Der berechtigte Wunsch nach ausreichendem Gesundheitsschutz kann ein Arbeitsverhältnis auch nach 40 Jahren nachhaltig schädigen. Copyright by Adobe Stock/Photocreo Bednarek
Der berechtigte Wunsch nach ausreichendem Gesundheitsschutz kann ein Arbeitsverhältnis auch nach 40 Jahren nachhaltig schädigen. Copyright by Adobe Stock/Photocreo Bednarek

Ab März 2020 befand sich die Klägerin in Kurzarbeit. Sie hatte eine Vereinbarung mit ihrem Arbeitgeber abgeschlossen, wonach sie ihre Arbeit wieder aufnehmen musste, wenn der Arbeitgeber ihr gegenüber die Kurzarbeit für beendet erklärte. Das geschah am 17. April 2020.
 

Die Öffnung von Geschäften war unter Hygieneauflagen möglich

Das Geschäft sollte am 20. April wieder öffnen. Einzelne, genau beschrieben Hygienemaßnahmen musste der Arbeitgeber erfüllen. Das sah die entsprechende Verordnung des Landes vor.
 
Weil die Klägerin jedoch im Kundenkontakt als Verkäuferin arbeitete, bat sie zusätzlich darum, einen Spuckschutz in Form einer Plexiglasscheibe an der Kundentheke zu erhalten.
 

Der Chef wehrte jede Diskussion ab

Der Chef antwortete darauf lapidar, sie bekomme ohnehin Corona und er werde mit ihr nicht das Aufstellen einer Plexiglasscheibe diskutieren. Soweit sie mit den Bedingungen nicht einverstanden sei, könne Sie Urlaub einreichen. Sie solle ihm bis zum Abend Bescheid geben, ob sie am 20. April zur Arbeit erscheine.
 
Daraufhin kam es zu mehreren Telefonaten, auch mit dem Ehemann der Klägerin. Dieser teilte dem Chef mit, seine Frau werde ihre Arbeit am Montag wieder aufnehmen. Das geschah dann allerdings nicht. Die Klägerin war montags krank. Die Gespräche mit dem Chef und dessen mangelndes Verständnis für ausreichenden Gesundheitsschutz hatten sie psychisch stark getroffen.
 

Der Arbeitgeber zahlte nur Kurzarbeitergeld

Der Arbeitgeber zahlte ihr keine Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall, sondern weiterhin Kurzarbeitergeld. Er verwies darauf, die Agentur für Arbeit habe die Kurzarbeit ursprünglich über den 20. April hinaus bewilligt. Deshalb könne die Klägerin nur Kurzarbeitergeld beanspruchen.
 
Damit war die Klägerin nicht einverstanden.
 
Gemeinsam mit ihrer Prozessbevollmächtigten, Elena Schimpf vom DGB Rechtsschutzbüro Koblenz verklagte sie den Chef. Das Gericht machte kurzen Prozess. Der Klägerin stehe die Entgeltfortzahlung in der geltend gemachten Höhe zweifelsfrei zu, meint das Arbeitsgericht.
 

Der Arbeitgeber hatte die Kurzarbeit für beendet erklärt

Für das Gericht war klar, dass der Arbeitgeber die Kurzarbeit für beendet erklärt hatte. Es spiele dabei keine Rolle, ob eventuell noch eine Bewilligung weiterer Kurzarbeit vorgelegen habe.
 
Die Erklärung gegenüber der Klägerin sei dahingehend eindeutig gewesen, dass der Chef die Kurzarbeit beendet habe. Die Vernehmung des Ehemannes der Klägerin habe zweifelsfrei ergeben, dass die Klägerin ihre Arbeit montags wieder aufnehmen wollte. Das ergebe sich auch aus einer WhatsApp-Nachricht des Chefs an die Klägerin.
 

Der Chef hatte eine WhatsApp-Nachricht an die Klägerin geschickt

Der habe nämlich geschrieben „Hallo K., Danke das du am Montag kommst. Wir werden alles tun, damit du gesund bleibst." In der Situation müsse der Arbeitgeber Entgeltfortzahlung leisten, wenn die Klägerin krank werde.
 
Der Arbeitgeber sei nicht berechtigt, die Klägerin für weitere sechs Wochen auf Kurzarbeit zu setzen.
 

Prozess gewonnen, Arbeitsplatz weg

Genutzt hat der Klägerin das aber nichts. Neben der Angst um die eigene Gesundheit ohne ausreichenden Spuckschutz am Arbeitsplatz musste sie nämlich feststellen, dass ihre 40-jährige Beschäftigungsdauer nichts wert war.
 
Der Arbeitgeber kündigte anschließend. Kündigungsschutz gab nicht, weil der Betrieb des Arbeitgebers dafür zu klein war. Allerdings empfand die Klägerin auch das Vertrauensverhältnis zum Arbeitgeber als zu stark geschädigt, um dort noch weiter arbeiten zu können.

Hier geht es zum Urteil