Endlich mehr Geld-DGB Rechtsschutz Berlin erstreitet Vorarbeitervergütung für Gebäudereiniger. Copyright by rh2010/Adobe Stock
Endlich mehr Geld-DGB Rechtsschutz Berlin erstreitet Vorarbeitervergütung für Gebäudereiniger. Copyright by rh2010/Adobe Stock

Frank K arbeitet schon seit Jahren als Vorarbeiter in einer Reinigungsfirma. Er erstellt Reinigungspläne und organisiert den Personaleinsatz. Außerdem erfasst und kontrolliert er die Arbeitszeiten der Mitarbeiter und ist für die Materialbestellung, Kundengespräche und Reklamationen verantwortlich - kurzum alles, was von einem Vorarbeiter erwartet wird.
 

Firma will Vorarbeiterlohn nicht zahlen, weil Schriftform nicht eingehalten ist

Frank K verlangt von seinem Arbeitgeber, dass er ihm nach der Lohngruppe 4, die im Tarifvertrag für Vorarbeiter vorgesehen ist, bezahlt. Die Reinigungsfirma lehnt das ab. Sie habe Frank K nicht schriftlich zu Vorarbeiter ernannt. Das sei nach dem Gebäudereinigungstarifvertrag aber Voraussetzung.
 
Dass seine Vorgesetzte, die Bereichsleiterin, ihm diese Aufgabe mündlich übertragen habe, spiele daher keine Rolle. Außerdem zweifle man daran, ob Frank K tatsächlich Vorarbeiteraufgaben ausführt.
 
Frank K gibt sich damit nicht zufrieden und zieht mithilfe der DGB Rechtsschutz GmbH Berlin vor Gericht. In der ersten Instanz hat er keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht Berlin lehnte den Anspruch mit dem Argument ab, die im Tarifvertrag ausdrücklich geforderte Schriftform sei nicht eingehalten. Wenn das - wie bei Frank K - nicht der Fall ist, nütze es auch nichts, wenn der Betroffene tatsächlich als Vorarbeiter arbeitet.
 

Entscheidend ist die tatsächlich ausgeübte Tätigkeit

Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg sah dies anders. Es führte zunächst eine Beweisaufnahme durch, um zu klären, ob Frank K tatsächlich als Vorarbeiter gearbeitet hat. Dazu vernahm es Zeugen. Diese bestätigten nicht nur, dass Frank K tatsächlich mit Zustimmung seiner Vorgesetzten als Vorarbeiter arbeitet, sondern auch, dass diese Frank K gegenüber den Auftraggebern ausdrücklich als Vorarbeiter bezeichnet haben.
 
In diesem Fall, so das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg, sei es vom Arbeitgeber trotz der Schriftformerfordernis im Tarifvertrag treuwidrig, sich darauf zu berufen, dass er Frank K nicht schriftlich zu Vorarbeiter ernannt hat. Schließlich habe er Frank K jahrelang als Vorarbeiter arbeiten lassen. Er habe auch Kunden gegenüber Frank K ausdrücklich als verantwortlichen Vorarbeiter bezeichnet. Daher müsse er ihm die Vorarbeitervergütung zahlen, auch wenn kein schriftlicher Arbeitsvertrag darüber existiere.
 
Ergebnis: Frank K kann sich über seinen Vorarbeiterlohn freuen-immerhin ca 200 € mehr als seine bisherige Bezahlung.

Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 19. Juni 2019- 16 Sa 1527/17

Das sagen wir dazu:

Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg hat recht, wenn es darauf hinweist, dass ein Arbeitnehmer sich grundsätzlich auf Angaben seines Arbeitgebers verlassen darf und daher Vertrauensschutz genießt.

Frank K hat jedoch auch Glück gehabt: Er konnte nachweisen, dass er nicht nur als Vorarbeiter gearbeitet, sondern dass sein Arbeitgeber ihn auch im Außenverhältnis als Vorarbeiter bezeichnet hat. Außerdem haben die Zeugen und Zeuginnen seine Angaben dem Gericht gegenüber bestätigt.

Das ist nicht selbstverständlich. Es empfiehlt sich daher, sich von seinem Arbeitgeber schriftlich bestätigen zu lassen, dass man eine bestimmte (höherwertige) Tätigkeit ausführt. In diesem Fall hat man keine Beweisprobleme, wenn es darauf ankommt.

