Ein Soldat hatte auf Facebook einen Kommentar mit strafbarem Inhalt veröffentlicht. Die Anwaltskosten aus den Strafverfahren kann er steuerlich geltend machen. Copyright: @Adobe Stock – Aleksei
Ein Soldat hatte auf Facebook einen Kommentar mit strafbarem Inhalt veröffentlicht. Die Anwaltskosten aus den Strafverfahren kann er steuerlich geltend machen. Copyright: @Adobe Stock – Aleksei

Wer in Zusammenhang mit einer selbst begangenen strafbaren Handlung einen Anwalt benötigt, muss in der Regel auch dessen Kosten tragen. Jedenfalls, wenn man ihm nachweist, dass er die Straftat auch schuldhaft begangen hat.

Hat die/der Betreffende ein Erwerbseinkommen, können diese Kosten steuerrechtlich auch nicht ohne Weiteres vom Einkommen abgesetzt werden. Zumeist handelt es sich nämlich um Kosten, die der privaten Lebensführung zuzuordnen und deshalb nicht abzugsfähig sind.

 

Rechtsverfolgungskosten aus arbeitsrechtlichen Streitigkeiten können im Zusammenhang mit den Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit stehen

Der Bundesfinanzhof (BFH) als höchstes Gericht in steuerrechtlichen Verfahren entscheidet allerdings regelmäßig, dass Rechtsverfolgungskosten aus bürgerlich-rechtlichen oder arbeitsrechtlichen Streitigkeiten, die ein Arbeitsverhältnis und die Ansprüche daraus betreffen, im Zusammenhang mit den Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit stehen.

 

Ausnahmsweise können auch strafbare Handlungen, die in Zusammenhang mit einer beruflichen Tätigkeit stehen, Erwerbsaufwendungen begründen und steuerlich als Werbungskosten abzugsfähig sein. Insoweit reicht jedoch nicht ein bloßer abstrakter Kausalzusammenhang in dem Sinne, dass die fragliche Straftat ohne die Ausübung der beruflichen Tätigkeit nicht stattgefunden hätte („conditio sine qua non“). Werbungskosten müssen vielmehr in einem steuerrechtlich anzuerkennenden wirtschaftlichen Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit stehen. Der BFH lässt Anwaltskosten als Werbungskosten gelten, wenn der Gegenstand des Prozesses objektiv mit der Einkunftsart zusammenhängt, in deren Rahmen die Aufwendungen geltend gemacht werden. Der Zusammenhang darf nicht lediglich nach den Vorstellungen des Steuerpflichtigen bestehen.

 

Sind Anwaltskosten in einem Disziplinarverfahren abzugsfähig, das mit einem Strafverfahren in Zusammenhang steht?

Das Finanzgericht Köln hatte kürzlich einen Fall zu entscheiden, in dem es darum ging, ob ein Soldat Rechtsanwaltskosten für seine Verteidigung im Disziplinarverfahren als Werbungskosten geltend machen kann. Er hatte auf Facebook einen Kommentar mit strafbarem Inhalt veröffentlicht und wurde durch rechtskräftiges Urteil eines Amtsgerichts wegen öffentlicher Aufforderung zu Straftaten schuldig gesprochen. Der Post stand in Zusammenhang mit einem zu erwartenden Disziplinarverfahren, in dem Degradierung oder sogar Entfernung aus dem Dienst drohte. Für seine Vertretung in dem Disziplinarverfahren durch einen Rechtsanwalt musste der Soldat Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.785,00 € aufwenden.

 

Das Finanzamt berücksichtigte die Anwaltskosten nicht als Werbungskosten

In seiner Einkommensteuererklärung beantragte er, Rechtsanwaltskosten als außergewöhnliche Belastungen abzuziehen. Zugleich legte er dem Finanzamt ein Schreiben seines Anwaltes vor, nach dem in dem Wehrdisziplinarverfahren die Entfernung aus dem Dienstverhältnis im Raume gestanden habe und die daraus resultierenden Kosten unmittelbar mit den disziplinarrechtlichen Ermittlungen zusammenhängen würden. Es habe eine den Lebensunterhalt massiv bedrohende Belastung bestanden.

Das Finanzamt berücksichtigte die Anwaltskosten nicht. Es war der Auffassung, dass Aufwendungen für ein Disziplinarverfahren grundsätzlich Werbungskosten sein könnten. Jedoch seien vorliegend die Voraussetzungen dafür nicht erfüllt, weil die erwerbsbezogene Veranlassung fehle. Die vorgeworfene Tat müsse ausschließlich und unmittelbar aus der beruflichen Tätigkeit heraus erklärbar sein und die schuldhafte Handlung im Rahmen der beruflichen Aufgabenerfüllung liegen.

 

Das Finanzgericht Köln gab dem Soldaten indessen Recht. Zwar seien die Kosten mittelbar zurückzuführen auf seine Kommentare unter seinem persönlichen Facebook-Konto, ohne die das Disziplinarverfahren nicht eröffnet worden wäre und die zweifelsfrei als privates Handeln des Soldaten zu beurteilen seien.

 

Es kommt nach Auffassung des Gerichts nicht darauf an, ob dem Steuerpflichtigen der „auslösende Moment“ persönlich vorzuwerfen ist

Unmittelbar seien sie jedoch durch die Entscheidung ausgelöst worden, sich gegen die im Rahmen des Disziplinarverfahrens erhobenen Vorwürfe und die drohenden Konsequenzen zu verteidigen, um Schaden für sein Dienstverhältnis und dienstrechtliche Konsequenzen abzuwenden. Damit habe die kostenverursachende Vertretung durch den Rechtsanwalt dazu gedient, seine berufliche Stellung als Soldat mit dem jeweiligen Dienstgrad und damit der Einnahmen aus dem Dienstverhältnis zu erhalten.

Es könne dabei nicht darauf ankommen, ob der ursprünglich auslösende Moment des Facebook-Posts dem Soldaten persönlich vorzuwerfen sei. Würde man hierauf abstellen, würde vorsätzliches oder fahrlässiges regelwidriges Verhalten, das stets eine persönliche Komponente in sich trage, durchweg als „privat veranlasst“ einer steuerlichen Berücksichtigung entgegenstehen. Steuerliche Folgen eines tatbestandmäßigen Handelns seien jedoch nicht an eine zusätzliche moralische Wertung geknüpft. Dies ergebe sich aus den gesetzlichen Vorschriften, die Ausfluss des objektiven Nettoprinzipes seien und regelkonformes Verhalten grundsätzlich nicht als Tatbestandsvoraussetzung für den Betriebsausgaben- oder Werbungskostenabzug beinhalteten.

 

Die steuerliche Berücksichtigung jeglicher Einnahmen und Ausgaben im Zusammenhang mit einem nach außersteuerlichen Normen missbilligten Verhalten ist nicht ausgeschlossen

Das würde auch durch § 40 Abgabenordnung (AO) zum Ausdruck kommen. Diese Vorschrift bestimmt, dass für es die Besteuerung unerheblich ist, ob ein Verhalten, das den Tatbestand eines Steuergesetzes ganz oder zum Teil erfüllt, gegen ein gesetzliches Gebot oder Verbot oder gegen die guten Sitten verstößt.

Es sei deshalb nicht so, meint das FG, dass die steuerliche Berücksichtigung jeglicher Einnahmen und Ausgaben im Zusammenhang mit einem nach außersteuerlichen Normen missbilligten Verhalten ausgeschlossen sei. Das sei vielmehr dann der Fall, wenn der Steuergesetzgeber ein solches Verbot positiv regele. Die Einheit der Rechtsordnung gebiete es nicht, dass das Verbot auch für die übrigen Fälle missbilligenden Verhaltens gelte. Eine positive Regelung gebe es in Form der Abzugsverbote für Geldbußen, Ordnungsgelder und Verwarnungsgelder und für damit zusammenhängende Aufwendungen. Es gebe sie auch für Geldstrafen, strafähnliche vermögensrechtliche Rechtsfolgen und für damit zusammenhängende Aufwendungen.

 

Es spricht regelmäßig eine Vermutung für eine berufliche Veranlassung von Aufwendungen, wenn diese dadurch entstanden sind, dass sich allein Zivil- und Arbeitsgerichte mit einer Angelegenheit befasst haben

Der Gesetzgeber habe also erkannt, dass Sanktionen für nicht regelkonformes Handeln und mit ihnen zusammenhängende Aufwendungen durchaus tatbestandsmäßig Betriebsausgaben oder Werbungskosten sein könnten. Er würde sie jedoch nicht zum Abzug zulassen, weil sie sich nach seiner Wertung nicht steuermindernd auswirken und ihren eigenen Effekt dadurch mittelbar mildern sollten. Es ergebe sich auch kein Widerspruch zu den in anderen Gebieten der Rechtsordnung zum Ausdruck kommenden Werten.

Insbesondere widerspräche das nicht den Strafgesetzen. Bei den steuerlichen Vorschriften ginge es nämlich nur um die mittelbaren Folgekosten für ein Tun, das unsere Rechtsordnung missbillige. Sie selbst hätten keinen bestrafenden Charakter. Nach der Rechtsprechung des BFH spreche regelmäßig eine Vermutung für eine berufliche Veranlassung von Aufwendungen, wenn diese dadurch entstanden seien, dass allein Zivil- und Arbeitsgerichte mit einer Angelegenheit befasst worden seien und es nicht nur zu keinem strafgerichtlichen Verfahren, sondern nicht einmal zu strafrechtlichen Ermittlungen der Staatsanwaltschaft käme. Das FG verstehe diese Auffassung des BFH nicht dahingehend, dass in allen anderen Konstellationen die Verfahrenskosten der Lebensführung zuzurechnen seien.

 

Es kommt nach Auffassung des FG nicht darauf an, wie berechtigt der strafrechtliche Vorwurf ist

Der BFH weise selbst darauf hin, dass nicht allein schon ein subjektiver Handlungsvorwurf den objektiven Zusammenhang zwischen Aufwendungen und Berufstätigkeit ausschließe. Das gelte insbesondere, wenn der Steuerpflichtige sich gegen unberechtigte Anschuldigungen und Vorwürfe seines Arbeitgebers zur Wehr setze und die Vorwürfe nicht positiv festgestellt seien. Hieraus zog das FG nicht den Umkehrschluss, dass es für einen Zusammenhang mit der Erwerbssphäre darauf ankäme, wie berechtigt der strafrechtliche Vorwurf sei, und für die steuerliche Würdigung der Grad der Wahrscheinlichkeit einer strafrechtlichen Verurteilung geprüft werden müsse.

 

Diese Rechtsauffassung des FG Köln wird indessen nicht von allen Finanzgerichten geteilt. So hatte das FG Münster in einer Entscheidung von 2012 eine andere Auffassung vertreten. Damals war das Gericht zu der Auffassung gelangt, dass Kosten eines Disziplinarverfahrens nicht zum Werbungskostenabzug zugelassen werden können, weil der Steuerpflichtige mit einem solchen Verfahren rechnen müsse, wenn er vorsätzlich eine Straftat begehe.

 

Das Finanzamt hat gegen das Urteil Revision eingelegt, die unter dem Aktenzeichen VI R 16/21 beim Bundesfinanzhof in München geführt wird. Wir werden die Sache im Auge behalten.

 

Hier geht es zur Entscheidung des Finanzgerichts Köln.

 

Vollständiger Text § 9 Einkommensteuergesetz

Rechtliche Grundlagen

§ 40 Abgabenordnung (AO)
Gesetz- oder sittenwidriges Handeln
Für die Besteuerung ist es unerheblich, ob ein Verhalten, das den Tatbestand eines Steuergesetzes ganz oder zum Teil erfüllt, gegen ein gesetzliches Gebot oder Verbot oder gegen die guten Sitten verstößt.