Amtsarzt, Experte in allen Fachbereichen? Copyright by Racle Fotodesign/Fotolia
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Bereits 2014 wurde gegen den beklagten Beamten, der hauptamtlich Feuerwehrangehöriger einer rheinland-pfälzischen Stadt ist, ein Disziplinarverfahren wegen nicht vorgelegter ärztlicher Atteste eingeleitet. Seinerzeit wurde von der beabsichtigten Disziplinarmaßnahme eines Verweises abgesehen.
 

Amtsarzt bestätigt eingeschränkte Dienstfähigkeit des Beamten

Wegen einer konservativ nicht mehr zu behandelnden degenerativen Wirbelsäulenerkrankung wurde der Beamte 2015 in den Ruhestand versetzt.
Nach erfolgter Operation und einer anschließenden amtsärztlichen Untersuchung gelangte ein Amtsarzt 2016 zu dem Ergebnis, dass eine Wiederherstellung der Feuerwehrdiensttauglichkeit nicht zu erwarten sei. Es sei jedoch von einer eingeschränkten Dienstfähigkeit auszugehen. Die Verrichtung von Verwaltungstätigkeiten und leichten körperlichen Tätigkeiten sei möglich.
 

Unter Vorlage privatärztlicher Atteste blieb der Beamte dem Dienst fern

Nachdem dem Dienstherrn bekannt wurde, dass der Beamte eingeschränkt dienstfähig ist, wurde ein Verfahren des betrieblichen Eingliederungsmanagements eingeleitet. Es kam zu Anpassungen des Arbeitsplatzes. Zu einer Arbeitsaufnahme des Beamten kam es jedoch nicht. Er machte geltend, dass er seinen Dienst aus körperlichen Gründen nicht wahrnehmen könne. Als Nachweis erbrachte er entsprechende privatärztliche Atteste. Daraufhin teilte die klagende Stadt dem beklagten Beamten mit, dass sie zukünftig privatärztliche Atteste nicht mehr als Nachweis für eine bestehende Dienstunfähigkeit akzeptieren werde. In der Folgezeit blieb der Beklagte weiterhin, unter Vorlage privatärztlicher Atteste, dem Dienst fern.

Als Beleg einer Dienstunfähigkeit sind privatärztliche Atteste nicht ausreichend

In dem Verhalten des Beamten sahen die Richter*innen des Verwaltungsgerichts (VG) Trier ein schuldhaftes Dienstvergehen. Dieser sei über einen Zeitraum von mehr als 16 Monaten unerlaubt dem Dienst ferngeblieben. Nach Auffassung des VG genügten die vom Beklagten vorgelegten privatärztlichen Atteste nicht, um das Vorliegen einer Dienstunfähigkeit zu belegen. Aufgrund der nicht zu beanstandenden Ermessensentscheidung der klagenden Stadt, sei der Beklagte zum Nachweis durch amtsärztliche Bescheinigungen verpflichtet gewesen. Durch das unentschuldigte Fernbleiben vom Dienst habe der Beklagte gegen die beamtenrechtliche Pflicht zum vollen persönlichen Einsatz und gegen die Gehorsamspflicht verstoßen.
 

Entfernung aus dem Dienst als einzige Disziplinarmaßnahme angezeigt

Eine vorsätzliche, unerlaubte Dienstversäumnis von mehr als 16 Monaten wiege derart schwer, dass bereits aufgrund des Eigengewichts der Verfehlung die Entfernung aus dem Dienst als einzige Disziplinarmaßnahme angezeigt sei. Ein vorsätzliches unerlaubtes Fernbleiben vom Dienst über einen solchen Zeitraum zerstöre das Vertrauensverhältnis. Im Übrigen beeinträchtige eine vorsätzlich unterlassene Dienstverrichtung eines hauptamtlichen Feuerwehrangehörigen über einen langen Zeitraum die Funktionsfähigkeit der Feuerwehr. Hinzu komme im Falle des Beklagten, dass dieser bereits einschlägig disziplinarrechtlich vorbelastet sei.
 
Hier geht es zur Pressemitteilung des Verwaltungsgerichts Trier vom 4.7.2019

Das sagen wir dazu:

Das Verhalten des Beamten mutet auf den ersten Blick befremdlich an. Ob die Nichtaufnahme einer ihm (angeblich) zuträglichen Tätigkeit tatsächlich ausreichen kann, um aus dem Beamtenverhältnis entlassen zu werden, erscheint fraglich. Denn es ist durchaus denkbar, dass der Beamte, dessen Dienstunfähigkeit wiederholt privatärztlicherseits bestätigt wurde, sich aus psychischen Gründen außerstande sieht, auch nur irgendeiner Tätigkeit nachzukommen. Soweit ersichtlich wurden solche Gründe klägerseits nicht geltend gemacht, was aber durchaus Sinn gemacht haben könnte.

Amtsarzt, der Arzt der alle Fachbereiche abdeckt?

Ob und inwieweit die fachliche Qualifikation des Amtsarztes zur Diskussion stand, lässt sich der Pressemitteilung leider nicht entnehmen. Dies hinterfragen sollte man in jedem Fall. Denn erfahrungsgemäß beurteilen manche Amtsärzte*innen und auch Ärzte*innen des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen (MDK) oftmals in so genannten Gutachten Krankheitsbilder, zu denen normaler Weise Fachärzte*innen gehört werden müssten.

Dem Autor lagen während seiner forensischen Tätigkeit wiederholt gutachterliche Stellungnahmen auf dem Schreibtisch, in denen z.B. Internisten, Chirurgen, Allgemeinmediziner und auch HNO-Ärzte sich zu der Arbeits- bzw. Dienstfähigkeit der zu Untersuchenden äußerten. Die offenkundigen und teilweise auch geltend gemachten psychischen Probleme blieben bei manchen Begutachtungen außen vor oder wurden unzureichend berücksichtigt.

Es wäre von Interesse, in Erfahrung zu bringen, welche besonderen fachlichen Qualifikationen der den Beamten beurteilende Amtsarzt nachweisen kann. Vielleicht wirft der beklagte Beamte im Rahmen des ihm möglichen Berufungsverfahrens diese Frage auf?