebers dar.
Das Arbeitsgericht machte kurzen Prozess. Die Klage sei offensichtlich unbegründet. Vergütungen einschließlich Sonderleistungen wie Urlaubsgeld und Weihnachtsgeld könne ein Arbeitgeber mit seinen Beschäftigten frei vereinbaren, sofern dies nicht etwa durch Tarifvertrag oder sonstige Weise verbindlich geregelt sei.
Vertragsabschluss ohne Worte
Das müsse nicht unbedingt ausdrücklich durch Vertrag geschehen. Der Arbeitgeber könne auch stillschweigend ein solches Angebot machen, dass sich aus seinem Verhalten schlüssig ableiten ließe. Wer beim Bäcker auf ein Brot zeige, das mit einem Preisschild ausgezeichnet sei, mache ein Verkaufsangebot. Er brauche dazu nichts zu sagen.
Genauso sei es im Arbeitsrecht. Wenn ein Arbeitgeber die Löhne allgemein um einen bestimmten Prozentsatz erhöhe, könne darin zugleich das stillschweigende Angebot der Änderung des Vertrages zu sehen sein. Dieses Angebot müsse der Arbeitnehmer dann auch nicht ausdrücklich annehmen.
Arbeitgeber wollen sich nicht immer binden
Für Weihnachts- und Urlaubsgeld habe das Bundesarbeitsgericht in ständiger Rechtsprechung entschieden, dass eine einmalige Zahlung in unterschiedlicher Weise nicht dahingehend ausgelegt werden könne, der Arbeitgeber wolle sich binden. Dies sei frühestens dann der Fall, wenn er in gleicher Weise wenigstens dreimal gleich geleistet habe.
Erkläre der Arbeitgeber, seine bloße Zahlung erfolge einmalig und ohne Rechtsanspruch, könne er vermeiden, dass diese Zahlung als Vertragsangebot ausgelegt werde. Genauso sei es hier gewesen. Der Beklagte habe ausdrücklich Entsprechendes erklärt.
Gleiche Behandlung muss es nicht immer geben
Der Kläger könne einen etwaigen Anspruch auch nicht darauf stützen, dass der Arbeitgeber ihn mit anderen Arbeitnehmern gleich behandeln müsse. Zwar gebe es im Arbeitsrecht den Grundsatz der Gleichbehandlung, dieser dürfe jedoch nicht generell angewandt werden. Dieser Grundsatz gelte nur, wenn ein Arbeitgeber Leistungen nach einem bestimmten, erkennbaren und generalisierenden Prinzip gewähren wolle.
Der Kläger habe jedoch selbst vorgetragen, sein Arbeitgeber handele „willkürlich“, indem ein Teil der Beschäftigten Geld erhalte, ein anderer Teil demgegenüber jedoch nicht. Aus dem eigenen Sachvortrag des Klägers ergebe sich mithin, dass gerade eben kein bestimmtes, erkennbares und generalisierendes Prinzip gegeben sei, wonach der Gleichbehandlungsgrundsatz Anwendung finden müsse.
Der Prozess geht verloren
Der Sachvortrag des Klägers sei insofern unschlüssig gewesen. Das Gericht sah sich unter Berücksichtigung dessen auch nicht dazu verpflichtet, weitere Ausführungen dazu zu machen, welche Gründe für eine ungleiche Behandlung von Beschäftigten auf Seiten des Arbeitgebers vorlagen.
Arbeitsgericht Mainz, Urteil vom 8. Juni 2020
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Manche Prozesse sind nicht zu gewinnen. Da hilft auch die höchste juristische Finesse nichts. Das hat das Arbeitsgericht Mainz hier klar und deutlich zum Ausdruck gebracht.
Auch solche Verfahren gehören zur täglichen Praxis von Juristen. Da bleibt nur der Rat, sich im Vorfeld eines gerichtlichen Verfahrens über etwaige Erfolgsaussichten beraten zu lassen. Im Regelfall soll ein Arbeitsverhältnis ja auch noch unbeeinträchtigt weiter bestehen. Unnötige Prozesse machen das aber oft schwer.
Das heißt natürlich nicht, dass man in jedem Falle von einem Prozess die Finger lassen soll, wenn Erfolgsaussichten nicht erwartet werden können. Manchmal ist die Situation so, dass Arbeitgeber sich generell nicht kommunikativ verhalten. Eine Taktik kleiner Nadelstiche kann dann schon hilfreich sein.
Es kommt wie so häufig auf den Einzelfall an. Klage zu erheben will in jedem Fall gut überlegt sein. Jedem potentiellen Kläger sei geraten, sich vor einer Klageerhebung Rechtsrat zu suchen und das Für und Wider eines Verfahrens abzuwägen.
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