Der gekündigte Lehrer hatte sich auf Arm, Brust und Bauch Tattoos der rechtsextremen Szene stechen lassen. Copyright by Adobe Stock/xartproduction
Der gekündigte Lehrer hatte sich auf Arm, Brust und Bauch Tattoos der rechtsextremen Szene stechen lassen. Copyright by Adobe Stock/xartproduction

Der 1983 geborene Kläger trat im August 2016 als Quereinsteiger in den Schuldienst des Landes Brandenburg ein.
 
Im Juli 2018 fand in der Schule ein Sportfest statt. Bei dieser Gelegenheit war der unbekleidete Oberkörper des Klägers zu sehen. Auf einem Arm sowie dem kompletten Brust- und Bauchbereich waren Tätowierungen zu sehen, wie sie in rechtsradikalen Kreisen verwendet werden:  Schriftzug „Legion Walhalla“, eine „Schwarze Sonne“, „Thors Hammer“ mit einer Wolfsangel und einer Gibor-Rune und darunter in großen Buchstaben und Frakturschrift der Leitspruch der SS „Meine Ehre heißt Treue“.
 
Konsequenzen hatte die „Entdeckung“ der Tattoos zunächst nicht. Sieht man von einer Auflage des Schulamtes ab, der Lehrer möge die Tätowierungen immer vollständig bedecken.
 
Ein halbes Jahr später klopfte eine Kollegin auf einer Klassenfahrt an die Zimmertür des Klägers. Er öffnete. Da er nur mit Boxershorts bekleidet war, war der gesamte Oberkörper sichtbar.
 

Fristlose Kündigung ist wirksam

Das Land Brandenburg kündigte im November 2019 das Arbeitsverhältnis fristlos. Das Landesarbeitsgericht (LAG) Berlin-Brandenburg hatte in zweiter Instanz über diese Kündigung zu entscheiden. Es hat die Kündigung für wirksam erachtet und die Klage des Lehrers abgewiesen.
 
Die Tätowierungen ließen auf eine fehlende Eignung als Lehrer schließen, führte das LAG aus. Zur Eignung als Lehrer gehöre auch die Gewähr der Verfassungstreue. Die Tätowierungen ließen aber auf eine fehlende Verfassungstreue schließen.
 

Keine Distanzierung durch zwischenzeitlich vorgenommene Änderungen

Im Besonderen ging es um den Schriftzug „Meine Ehre heißt Treue“ in Frakturschrift auf dem Oberkörper des Lehrers. Der Kläger hatte sich nachträglich „Liebe Familie“ unterhalb des Hosenbundes stechen lassen. Diese ergänzenden Worte änderten nichts, so das LAG, schon da sie regelmäßig nicht zu sehen seien. Zudem sei für das Vorliegen eines Kündigungsgrundes auf den Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung abzustellen, so dass eine nachträgliche Änderung oder Ergänzung der Tätowierung nicht maßgeblich sei.
 
Auf die strafgerichtliche Verurteilung nach § 86a StGB (Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen) komme es letztlich nicht mehr entscheidend an.
 
Das LAG hat die Revision zum Bundesarbeitsgericht nicht zugelassen.
 
 
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Das sagen wir dazu:

„Meine Ehre heißt Treue“ - dieser Leitsatz der Schutzstaffel (SS) ist verboten. Rechtsextreme Gruppen verwenden die Formulierung als Motto für Aufmärsche. Wer sich solche Tattoos in die Haut stechen lässt, teilt extremistisches Gedankengut und trägt das plakativ nach außen. Daran gibt es keinen Zweifel. Wir teilen die Meinung des LAG, dass Personen mit einer solch manifestierten nationalsozialistischen Gesinnung mangels Verfassungstreue nicht für den Schuldienst geeignet sind.

Die Pressemitteilung des LAG gibt zum Sachverhalt nicht allzu viel her. Doch wer ein bisschen tiefer gräbt, stößt auf weitere Verfahren zwischen dem Land Brandenburg und dem Kläger.

Land Brandenburg war mit einem ersten Kündigungsversuch gescheitert

Interessant ist, dass eine erste Kündigung des Anstellungsverhältnisses vom Februar 2019 gescheitert war. Warum? Das Land Brandenburg hatte diese Kündigung (zunächst) nicht auf eine fehlende Verfassungstreue gestützt. Der Lehrer habe sich nicht daran gehalten, die Tätowierungen zu verbergen. Das war der Vorwurf, der zur Kündigung geführt hatte und auch der Grund, der dem Personalrat genannt worden war. In der Anhörung zur Kündigung hatte man dem Lehrer eine mögliche Abkehr vom Rechtsextremismus zugestanden. Die Arbeitsrichter in erster und zweiter Instanz konnten eine fehlende Verfassungstreue deshalb nicht als Grund für eine Kündigung heranziehen. LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 11.12.2019 - 15 Sa 1496/19
Das Land Brandenburg hatte zwischenzeitlich im August 2019 den berufsbegleitenden Vorbereitungsdienst für vorzeitig beendet erklärt. Dagegen wehrte sich der Lehrer beim Verwaltungsgericht Potsdam. Doch verwaltungsgerichtliche Verfahren ziehen sich lange hin. Der Kläger hatte versucht, über ein Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes zurück in den Vorbereitungsdienst zu kommen, um die zweite Staatsprüfung abzulegen. Damit scheiterte er letztlich in zwei Instanzen. Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg vom 25.02.2020 
Der Lehrer habe durch das Tragen und Zeigen von rechtsextremistischen Tätowierungen grob gegen seine Verfassungstreuepflicht verstoßen.

Im zweiten Anlauf ging das Land Brandenburg die Kündigung des Lehrers anders an und hatte damit Erfolg. Auch hier war es ein wichtiger Punkt, dass der Kläger seine Tattoos öffentlich gezeigt hatte, aber eben nicht das allein.
Eine fehlende Verfassungstreue und damit eine mangelnde Eignung als Lehrer ergibt sich aus dem gesamten Bild. Der Kläger hatte sich die Tattoos nach seinen Angaben vor längerer Zeit stechen lassen, das letzte vor 10 Jahren. Gegenüber der Schulleitung hatte er „eine dunklere Vergangenheit“ angedeutet. Wenn er sich aber tatsächlich wie behauptet von rechtsextremem Gedankengut distanziert hätte, so hätte er ohne auch ohne ein „auf die Finger klopfen“ der Schulleitung penibel darauf geachtet, die Tätowierungen niemals zu zeigen. Oder er hätte sie – was konsequent und einleuchtend wäre - längst entfernen lassen.