Wer Aufgaben der Personalvertretung wahrnimmt, ist zur Verschwiegenheit verpflichtet. Copyright by Adobe Stock/blende11.photo
Wer Aufgaben der Personalvertretung wahrnimmt, ist zur Verschwiegenheit verpflichtet. Copyright by Adobe Stock/blende11.photo

Wissen Sie auch nicht, was ein Samtgemeindebürgermeister ist? Das ist der Bürgermeister einer Samtgemeinde. Klingt hübsch, ist aber doch nur eine kommunale Besonderheit in Niedersachsen. Gemeinden können sich dazu freiwillig zusammenschließen, um Aufgaben zu bündeln und ihre Verwaltungskraft zu stärken.
 
Die Samtgemeinde, um die es hier geht, hat einen siebenköpfigen Personalrat. Ein Kopf davon sollte rollen.
 

Gemeinde stellt Antrag auf Ausschluss der Personalrätin

Das Niedersächsische Personalvertretungsgesetz regelt die Möglichkeit, ein Mitglied des Personalrats durch gerichtliche Entscheidung auszuschließen. Einen solchen Antrag kann neben dem Personalrat auch die Dienststelle stellen.
 
Die Angestellte habe sich schwerer Verletzungen ihrer Pflichten aus dem Personalvertretungsrecht schuldig gemacht, hieß es im Antrag an das Verwaltungsgericht Lüneburg.
Konkret soll sie im Anschluss an eine Sitzung des Personalrats Informationen über eine Höhergruppierung einer Mitarbeiterin an eine Kollegin weitergegeben haben. Die soll es einem anderen Kollegen erzählt und dieser dann den Abteilungsleiter angesprochen haben. So die Geschichte aus Sicht des Arbeitgebers.
 

Verstoß gegen die Schweigepflicht?

Wer Aufgaben der Personalvertretung wahrnimmt, ist zur Verschwiegenheit verpflichtet. Die Gemeinde stützte den Antrag beim Verwaltungsgericht darauf, dass diese Schweigepflicht elementar für eine vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen Dienststelle und Personalrat sei.
 
Das sieht die Personalrätin ebenso und versichert, keine Angelegenheiten des Personalrats weitergegeben zu haben. Nach der Sitzung habe sie mit zwei Mitgliedern des Personalrats über eine Höhergruppierung gesprochen, die zuvor Thema war. Mit einer anderen Arbeitskollegin habe sie mal allgemein über das Thema Höhergruppierung, aber nicht über konkrete Fälle gesprochen.
 

Personalrätin wird im Amt bestätigt

Die Sitzung des Personalrats, nach deren Ende angeblich gegen die Pflicht zur Verschwiegenheit verstoßen wurde, war im Mai 2019. Die Dienststelle hatte etwa zwei Monate danach den Antrag auf Ausschluss gestellt. Doch ein Verfahren beim Verwaltungsgericht kann sich hinziehen. So war es auch hier.
 
Im März 2020 trat ein neu gewählter Personalrat zusammen. Das war verfahrenstechnisch ein Problem für den Arbeitgeber. Der DGB Rechtsschutz Hamburg wandte gegen den Antrag der Gemeinde ein, aus dem alten Personalrat könne ein Ausschluss nicht mehr erfolgen, weil dieser gar nicht mehr im Amt ist.
 
Was passierte dann? Kurzerhand beantragte die Gemeinde, das Mitglied des Personalrats aus dem neu gewählten Personalrats auszuschließen.
 

Termin beim Verwaltungsgericht ohne Beweiserhebung

Als sich die Personalrätin und der Erste Samtgemeinderat bei Gericht gegenübersaßen, waren nicht einmal mehr Zeugen zu hören. Das gab das Gericht nach einer Zwischenberatung bekannt. Denn durch die Neuwahl des Personalrats sei das Rechtsschutzinteresse für das Verfahren entfallen. Das gelte nicht nur für den Ausschluss aus dem alten Personalrat, sondern auch aus dem neu gewählten Personalrat.
 
Nach dem Bundesverwaltungsgericht könne ein Ausschluss aus dem neuen Personalrat nicht allein darauf geschützt werden, dass das betreffende Personalratsmitglied in der abgelaufenen Amtsperiode des alten Personalrats ein Pflichtverstoß begangen habe. An dieser Rechtsprechung ändere sich auch nichts, wenn das betreffende Personalratsmitglied in den neuen Personalrat wiedergewählt wird.
Zu einer anderen Bewertung könne man allenfalls dann gelangen, so die Lüneburger Richter*innen, wenn der Pflichtverstoß andauern oder weitere aktuelle Pflichtverstöße vorliegen würden.
 
Beides traf hier nicht zu. Dem Prozessbevollmächtigten der Samtgemeinde blieb nichts anderes übrig, als den Antrag zurückzunehmen.

Rechtliche Grundlagen

Niedersächsisches Personalvertretungsgesetz(NPersVG)
§ 24 Ausschluss eines Mitgliedes und Auflösung des Personalrats durch gerichtliche Entscheidung
1Auf Antrag eines Viertels der Wahlberechtigten oder einer in der Dienststelle vertretenen Gewerkschaft kann das Verwaltungsgericht den Ausschluss eines Mitgliedes aus dem Personalrat oder die Auflösung des Personalrats wegen grober Vernachlässigung seiner gesetzlichen Befugnisse oder wegen grober Verletzung seiner gesetzlichen Pflichten beschließen. 2Der Personalrat kann aus den gleichen Gründen den Ausschluss eines Mitgliedes beantragen. 3Die Dienststelle kann den Ausschluss eines Mitgliedes aus dem Personalrat oder die Auflösung des Personalrats wegen grober Verletzung seiner gesetzlichen Pflichten beantragen.

Bundespersonalvertretungsgesetz
§ 10 Schweigepflicht
(1) Personen, die Aufgaben oder Befugnisse nach diesem Gesetz wahrnehmen oder wahrgenommen haben, haben über die ihnen dabei bekanntgewordenen Angelegenheiten und Tatsachen Stillschweigen zu bewahren.

Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD)
§ 3 Allgemeine Arbeitsbedingungen
(1) Die Beschäftigten haben über Angelegenheiten, deren Geheimhaltung durch gesetzliche Vorschriften vorgesehen oder vom Arbeitgeber angeordnet ist, Verschwiegenheit zu wahren; dies gilt auch über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses hinaus.