Besonders schwerer Dienstpflichtverletzung folgt
Entlassung aus dem Beamtenverhältnis ©Adobe Stock: MQ-Illustrations
Besonders schwerer Dienstpflichtverletzung folgt Entlassung aus dem Beamtenverhältnis ©Adobe Stock: MQ-Illustrations

Der 1963 geborene, verheiratete Beklagte, der Vater zweier Kinder ist, trat 1981 nach Erwerb des Realschulabschlusses in den Dienst der Bayerischen Polizei. 1984 bestand er die Anstellungsprüfung für den mittleren Polizeivollzugsdienst. Nach Durchlaufen der Ämter des mittleren Polizeivollzugsdienstes erfolgte mit Wirkung vom 1. September 2014 die letzte Ernennung zum Polizeioberkommissar (POK).

Der Beklagte ist seit 1997 bei der Polizeiinspektion eines Polizeipräsidiums tätig. In der Beurteilung 2018 erhielt er das Gesamtergebnis von 11 Punkten, was der Not „Gut“ entspricht.

 

2017 erstmalig auffällig

 

2017, nach über 35 Jahren im Polizeidienst, wurde gegen den POK ein Disziplinarverfahren eingeleitet. Ihm wurde Körperverletzung im Amt in einem minder schweren Fall vorgeworfen. Er hatte am 13. September 2016 als aufnehmender Polizeibeamter in der Haftanstalt einer Frau mit der Hand ins Gesicht geschlagen, weil sie sich trotz Verbots eine Zigarette angezündet hatte. Das Amtsgericht München verurteilte ihn deshalb zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen. Das Disziplinarverfahren wurde eingestellt; gegen ihn wurde lediglich eine Missbilligung ausgesprochen.

 

Dienstherr erhebt Klage auf Entfernung aus dem Beamtenverhältnis

 

Im Jahr 2021 erhob der Dienstherr des Polizeibeamten vor dem Verwaltungsgericht (VG) München Disziplinarklage zwecks Entfernung aus dem Beamtenverhältnis.

 

Er begründete die Klage  damit, dass der POK unter anderem im Dienst arabischstämmige Ausländer als „Ziegenficker" und andere Ausländer als „Kreaturen", „Abschaum" oder „Dreckspack" bezeichnet hatte. Überdies äußerte der reichsbürgertypische Ansichten, wie etwa „Wir sind kein Staat", „Wir sind ein besetztes Land", „Wir haben nur ein Grundgesetz, keine Verfassung" oder „Bundesrepublik als GmbH".

 

Entlassung aus dem Beamtenverhältnis

 

Das VG München gab der Klage des Dienstherrn statt. Der Beklagte habe gegen seine Grundpflicht verstoßen, sich durch sein gesamtes Verhalten zur freiheitlich demokratischen Grundordnung zu bekennen und für deren Erhaltung einzutreten. Da er das Vertrauen des Dienstherren und auch der Allgemeinheit endgültig verloren habe, sei er aus dem Beamtenverhältnis zu entlassen.

 

Vorliegen einer besonders schweren Dienstpflichtverletzung

 

Das Bekenntnis zur freiheitlich demokratischen Grundordnung gehöre zu den zentralen beamtenrechtlichen Grundpflichten und sei im Interesse des Vertrauens der Öffentlichkeit in den demokratischen Rechtsstaat von den für ihn tätigen Beamten, gerade von Polizeibeamten, besonders zu beachten, so das VG. Gerade von diesen sei jeglicher Anschein der Identifikation mit ausländerfeindlichen,

rassistischem, nationalistischem oder reichsbürgertypischem Gedankengut zu vermeiden. Ein Sympathisieren mit diesen Auffassungen oder das aktive Vertreten entsprechender Auffassungen sei als besonders schwere Dienstpflichtverletzung anzusehen, die es verbiete, einen Beamten im Beamtenverhältnis zu belassen.

 

Hier geht es zum Urteil des Verwaltungsgerichts München.

Das sagen wir dazu:

Folgen der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis

 

Durch die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis verliert der Beamte nicht nur seine Dienstbezüge, sondern auch seine Versorgungsansprüche einschließlich der Hinterbliebenenversorgung. Ihm stehen im Alter also keine Pensionsansprüche zu. Auch Familienangehörige erhalten im Falle seines Todes keine Zahlungen. Die aus dem Beamtenverhältnis entfernten Beamte werden dann in der gesetzlichen Rentenversicherung gemäß § 8 Sozialgesetzbuch (SGB) VI nachversichert.

 

Die Nachversicherungszeit gilt dabei fiktiv als Zeit einer Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung, wobei rückwirkend eine Beitragsentrichtung gemäß den jeweiligen Bruttobezügen und den jeweils geltenden Beitragssätzen durchgeführt wird.

 

Eine Nachversicherung in der Arbeitslosenversicherung erfolgt jedoch nicht, was zur Folge hat, dass nach Ausscheiden aus dem Beamtenverhältnis kein Anspruch auf Arbeitslosengeld besteht. Ferner erstreckt sich die Nachversicherung nicht auf die Zusatzversorgungssysteme des öffentlichen Dienstes.

 

 

 

Rechtliche Grundlagen

§ 8 Sozialgesetzbuch (SGB) VI § 8 SGB VI Nachversicherung, Versorgungsausgleich und Rentensplitting

(1) Versichert sind auch Personen,
1.
die nachversichert sind oder
2.
für die aufgrund eines Versorgungsausgleichs oder eines Rentensplittings Rentenanwartschaften übertragen oder begründet sind.
Nachversicherte stehen den Personen gleich, die versicherungspflichtig sind.

(2) Nachversichert werden Personen, die als
1.
Beamte oder Richter auf Lebenszeit, auf Zeit oder auf Probe, Berufssoldaten und Soldaten auf Zeit sowie Beamte auf Widerruf im Vorbereitungsdienst,
2.
sonstige Beschäftigte von Körperschaften, Anstalten oder Stiftungen des öffentlichen Rechts, deren Verbänden einschließlich der Spitzenverbände oder ihrer Arbeitsgemeinschaften,
3.
satzungsmäßige Mitglieder geistlicher Genossenschaften, Diakonissen oder Angehörige ähnlicher Gemeinschaften oder
4.
Lehrer oder Erzieher an nicht-öffentlichen Schulen oder Anstalten
versicherungsfrei waren oder von der Versicherungspflicht befreit worden sind, wenn sie ohne Anspruch oder Anwartschaft auf Versorgung aus der Beschäftigung ausgeschieden sind oder ihren Anspruch auf Versorgung verloren haben und Gründe für einen Aufschub der Beitragszahlung (§ 184 Abs. 2) nicht gegeben sind. Die Nachversicherung erstreckt sich auf den Zeitraum, in dem die Versicherungsfreiheit oder die Befreiung von der Versicherungspflicht vorgelegen hat (Nachversicherungszeitraum). Bei einem Ausscheiden durch Tod erfolgt eine Nachversicherung nur, wenn ein Anspruch auf Hinterbliebenenrente geltend gemacht werden kann.