Ärztliche Untersuchungsanordnung nicht ohne Schwerbehindertenvertretung. Copyright by Franz Pfluegl /Fotolia
Ärztliche Untersuchungsanordnung nicht ohne Schwerbehindertenvertretung. Copyright by Franz Pfluegl /Fotolia

Die Schwerbehindertenvertretung ist in allen Angelegenheiten, die einen Einzelnen oder die schwerbehinderten Menschen als Gruppe berühren, umfassend und unverzüglich zu unterrichten und vor einer Entscheidung anzuhören. Dies gibt das Gesetz vor.
 
Weiter ist gesetzlich geregelt, dass die Pflicht zur Unterrichtung und Anhörung der Schwerbehindertenvertretung in allen Fällen besteht, in denen ein schwerbehinderter Mensch von einer beabsichtigten Entscheidung betroffen ist. Die Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung gilt ausdrücklich auch für Beamte.
 
Antragsteller im Verfahren beim OVG war ein Beamter mit einem Grad der Behinderung von 100. Der Beamte hatte eine Aufforderung erhalten, sich wegen Zweifeln an seiner Dienstfähigkeit ärztlich untersuchen zu lassen.
 

Untersuchungsanordnung greift in Persönlichkeitsrechte ein

Das OVG führt hierzu aus, es handele sich hierbei um eine solche „Entscheidung“ im Sinne des Gesetzes. Hierzu gehöre nämlich auch die Anordnung einer amtsärztlichen Untersuchung. Dies gelte selbst dann, wenn hieraus nicht unmittelbar Auswirkungen auf das Beamtenverhältnis aufträten. Die Aufforderung greife jedoch in das verfassungsrechtlich geschützte Persönlichkeitsrecht des Betroffenen ein.
 
Die Untersuchungsanordnung sei außerdem auch einer von mehreren Schritten im Entscheidungsprozess hin zur Versetzung in den Ruhestand.
 
In diesem Falle war nach den gesetzlichen Bestimmungen die Schwerbehindertenvertretung zu hören. Die Anhörung und Unterrichtung ist dabei an gewisse Voraussetzungen geknüpft.
 

Umfassende Unterrichtung erforderlich

Im vorliegenden Falle fehle es bereits an der umfassenden Unterrichtung der Schwerbehindertenvertretung, so das OVG. Eine Unterrichtung müsse immer Angaben zu der Art der beabsichtigten Maßnahme und den hierfür maßgeblichen Erwägungen des Dienstherrn umfassen.
 
Die Schwerbehindertenvertretung müsse aufgrund der konkret mitgeteilten Tatsachen in die Lage versetzt werden, sich mit dem Sachverhalt auseinander zusetzen.
 
Entsprechendes war vorliegend nicht geschehen. Hinzu kam im streitigen Fall, dass der Antragsteller des Verfahrens eine Aufforderung zur fachärztlichen Untersuchung erhielt. Die Schwerbehindertenvertretung war auch hierüber nicht unterrichtet. Durch diese unzutreffende Information war aus Sicht des Gerichts die Schwerbehindertenvertretung auch nicht in der Lage, die ihr gesetzlich auferlegten Pflichten sachgerecht wahr zu nehmen.
 

Fehlerhafte Unterrichtung führt zur Rechtswidrigkeit

Die fehlerhafte Unterrichtung und Anhörung führte damit zur Rechtswidrigkeit der Untersuchungsaufforderung. Dies stellt nach den Ausführungen des Gerichts einen Verfahrensverstoß dar. Dieser führt zur Rechtswidrigkeit der Entscheidung.
 
Einer rechtswidrigen Untersuchungsaufforderung muss der Beamte nicht folgen.
 
Problematisch ist in solchen Fällen jedoch der Zeitablauf. Die Rechtswidrigkeit der Gutachtenanordnung ist nach Erstellung des Gutachtens nämlich ohne Bedeutung. Würde der*die Beamte*in jedoch verpflichtet, zunächst ein ganz normales Rechtsmittelverfahren durchzuführen, wäre das Gutachten längst erstellt.
 
Für solche Fälle bekräftigte das OVG nun ausdrücklich die Zulässigkeit eines Antrages auf Erlass einer einstweiligen Anordnung, um unmittelbar vor dem angesetzten Untersuchungstermin eine abschließende gerichtliche Prüfung durchführen zu können.
 
Bei bevorstehenden Zurruhesetzungsverfahren kann diese Möglichkeit durchaus hilfreich für die weitere Gestaltung des Beamtenverhältnisses sein.
 
Hier geht es zum Beschluss des Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg vom 15.11.2017 - OVG 4 S 26.17 im Volltext

 
Zur Aufforderung an Beamt*innen, sich untersuchen zu lassen, vergleiche unseren Artikel vom 18.01.2018: