Die Bundeswehr soll den freiheitlich-demokratischen rechtsstaat verteidigen. Rechtsradikale und Rassisten haben in ihr nichts zu suchen! Copyright by Adobe Stock/Grigory Bruev
Die Bundeswehr soll den freiheitlich-demokratischen rechtsstaat verteidigen. Rechtsradikale und Rassisten haben in ihr nichts zu suchen! Copyright by Adobe Stock/Grigory Bruev

In den letzten Jahren häufen sich Berichte in den Medien über Beamt*innen der Polizei, die in Gruppen sozialer Netzwerke rechtsradikales Gedankengut austauschen. Fälle rechtsextremer Umtriebe gibt es seit langem auch in der Bundeswehr. Selbst der Leiter der Social-Media-Abteilung der Bundeswehr hat nach einem Bericht des ARD-Magazins „Panorama“ im Fotonetzwerk Instagramm öffentlich Sympathien für die rechtsradikale „identitäre Bewegung“ gezeigt. Er ist hoher Offizier und bei der Bundeswehr unter anderem für die Gewinnung von Nachwuchs zuständig.

Soldaten tauschen in sozialen Netzwerken nationalsozialistische Propaganda aus

Zeit-Online und der Nachrichtensender NTV berichteten von einer Chat-Gruppe, in der Soldat*innen vernetzt waren. In der Gruppe hätten die Teilnehmer nationalsozialistische Propaganda, antisemitische Sprüche und rassistische Gewaltfantasien gegen Geflüchtete und linke Aktivisten ausgetauscht. Sie hätten zudem geäußert, dass der Staat abgeschafft und die Regierung verhaftet werden solle.
Viel Aufsehen hat auch die Berichterstattung über eine Kompanie der Eliteeinheit „Kommando Spezialkräfte“ (KSK) erregt. Das Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ hat diese Einheit einmal als „Speerspitze der Bundeswehr“ bezeichnet. Sie zeichnet sich vor allem durch Eigenschaften aus, die für einen eher pazifistisch gesinnten Demokraten ohnehin schon gruselig sind: sie ist aufs Töten gedrillt und braucht dazu nicht mal eine Waffe.


Eine konspirative Truppe hat die Bindung an die freiheitliche Grundordnung verloren

Zudem herrscht nach einem Bericht des Spiegels in diesem Truppenteil nicht ein Deut von Widerstandsgeist, sondern ein Kadavergehorsam, der beinahe an Elitetruppen von Terrorregimen erinnert. Die Mitglieder seien in Konspiration geschult und würden wohl selbst unter Folter keine Geheimnisse preisgeben.
Wie der Spiegel weiter berichtet, habe sich die Einheit vom Rest der Bundeswehr weitestgehend abgeschottet. Es hätten offenkundig einige der jahrelang trainierten Kämpfer nicht nur den Bezug zur Realität, sondern auch die Bindung an die freiheitliche Grundordnung verloren.
Der Präsident des Militärischen Abschirmdiensts (MAD) hatte in einer vertraulichen Unterrichtung vor Abgeordneten des Bundestags eingeräumt, dass sich in dieser Einheit eine Vielzahl von Verdachtsfällen rechtsradikaler Betätigung bestätigt hätten. Eine Reihe von Soldat*innen seien bereits deshalb vom Dienst suspendiert worden.


In der Bundeswehr tummeln sich Menschen, denen es offensichtlich nicht um den Schutz der Demokratie geht

Bundesverteidigungsministerin Kramp-Karrenbauer hat inzwischen eine Kompanie des KSK aufgelöst. Nur wenige der betroffenen Soldat*innen sollen beim KSK bleiben dürfen, die übrigen werden zu anderen Einheiten versetzt.
Das KSK ist aber nur Spitze des Eisbergs. Es herrscht der Eindruck, dass sich in der Truppe Menschen tummeln, denen es offensichtlich nicht um den verfassungsrechtlichen Auftrag der Bundeswehr geht, den Schutz des freiheilich-demokratischen Rechtsstaats gegen Angriffe von außen. Eine grundlegende Strukturreform nach einer gründlichen Problemanalyse ist eine Sache. Notwendig ist aber auch, dass die Bundeswehr gegen einzelne Soldat*innen scharf durchgreift, die sich auch nur in Ansätzen rechtsradikal, antisemitisch oder rassistisch betätigen. Es gilt, den Anfängen zu wehren.


