Dreimal wurde der Mann innerhalb weniger Wochen positiv auf Corona getestet. © Adobe Stock: A_Bruno
Dreimal wurde der Mann innerhalb weniger Wochen positiv auf Corona getestet. © Adobe Stock: A_Bruno

Die Arbeitsgerichte müssen sich zunehmend mit Entscheidungen der Arbeitgeber auseinandersetzen, die auf die Corona-Pandemie zurückzuführen sind.

 

Eine kleine Auswahl von Urteilen zu rechtsunwirksamen Kündigungen lesen Sie hier:

 

Quarantäne ist kein Kündigungsgrund

 

Ein Geistesblitz zum Wetter

 

Corona allein kann betriebsbedingte Kündigung nicht rechtfertigen

 

Der Fall aus Neubrandenburg

 

Nun sollte auch ein Leiharbeitnehmer, der überwiegend in der Nähe von Neubrandenburg eingesetzt war, seinen Arbeitsplatz verlieren. Er war mehrfach innerhalb von sechs Wochen positiv auf Corona getestet worden. Seiner Arbeit als Schleifer bei einer großen Firma konnte er deshalb einige Wochen lang nicht mehr nachgehen. Bereits in den Monaten zuvor hatte sich der Mann mehrfach einige Tage lang krank gemeldet.

 

Der Chef des Entleihbetriebes meldete ihn schließlich beim Leiharbeitsunternehmen ab. Dort sah man wegen der Positivtests keine weitere Beschäftigungsmöglichkeit für ihn. Es kam zur Kündigung.

 

Die Jurist*innen des DGB Rechtsschutzbüros Neubrandenburg unterstützten den Betroffenen und erhoben Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht.

 

Die Entscheidung des Gerichts

 

Für die Kündigung hatten die Richter*innen des Arbeitsgerichts Stralsund - Kammern Neubrandenburg - kein Verständnis. Hinreichende Kündigungsgründe lägen nicht vor. Wegen Krankheit könne der Arbeitgeber nur kündigen, wenn er zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung davon ausgehen müsse, dass mit weiteren Störungen des Arbeitsverhältnisses zu rechnen sei.

 

Leistungsstörungen in einem erheblichen Umfang habe der Arbeitgeber ebenso wie eine erhebliche Beeinträchtigung betrieblicher und wirtschaftlicher Interessen darzulegen. Die Beklagte habe dazu überhaupt nichts vorgetragen.

 

Warum der Kläger auch angesichts dreier positiver Coronatests künftig nicht mit einem negativen Test habe rechnen können, erschloss sich für das Gericht nicht. Weshalb er später auch nicht mehr hätte arbeiten können, blieb für die Richter*innen ebenfalls unbeantwortet. Da dem Gericht nichts über die Beeinträchtigung wirtschaftlicher und sonstiger betrieblicher Interessen bekannt geworden sei, war die Kündigung unverhältnismäßig.

 

Bleibt zu wünschen, dass der Mann seine Infektion inzwischen überwunden hat und wieder vollständig genesen seiner Arbeit nachgehen kann.

 

Hier geht es zum Urteil des Arbeitsgerichts Stralsund - Kammern Neubrandenburg

 

 

Das sagen wir dazu:

Ganz schön dreist, was der Arbeitgeber hier versucht. Man mag kaum glauben, dass er es nicht doch besser wusste. „Kuriose“ Kündigungen gibt es aber immer wieder, wie die Erfahrung zeigt. Meist geschieht das nach dem Motto: „Man kann es ja mal versuchen“.

 

Es gibt aber auch Arbeitgeber, die nicht einmal die Grundzüge des Kündigungsschutzes kennen. Ob eine krankheitsbedingte Kündigung rechtmäßig ist, ist immer auch an die Dauer der krankheitsbedingten Fehlzeit und eine negative Gesundheitsprognose geknüpft.

 

Da sagt einem oft schon der gesunde Menschenverstand, dass eine Kündigung nicht gerechtfertigt sein kann. Es gab bislang noch keinen Fall einer Corona-infizierten Person, die dauerhaft infektiös geblieben wäre. Hätte der Chef überlegt, wäre ihm auch das in den Sinn gekommen und als Leiharbeitsfirma hätte ihm durchaus bewusst sein müssen, dass er nach Abmeldung seines Mitarbeiters durch den Entleiher zunächst eine andere Einsatzmöglichkeit für seinen Beschäftigten suchen musste.