Rechtliche Grundlagen

Tarifvertrag für das Gebäudereinigerhandwerk

§ 8 Lohn und Eingruppierung
Lohngrundlagen
1.1 Der Lohn wird auf der Grundlage dieses Rahmentarifvertrages und des Lohntarifvertrages geregelt.
1.2 Zwischen den Löhnen männlicher und weiblicher Beschäftigter besteht bei gleicher oder gleichwertiger Tätigkeit kein Unterschied.
2. Beschäftigungsarten (Tätigkeitsbereiche)
Die Tätigkeitsbereiche der Gebäudereinigung sind die Arbeitsbereiche, in denen Beschäftigte mit Tätigkeiten gemäß S I Abschnitt Il beschäftigt werden.
3. Lohngruppen
3.1 Eingruppierungsgrundsätze
3.1.1 Der/die Beschäftigte werden aufgrund ihrer überwiegenden Tätigkeit in eine Lohngruppe dieses Tarifvertrages eingruppiert. Für die Eingruppierung ist ausschließlich die tatsächlich ausgeübte Tätigkeit maßgebend
3.1.2 Übt der/die Beschäftigte überwiegend Tätigkeiten aus, die nicht den Lohngruppen 1 bis 9 zugeordnet werden können, so ist ihm/ihr für die Zeit, in der er/sie Tätigkeiten nach den Lohngruppen I bis 9 durchführt, der nach diesen Lohngruppen zustehende Lohn zu zahlen.
3.1.3 Übt der/die Beschäftigte überwiegend Tätigkeiten einer höheren Lohngruppe aus, so ist er/sie nach drei Monaten in die höhere Lohngruppe einzugruppieren.
3.1.4 Tätigkeiten einer höheren Lohngruppe sind im Übrigen entsprechend ihrem zeitlichem Anteil nach der höheren Lohngruppe zu entlohnen.
Lohngruppen
Lohngruppe I
Innen- und Unterhaltsreinigungsarbeiten, insbesondere Reinigung, pflegende und schützende Behandlung von Innenbauteilen an Bauwerken und Verkehrsmitteln aller Art, Gebäudeeinrichtungen, haustechnischen Anlagen und Raumausstattungen; Reinigung und Pflege von maschinellen Einrichtungen sowie Beseitigung von Produktionsrückständen, Reinigung von Verkehrs- und Freiflächen einschließlich der Durchführung des Winterdienstes.
Lohngruppe 2
Innen- und Unterhaltsreinigungsarbeiten in OP-, Isolier-t Intensiv-Räumen sowie TBCKrankenstationen und Isotopenlabors (qualifizierte Innen- und Unterhaltsreinigungsarbeiten)
Lohngruppe 3
Innen- und Unterhaltsreinigungsarbeiten, die eine zusätzliche, anerkannte Qualifizierung erfordern (Desinfektor/in, Schädlingsbekämpfer/in, Strahlenschutz-, Gift- und Umweltschutz-Beauftragte/r).
Lohngruppe 4
Bauschlussreinigungsarbeiten und Vorarbeiter/innen in der Innen- und Unterhaltsreinigung.
Lohngruppe 5
Entfällt
Lohngruppe 6
Glas- und Fassadenreinigungsarbeiten, insbesondere Reinigung, pflegende und schützende Behandlung von Glasflächen und Außenbauteilen an Bauwerken und Verkehrsmitteln aller Art; Reinigung und Pflege von Verkehrsanlagen (z. B. Verkehrsampeln, Mautanlagen) und Verkehrseinrichtungen (z. B. Verkehrsschilder) sowie von Außenbeleuchtungsanlagen.
Lohngruppe 7
Tätigkeiten, für die Kenntnisse und Fertigkeiten erforderlich sind, die durch eine mindestens dreijährige Berufsausbildung vermittelt werden,
Lohngruppe 8
Geselle/Gesellin mit Ausbildereignungsprüfung, dem/der die Verantwortung für die Lehrlingsausbildung übertragen worden ist.
Lohngruppe 9
Fachvorarbeiter/in in der Glas- und Außenreinigung

Das sind Beschäftigte, die vom Arbeitgeber schriftlich zum/zur Fachvor- bzw. Vorarbeiter/in ernannt worden sind.