Verletzungen von Dienstpflichten können die Entfernung aus dem Dienst begründen.
Verletzungen von Dienstpflichten können die Entfernung aus dem Dienst begründen.


Der Sachverhalt

In Diensten der Deutschen Telekom AG und deren Tochterunternehmen stehen noch etliche Beamte der Deutschen Bundespost. Ein Teil der Beamten ist unter Fortfall der Bezüge beurlaubt. Etliche beurlaubte Beamte werden in der Privatwirtschaft als Angestellte beschäftigt. Als Beamte auf Lebenszeit behalten sie ihr Statusamt, nach dem sich auch die Höhe ihrer Ruhestandsbezüge richtet. Seit Jahren gibt es Rechtsstreite in Zusammenhang mit den dienstlichen Beurteilungen und den Beförderungsmöglichkeiten dieser Beamten. Beamte werden grundsätzlich nach den Prinzipien Eignung, Leistung und Befähigung befördert. Grundlage ist jeweils die aktuelle dienstliche Beurteilung. Auch die beurlaubten Beamten haben Anspruch, dienstlich beurteilt zu werden und dürfen nicht von Beförderungsmöglichkeiten ausgeschlossen werden.

Für 2016 war wie in den Vorjahren bei der Deutschen Telekom AG eine „Beförderungsrunde“ vorgesehen.  Es waren 30 Planstellen der Besoldungsgruppe A 13 „vz“ (= Verzahnungsamt) zu vergeben. Für diese Planstellen waren die 30 am besten beurteilten Beamtinnen und Beamten der Besoldungsgruppe A 12 vorgesehen. Die Reihung auf dieser Liste wurde anhand der letzten Regelbeurteilungen für die Zeit vom 1. November 2013 bis 31. August 2015 vorgenommen.

Ein Beamter im Statusamt eines Fernmeldeamtsrats (Besoldungsgruppe A 12) war nicht in diese Liste aufgenommen worden mit der Begründung, er sei nur mit der Note „gut“ beurteilt worden. Die auf der Beförderungsliste stehenden Beamtinnen und Beamten seien alle mit „hervorragend“ beurteilt gewesen. Er sei daher nach dem Prinzip „Eignung, Leistung und Befähigung“ nicht zur Beförderung vorgesehen.

Der Beamte ist seit einigen Jahren beurlaubt und bei einem privatem Unternehmen beschäftigt. Hier verrichtet er Tätigkeiten einer Tarifgruppe, die in etwa der Besoldungsgruppe A12 entspricht. Vom 1. Januar 2015 bis zum 31. August 2015 hatte er allerdings eine höherwertige Tätigkeit entsprechend der Besoldungsgruppe A 13 inne.

Der Beamte hat sich gegen die Ablehnung der Beförderung gewehrt und unter anderem beim Verwaltungsgericht Lüneburg (VG) einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt. Er wollte dadurch erreichen,  dass der Telekom untersagt wird, die im Zuge der Beförderungsrunde 2016 zugewiesenen Beförderungsplanstellen mit den 30 ausgewählten Beamten zu besetzen. 

Diesen Antrag hatte das VG mit Beschluss vom 12. April 2017 abgelehnt. Das Oberverwaltungsgericht Lüneburg (OVG) hat dem Beamten in zweiter Instanz mit Beschluss vom 01.12.2017 Recht gegeben. Der Telekom ist es nunmehr untersagt, die auf der Liste stehenden Beamten zu befördern, solange nicht über die Beförderung des Antragstellers unter Beachtung der Rechtsauffassung des OVG bestandskräftig entschieden worden ist. 

Das OVG hielt die dem Beamten für die Zeit vom 1. November 2013 bis 31. August 2015 erteilte dienstliche Regelbeurteilung für nicht rechtmäßig. Daher war auch die Auswahlentscheidung für die Besetzung der Beförderungsstellen nicht in Ordnung.

Rechtlicher Hintergrund

Die Beförderung eines Beamten setzt voraus, dass es auch ein zu besetzendes Beförderungsamt gibt, also einen Dienstposten, auf dem der Beamte versetzt werden kann. Grundsätzlich hat dann jeder Beamte das Recht, sich für den Dienstposten zu bewerben. In aller Regel gibt es aber mehrere Bewerber für ein solches Amt. Das Grundgesetz schreibt in Artikel 33 Absatz 2 vor, dass die Auswahl unter den Bewerbern nur nach den Kriterien Eignung, Befähigung und Leistung zu erfolgen hat. Insoweit ist die letzte Regelbeurteilung heranzuziehen.