Bei Verstößen gegen Dienstpflichten, ist ein Disziplinarverfahren einzuleiten

Soldat*innen kann der Dienstherr aber nicht einfach abmahnen oder gar kündigen. Zwischen ihnen und ihrem „Arbeitgeber“ gibt es anders als bei Angestellten kein Vertragsverhältnis. Deshalb gibt es auch nichts, was gekündigt werden könnte. Soldat*innen werden für eine gewisse Zeit oder sogar auf Lebenszeit in ein Amt bzw. ein Dienstverhältnis berufen. Aus diesem kann sie nur ein Gericht entfernen. Will ein Vorgesetzter ernsthaft gegen einen rechtsradikalen Soldaten vorgehen, ist ein förmliches Disziplinarverfahren erforderlich.
Disziplinarmaßnahmen kann ein Dienstherr allerdings nicht willkürlich verhängen. Es gilt hier die Wehrdisziplinarordnung (WDO). Danach gibt es einfache Disziplinarmaßnahmen wie

  • Einen Verweis,
  • Einen strengen Verweis,
  • Eine Disziplinarbuße,
  • Ausgangsbeschränkungen oder
  • Disziplinararrest.


Bei leichteren Dienstvergehen kann der Dienstherr die Disziplinarmaßnahme selbst verhängen

Diese Maßnahmen kann der Dienstherr selbst verhängen. Voraussetzung ist, dass Soldat*innen schuldhaft eine Dienstpflicht verletzt haben. Die Disziplinarmaßnahme ist nach der Schwere des Dienstvergehens zu bemessen und das Persönlichkeitsbild angemessen zu berücksichtigen.
Grundsätzlich ist die Art und die Höhe der Disziplinarmaßnahme eine Ermessensentscheidung. Die Gerichte haben aber gerade bei schweren Dienstvergehen sogenannte „Ausgangspunkte der Zumessungserwägungen“ entwickelt. Diese sind der Entscheidung zugrunde zu legen. Ausgehend davon muss der Dienstherr dann prüfen, ob Milderungs- oder Erschwernisgründe vorliegen, um gegebenenfalls auf eine mildere oder härtere Maßnahme zu erkennen.
So ist bei einem erwiesenen Diebstahl zulasten des Dienstherrn die Entfernung aus dem Dienst Ausgangspunkte der Zumessungserwägung. Beträgt der Wert des Diebesgutes weniger als 50,00 €, liegt ein Milderungsgrund vor und die zutreffende Disziplinarmaßnahme wäre eine Degradierung.


Härtere Disziplinarmaßnahmen gegen Soldat*innen können nur die Truppengerichte verhängen

Wenn als Disziplinarmaßnahme bei Soldat*innen

  • eine Kürzung der Dienstbezüge,
  • ein Beförderungsverbot,
  • die Herabsetzung in der Besoldungsgruppe,
  • die Dienstgradherabsetzung oder
  • die Entfernung aus dem Dienstverhältnis

verhängt werden soll, kann das nur durch die Truppendienstgerichte per Urteil geschehen. Diese sind
Berufungsinstanz sind die beim Bundesverwaltungsgericht eingerichteten Wehrdienstsenate, die ausschließlich mit Berufsrichtern besetzt sind.
Die Truppengerichte können auch Disziplinarmaßnahmen gegen frühere Soldat*innen und solche im Ruhestand verhängen. Ehemaligen Zeitsoldaten kann etwa Übergangsbeihilfe aberkannt oder gekürzt werden. Soldat*innen im Ruhestand können ihre Pension verlieren, wenn sie sich im Ruhestand rechtsradikal betätigen.


Der Zweite Wehrdienstsenat entwickelt Zumessungserwägungen für rechtsradikale Umtriebe

Der zweite Wehrdienstsenat des Bundesverwaltungsgerichts hat im Juni 2020 in einer Art Grundsatzentscheidung Maßstäbe für Konsequenzen bei rechtsradikaler Betätigung von Soldat*innen festgelegt.

  1. Verhaltensweisen, die auf eine Bagatellisierung des Nationalsozialismus abzielen, begründen als Ausgangspunkt der Zumessungserwägungen die Entfernung aus dem Dienstverhältnis, wenn sie tatsächlich eine nationalsozialistische Gesinnung zum Ausdruck bringen.

  2. Wird der "Hitlergruß" erwiesen, ohne dass damit eine entsprechende Gesinnung einhergeht, bildet Ausgangspunkt der Zumessungserwägungen die Herabsetzung im Dienstgrad,

  3. Für bagatellisierende Verhaltensweisen, die eher niederschwellig sind, bildet grundsätzlich ein Beförderungsverbot den Ausgangspunkt der Zumessungserwägungen.

Das Bundesverwaltungsgericht hat in dem Fall, der der Entscheidung vom Juni 2020 zugrunde lag, eine Kürzung der Bezüge verhängt. Der Soldat hatte als Mitglied einer WhatsApp-Gruppe faschistische Äußerungen anderer Mitglieder kommentiert. Dabei hatte er sich nicht vom Unrechtsregime des Dritten Reiches und den dort begangenen Verbrechen distanziert. Er hatte vielmehr den Eindruck erweckt, diesem Unrechtsregime und dessen Ideologie und Handeln nicht ablehnend gegenüberzustehen.

Hier geht es zur Entscheidung