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Bundesarbeitsgericht stellt Jahresbericht vor

Das Bundesarbeitsgericht stellte den Tätigkeitsbericht des vergangenen Jahres vor. Copyright by Dr. Till Bender.
Das Bundesarbeitsgericht stellte den Tätigkeitsbericht des vergangenen Jahres vor. Copyright by Dr. Till Bender.

Traditionell lud die Präsidentin des Bundesarbeitsgerichts Ingrid Schmidt zum Pressegespräch, um den Bericht des vergangenen Jahres vorzustellen. Dabei zog sie Bilanz und blickte zugleich auf das kommende Jahr.

Zu Beginn wies Ingrid Schmidt darauf hin, dass das Bundesarbeitsgericht in diesem Jahr seit zwanzig Jahren in Erfurt residiert. Sie bewertete den Umzug aus Kassel als ein Stück gelungene Wiedervereinigung, auf das man durchaus stolz sein könne.
 

Urlaubsrecht wird weiterentwickelt

Nur wenige Tage nach dem spektakulären Urteil zum Urlaubsrecht (Arbeitgeber müssen Arbeitnehmer vor Urlaubsverfall warnen), kündigte Präsidentin Schmidt an, dass in diesem Bereich weitere Urteile anstünden. So habe der zuständige 9. Senat die Fragen zu entscheiden, ob, auch während eines mehrjährigen unbezahlten Sonderurlaubs oder während der Elternzeit zwingend Urlaub entsteht.
 
Auch die Digitalisierung beschäftigt das Gericht weiterhin: Im März wird der 3. Senat über die Frage entscheiden, ob der Arbeitgeber eine Kündigung darauf stützen kann, dass ein Arbeitnehmer ihn in einer E-Mail beleidigt hat. Kollektivrechtlich wird zu klären sein, ob der Betriebsrat bei der Einrichtung eines Twitter-Accounts mitbestimmen darf.
 
Im Hinblick auf die nun geltende Datenschutzgrundverordnung erwartet Schmidt Urteile zum Umfang des Auskunftsersuchens für Betriebsräte, etwa über Schwangerschaften, und zu Mitteilungspflichten im Rahmen des Betrieblichen Eingliederungsmanagements.
 
Des Weiteren steht eine Entscheidung des 8. Senats an, ob eine Landtagsfraktion ein öffentlicher Arbeitgeber ist. Wenn dies der Fall ist, muss sie schwerbehinderte Bewerber zu einem Vorstellungsgespräch einladen. Es droht dann ein Schadensersatz.
 

Schmidt: „Viele Gesetze brauchen Beipackzettel“

Insbesondere mit Blick auf das stark gewandelte Urlaubsrecht kritisierte Schmidt, es sei für den unbefangenen Leser des Gesetzestextes zunehmend schwieriger, die Rechtslage zu erkennen, weil diese inzwischen durch die Rechtsprechung weiterentwickelt sei.
 
Schmidt: „Die Rechtslage ist mit einem Blick ins Gesetz nicht mal ansatzweise zu erkennen“. Scherzhaft empfahl sie, Gesetzestexte nur mit erläuternden Beipackzetteln zu veröffentlichen.
 
Auch bei der Einführung der 40-Euro-Pauschale habe sich der Gesetzgeber nicht geschickt angestellt. Da das Arbeitsrecht in den Beratungen keine Rolle gespielt habe, sei es schwer möglich, die Anwendung im Arbeitsrecht anzunehmen. (Keine Verzugskostenpauschale für Arbeitnehmer)
 

Arbeitszeit und Arbeitskampf im Fokus

Betrachte man das zurückliegende Jahr, so seien insbesondere Entscheidungen zur Arbeitszeit von großer Relevanz gewesen. Schmidt verwies beispielhaft auf die Urteile zu Umkleidezeiten (Urteil vom 25. April 2018) und Wegezeiten (Urteil vom 25. April 2018).
 
Eine große Rolle habe auch das Arbeitskampfrecht gespielt. So habe das Gericht geurteilt zur Zulässigkeit einer Streikbruchprämie (Urteil vom 14. August 2018), zum Streik auf dem Firmenparkplatz (Urteil vom 20. November 2018) und zum Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats bei Nacharbeit von streikbedingt entfallener Arbeitszeit (Urteil vom 20. März 2018).
 
Von der Öffentlichkeit besonders wahrgenommen worden seien die Entscheidungen zur Befristung im Profifußball (Urteil vom 16. Januar 2018) und zur Begünstigung von Betriebsräten (Urteil vom 21. März).
 

BAG erreicht Geschlechterparität

Als einziges Bundesgericht hat das BAG inzwischen eine hälftige Besetzung der Stellen für Frauen und Männer erreicht, wie Schmidt ausdrücklich betonte. Das Gericht sei insgesamt jünger und weiblicher geworden.
 
So sind im letzten Jahr fünf Richter in Pension gegangen, darunter die drei Senatsvorsitzenden Fischrmeier, Eylert und Brühler.
 
Durch die Neubesetzungen mit den Richterinnen Spelge und den Richtern Treber und Kiel ist nun eine hälftige Teilung zwischen Männern und Frauen auf dieser Ebene erreicht. Auch bei den übrigen Senatsmitgliedern besteht annähernd Parität (57 Prozent Männer, 43 Prozent Frauen).
 

Fallzahlen rückläufig

Im Jahre 2018 sind beim Bundesarbeitsgericht deutlich weniger neue Verfahren eingegangen, als noch im Jahr zuvor. Waren es 2017 noch 2.032 Verfahren, so belief sich die Zahl 2018 nur noch auf 1.852. Das entspricht einem Rückgang um 8,86 Prozent.
 
Aufgrund dieses Rückgangs verkürzte sich die Dauer der Verfahren beim Bundesarbeitsgericht auf durchschnittlich sieben Monate und 23 Tage. Dies entspricht einer Verkürzung der Verfahrensdauer um durchschnittlich einen halben Monat.
 
Gleichzeitig konnte das Gericht den Bestand anhängiger Verfahren von fast 2.500 auf unter 2.000 reduzieren.
 
Die gesunkene Erfolgsquote von 23,68 Prozent bei den Revisionen (Vorjahr 29,08 Prozent) führte Schmidt insbesondere auf die gute Arbeit der Instanzgerichte zurück, an der es nur wenig zu korrigieren gebe. Die deutlich geringere Erfolgsquote von 5,85 Prozent bei Nichtzulassungsbeschwerden erklärte sich Schmidt mit den besonderen Anforderungen dieses Rechtsbehelfs.
 

Betriebsrenten erstmals wichtigstes Rechtsgebiet

Erstmals machen Beendigungsstreitigkeiten nicht den größten Anteil der neuen Verfahren aus: Ihr Anteil liegt zwar mit 19,01 Prozent immer noch sehr weit oben, sie haben ihren Spitzenplatz jedoch an den Bereich Ruhegeld verloren, der 2018 19,22 Prozent ausmachte.
 
In Zeiten des Fachkräftemangels sei es für Arbeitgeber schwieriger, Beschäftigte zu kündigen oder auch nur befristet einzustellen.
 
Die Zunahme der Betriebsrentenstreitigkeiten erklärte Präsidentin Schmidt mit der zunehmenden Verzahnung der Konzerne; es komme vermehrt zu Ablöseproblemen und Streitigkeiten um die Anpassung der Rente. Zudem seien bei derartigen Verfahren immer eine große Menge Menschen betroffen.

Hier gehts zu Jahresbereicht 2018: