Die Köchinnen und Köche in der Krankenhaus-Küche erhielten nicht den gleichen Lohn.
Die Köchinnen und Köche in der Krankenhaus-Küche erhielten nicht den gleichen Lohn.

Die Klägerin ist ausgebildete Köchin und schloss Anfang 2016 mit einer Service GmbH einen Arbeitsvertrag ab. Nach dem Arbeitsvertrag betreibt die Service GmbH Arbeitnehmerüberlassung, die Vergütung richtete sich nach den Regelungen für die Zeitarbeit.

 

Die Service GmbH gehört zu einem Dienstleistungsunternehmen im Gesundheits- und Sozialwesen, ein kirchlicher Träger in Form einer Stiftung. Die Stiftung bedient sich zur Erfüllung ihrer Aufträge verschiedener Gesellschaftsformen. Zu ihr gehört auch eine GmbH, die das Krankenhaus betreibt, in welchem die Klägerin als Köchin arbeitet. Der Vorstandsvorsitzende der Stiftung ist auch Geschäftsführer der Krankenhaus GmbH sowie der Service GmbH.

 

Mitarbeiter in der Krankenhaus-Küche haben verschiedene Arbeitgeber

 

Im kollegialen Umfeld der Klägerin sind weitere Köche/Köchinnen und Küchenhelfer*innen bei der Service GmbH angestellt. Der Küchenleiter, die stellvertretende Küchenleiterin, ein Koch, drei Küchenhilfen und zwei Diätassistentinnen sind direkt bei der Krankenhaus GmbH angestellt.

 

Der große Unterschied liegt darin, dass die Beschäftigten, die bei der Krankenhaus GmbH angestellt sind, eine Vergütung nach dem Bundesangestelltentarifvertrag in kirchlicher Fassung (BAT-KF) erhalten. Damit erhalten sie weit mehr als ihre Arbeitskolleg*innen.

 

300 € weniger pro Monat für die gleiche Arbeit

 

So erhält die Klägerin über 300 € monatlich weniger als ihr Kollege, der direkt bei der Krankenhaus GmbH angestellt ist. Als sie das nicht länger hinnehmen wollte, ging sie zu ihrer Gewerkschaft ver.di, die Anfang 2020 bei der Service GmbH die Entgeltdifferenz forderte.

 

Die Service GmbH lehnte das ab. Es hieß, der Einsatz der Klägerin erfolge nicht im Rahmen einer Arbeitnehmerüberlassung, sondern im Rahmen eines Gemeinschaftsbetriebes mit der Krankenhaus GmbH. Das war zuvor so allerdings nie kommuniziert worden.

 

Klage gegen die Service GmbH und die Krankenhaus GmbH

 

Der DGB Rechtsschutz Paderborn übernahm die Vertretung der Klägerin und erhob Klage beim Arbeitsgericht Paderborn. Im Rechtsstreit ging es neben der Vergütung und um die Feststellung, dass zwischen der Klägerin und der Krankenhaus GmbH ein Arbeitsverhältnis besteht.

 

Von den beiden beklagten Gesellschaften hieß es, die Gesellschaften der Stiftung hätten sich 2011 darauf verständigt, sich zu einem Gemeinschaftsbetrieb zusammenzuschließen. Dabei beschäftige die Service GmbH etwa 120 Arbeitnehmer*innen in den Bereichen Reinigung, Küche, Pflegeservice sowie im Verkauf von Speisen und Getränken. Für die Gesellschaften bestehe eine einheitliche Leitung in allen personellen und sozialen Angelegenheiten. Zwischen den Gesellschaften finde ein Personalaustausch statt.

 

Was die Arbeitnehmerüberlassung angeht hieß es, die Service GmbH habe aufgrund der Reform des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes nur vorsorglich mit allen Beschäftigten eine entsprechende Vereinbarung geschlossen. Kein Beschäftigter der Service GmbH werde bei Unternehmen, die nicht zu Stiftung gehörten, eingesetzt. Die Klägerin sei nicht in eine fremde Betriebsorganisation eingegliedert worden, sondern werde in einem gemeinsamen Betrieb tätig.

 

Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht entscheiden zugunsten der Köchin

 

Im Frühjahr 2021 gab das Arbeitsgericht Paderborn der gegen die Krankenhaus GmbH gerichteten Klage statt. Wegen Überschreiten der zulässigen Überlassungshöchstdauer sei schon im September 2017 zwischen der Klägerin und der Krankenhaus GmbH ein Arbeitsverhältnis zustande gekommen.

 

Das, was die Beklagten vorgebracht hatten, schlösse eine Arbeitnehmerüberlassung nicht aus. Ein eigener arbeitstechnischer Zweck der Service GmbH sei nicht erkennbar, vielmehr beschränke sich ihre Beteiligung darauf, Arbeitnehmer*innen zur Verfügung zu stellen.

 

Die beklagte Gesellschaft zog vor das Landesarbeitsgericht Hamm (LAG) und unterlag. Auch nach Einschätzung des LAG ist zwischen der Klägerin und der Krankenhaus GmbH ein Arbeitsverhältnis entstanden. Das ergab sich nach Maßgabe der Vorschriften über die Arbeitnehmerüberlassung.