Weder die Beurteilung noch die Auswahl der Bewerber kann dabei von einem Gericht vorgenommen werden. Das dürfen allein die dazu  bestimmten Dienstvorgesetzten. Hinsichtlich der Auswahl kann der Beamte nur seinen sogenannten „Bewerbungsverfahrensanspruch“ geltend machen. Die Gerichte überprüfen also nur, ob das Bewerbungsverfahren den Vorschriften entsprechend durchgeführt worden ist. Das Verfahren ist unter anderem dann nicht ordnungsgemäß, wenn die dem Beamten erteilte Beurteilung fehlerhaft ist. Deshalb wird häufig in Verfahren, in denen es um den Bewerbungsverfahrensanspruch geht, die letzte Beurteilung mit angegriffen. Ist diese nämlich rechtswidrig, spricht einiges dafür, dass auch das Bewerbungsverfahren nicht in Ordnung gewesen ist.

Die Ablehnung des Beamten bzw. die Mitteilung an ihn, nicht für die Bewerbung vorgesehen zu sein, stellt einen Verwaltungsakt dar, der zunächst mit einem Widerspruch angegriffen werden muss. Erst nach Zurückweisen des Widerspruchs kann Klage vor dem Verwaltungsgericht erhoben werden. Das dauert alles sehr lange. Die Rechtsprechung ist darin einig, dass eine bereits erfolgte Beförderung nicht rückgängig gemacht werden kann. Das hat zur Folge, dass ein im Bewerbungsverfahren unterlegener Beamte seinen Anspruch gar nicht mehr durchsetzen kann. Sein Bewerbungsverfahrensanspruch ist gleichsam untergegangen.

Damit das nicht passiert, sieht das Gesetz den einstweiligen Rechtsschutz vor. Der Beamte kann beim Verwaltungsgericht beantragen, seinem Dienstherrn aufzugeben, die Stelle nicht endgültig zu besetzen, bis in der Hauptsache entschieden ist. Im Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung muss er glaubhaft machen, dass sein Bewerbungsverfahrensanspruch verletzt worden ist.

Die Begründung des OVG Lüneburg 

Nach Auffassung des OVG war die letzte Regelbeurteilung aus zwei Gründen nicht rechtmäßig:

Erstens wurde die vom Beamten zeitweise verrichtete höherwertige Tätigkeit nicht nachvollziehbar berücksichtigt. Zweitens ist die Beurteilung auch rechtswidrig, weil sie von einer Erstbeurteilerin erstellt wurde, die ein niedrigeres Statusamt (Besoldungsgruppe A 11) als der Antragsteller (Besoldungsgruppe A 12) innehat.

Das Gericht hat zunächst klargestellt, 

  • dass dienstliche Beurteilungen nur eingeschränkt überprüfbar sind mit der Folge, dass sich die verwaltungsgerichtliche Rechtmäßigkeitskontrolle darauf beschränken müsse, ob die Verwaltung den anzuwendenden Begriff oder den gesetzlichen Rahmen, in dem sie sich frei bewegen kann, verkannt habe, 
  • ob sie von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen sei, 
  • allgemeingültige Wertmaßstäbe nicht beachtet, 
  • sachfremde Erwägungen angestellt oder 
  • gegen Verfahrensvorschriften verstoßen habe. 

Bei der Beurteilung des Antragstellers ist nach Auffassung des Gerichts  die Gesamtnote nicht plausibel begründet worden. Es sei lediglich pauschal erklärt worden, dass die höherwertige Tätigkeit berücksichtigt worden sei, ohne anzugeben, wie die damit verbundenen gesteigerten Anforderungen und die höhere Verantwortung sich auf die Beurteilung niederschlagen habe. Vielmehr habe die Beurteilerin den Beamten hinsichtlich der höherwertigen Tätigkeit gleich bewertet wie hinsichtlich der übrigen Tätigkeit, ohne das plausibel zu erklären. Erst durch die Ausführungen einer textlichen Begründung werde erkennbar, wie das Gesamturteil aus den Einzelbewertungen hergeleitet und welches Gewicht den einzelnen Gesichtspunkten gegeben worden sei. Das sei hier nicht der Fall.

Die Beurteilung ist nach Auffassung des OVG aber auch rechtswidrig, weil der Beamte von einer Beamtin in einem niedrigeren Statusamt beurteilt worden ist.

Der Dienstherr könne zwar im Rahmen seiner organisatorischen Gestaltungsfreiheit bestimmen, durch wen er die Aufgabe der dienstlichen Beurteilung der Beamten wahrnehme. Das müsse auch nicht zwingend durch den Dienstvorgesetzten geschehen. Der Dienstherr dürfe aber bei der Bestimmung, durch wen er die Aufgabe der dienstlichen Beurteilung wahrnehme, im Interesse des beurteilten Beamten nur sachgerecht vorgehen. Hieraus folge, dass er den sachlichen Zusammenhang dieser Aufgabe mit der Wahrnehmung der Dienst- und Fachaufsicht nicht außer Acht lassen dürfe. Dieser Zusammenhang schließe als Beurteiler grundsätzlich solche Beamte aus, die ein niedrigeres Statusamt innehaben als der zu beurteilende Beamte.

Hier geht es zur vollständigen Entscheidung des Oberverwaltungsgericht Oldenburg vom 01.12.2017