 

Überschreiten der Höchstdauer bei Arbeitnehmerüberlassung

 

Nach § 1 des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes (AÜG) darf der Verleiher dieselbe Leiharbeitnehmerin nicht länger als 18 aufeinander folgender Monate demselben Entleiher überlassen.

Zudem darf der Entleiher dieselbe Leiharbeitnehmerin nicht länger als 18 aufeinander folgender Monate tätig werden lassen.

 

Der Arbeitsvertrag zwischen Verleiher und Leiharbeitnehmerin ist gemäß § 9 AÜG mit Überschreiten der zulässigen Überlassungshöchstdauer unwirksam, es sei denn, die Leiharbeitnehmerin erklärt schriftlich innerhalb eines Monats, dass sie einem Arbeitsvertrag mit dem Verleiher festhält.

 

Ist der Vertrag zwischen einem Verleiher und der Leiharbeitnehmerin unwirksam, so gilt nach § 10 AÜG ein Arbeitsverhältnis zwischen dem Entleiher und der Leiharbeitnehmerin als zustande gekommen.

 

LAG bestätigt: Arbeitnehmerüberlassung liegt vor

 

Das LAG kommt zu dem Ergebnis, dass die Klägerin hinreichend dargelegt hat, seit 2016 im Rahmen einer Arbeitnehmerüberlassung tätig gewesen zu sein.

 

Eine Arbeitnehmerüberlassung liegt vor, wenn

 

  •          einem Entleiher Arbeitskräfte zur Verfügung gestellt werden,
  •          die in dessen Betrieb eingegliedert sind und
  •          ihre Arbeit allein nach Weisungen des Entleihers und in dessen Interesse ausführen.


Die Klägerin und die Service GmbH haben einen Arbeitsvertrag vereinbart, nach dem die Service GmbH Arbeitnehmerüberlassung betreibt und der die für ein Arbeitnehmerüberlassungsverhältnis typischen Regelung enthält. Auch die Vergütung der Klägerin richtet sich nach den Regelungen für die Zeitarbeit. Die Klägerin ist seit Beginn ihrer Beschäftigung als Köchin in der Küche des Krankenhauses eingesetzt, das die Krankenhaus GmbH betreibt und erhält Weisungen durch den bei der Krankenhaus GmbH beschäftigten Küchenleiter. Damit habe die Klägerin ihrer Darlegungslast im Verfahren genügt, so das LAG.

 

Die von der Kranken aus GmbH vorgetragenen Tatsachen schließen nach dem LAG dagegen eine Arbeitnehmerüberlassung nicht aus.

 

Kein gemeinsamer Betrieb von Service GmbH und Krankenhaus GmbH

 

Notwendiger Inhalt eines Arbeitnehmerüberlassungsvertrages ist die jeweilige Verpflichtung des Verleihers gegenüber dem Entleiher, diesem zur Förderung von dessen Betriebszwecken Arbeitnehmer*innen zur Verfügung zu stellen. An einer Arbeitnehmerüberlassung fehlt es, wenn sich der drittbezogene Personaleinsatz auf Seiten des Vertrags-Arbeitgebers nicht darauf beschränkt, einem Dritten die Arbeitnehmerin zur Förderung von dessen Betriebszwecken zur Verfügung zu stellen, sondern der Vertragsarbeitgeber damit eigene Betriebszwecke verfolgt.

 

Dementsprechend liegt keine Arbeitnehmerüberlassung vor, wenn die Arbeitnehmerinnen in einem Gemeinschaftsbetrieb entsandt werden, zu dessen gemeinsamer Führung sich ihr Vertrags-Arbeitgeber und ein Dritter rechtlich verbunden haben.

 

Das LAG verneint einen gemeinsamen Betrieb und beruft sich dafür auf Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts. Danach liegen die Voraussetzungen für einen gemeinsamen Betrieb nicht schon dann vor, wenn die Unternehmen unternehmerisch zusammenarbeiten. Es läge hier der Fall einer unternehmerischen Zusammenarbeit vor, in denen sich die Beteiligung eines Arbeitgebers auf das zur Verfügung stellen seiner Arbeitnehmer*innen an andere Unternehmen beschränkt. In diesem Fall fehlt es nach der Rechtsprechung an einer einheitlichen Leitung in personellen und sozialen Angelegenheiten und damit dem maßgeblichen Merkmal für einen gemeinsamen Betrieb.

 

Krankenhaus GmbH muss und wird nachzahlen

 

Das LAG bestätigt im Ergebnis, dass das Arbeitsverhältnis der Klägerin spätestens im Jahre 2018 auf die Krankenhaus GmbH übergegangen ist und die Krankenhaus GmbH die geforderten Differenzbeträge zahlen muss. Der Arbeitgeberverband kündigte eine Zahlung an.

 

Die Klägerin kann sich auf Nachzahlungen von rund 20.000 € brutto freuen.

LINKS:

Das Urteil vom Landesarbeitsgericht Hamm ist hier im Volltext nachzulesen.