Disziplinarverfahren - das kann dauern. Copyright by JenkoAtaman / fotolia
Disziplinarverfahren - das kann dauern. Copyright by JenkoAtaman / fotolia

Das Beamtenverhältnis ist geprägt durch umfassende gesetzliche Bestimmungen. Ob Dienstunfall, Beförderung oder Zurruhesetzung - für alles gibt es förmliche Verfahren. Werden dabei die geltenden Vorschriften nicht eingehalten, dann sind die Einzelmaßnahmen oft rechtswidrig.

Auch Disziplinarverfahren sind an das Gesetz gebunden. Grundlage sind das Bundesdisziplinargesetz und die gesetzlichen Bestimmungen der Länder. Wird hier nicht ordentlich geprüft, kann es sein, dass sich auch der jeweilige Ermittlungsführer deswegen einem Disziplinarverfahren ausgesetzt sieht.

Die Mühlen der Verwaltung mahlen langsam, wird allenthalben geäußert. Kommt dazu dann die Pflicht, in einem Disziplinarverfahren umfassend zu prüfen, kann das schon mal dauern. Da sind erst einmal der objektive Sachverhalt und die subjektiven Äußerungen des*der Beamten*in zu prüfen. Dann spielen oft auch noch das Persönlichkeitsbild, die finanziellen Verhältnisse oder sogenannte Milderungsgründe eine Rolle. Alles muss abgewogen, protokolliert und dem*der Beamten*in zur Stellungnahme vorgelegt werden. Das kann in der Tat dauern.

Beschleunigungsgebot im Disziplinarrecht

Ist ein Disziplinarverfahren anhängig, kann der*die Beamte*in in der Regel an einer Beförderungsrunde nicht teilnehmen. Da macht es schon Sinn, sich mit dem Beschleunigungsgrundsatz des Disziplinarrechts zu befassen. Danach ist eine über sechs Monate hinausgehende Dauer eines Disziplinarverfahrens unangemessen und entspricht nicht mehr dem Beschleunigungsgrundsatz.

Aber lässt sich dagegen vorgehen?
Ja, im Grunde genommen schon, aber wie bei juristischen Themen häufig, nicht immer uneingeschränkt.

Prinzipiell können Gerichte dabei helfen, das Beschleunigungsgebot durchzusetzen. Sie setzen dem Dienstherrn Fristen für die Bearbeitung. Das lässt sich auch mit einem Eilverfahren beim Verwaltungsgericht erreichen.

Gerichtliche Prüfung des Grundes der Verzögerung

Mit einem solchen Fall befasste sich das Verwaltungsgericht des Saarlandes im März dieses Jahres. Es prüfte, ob in einem bereits über ein Jahr dauernden Disziplinarverfahren ein ausreichender Grund für die Verzögerung gegeben war.

Der Antragsteller sah sich in auf Grund der langen Verfahrensdauer in seinen Rechten verletzt.

Das Gericht ging im Eilverfahren davon aus, dass eine über sechs Monate hinausgehende Verzögerung unangemessen ist. Allerdings gelte das nur dann, wenn die Sachaufklärung bzw. die Verfahrenshandlungen selbst nicht mit der gebotenen und möglichen Beschleunigung durchgeführt worden seien.

Notwendige Bearbeitungszeit ist zu berücksichtigen

Dabei seien vom Gericht die Unabhängigkeit des*der Ermittlungsführers*in und deren Beurteilungsspielraum zu prüfen und zwar zu den einzelnen Aufklärungspunkten und den Aufklärungsmitteln. Des Weiteren sei die notwendige Bearbeitungs- und Prüfungszeit, jedoch auch das Recht des*der Beschuldigten auf beschleunigte Bearbeitung zu berücksichtigen.

Ob unangemessen verzögert würde, lasse sich aber nicht nur durch den bloßen Vergleich einer pauschalen Prognose der notwendigen Gesamtbearbeitungszeit mit dem Sechsmonatszeitraum beantworten. Es müsse eine konkrete Nachprüfung des bisherigen realen Bearbeitungszeitaufwandes erfolgen.

Das Verfahren ziele nicht darauf ab, eine fiktive Bearbeitungszeit zu errechnen und daran die Bearbeitungszeit des Disziplinarverfahrens zu messen. Dies würde in die Befugnisse des Dienstherrn eingreifen und das sei rechtlich bedenklich.

Zweck der Fristsetzung

Der Zweck der Fristsetzung ziele alleine darauf ab, die tatsächlich erfolgten Verfahrensverzögerungen zu erfassen. Dabei sei zu akzeptieren, dass es gewisse Erwägungen zur Aufklärung gebe.

Es könne jedoch nicht der Ermittlungsaufwand berücksichtigt werden, den das Gericht für angemessen halte. Es sei vielmehr derjenige Ermittlungsaufwand zu berücksichtigen, der sich aus der Beurteilung des*der Ermittlungsführers*in im Rahmen der Aufklärung ergebe. Hierbei sei Großzügigkeit geboten.

Unangemessene Verzögerung sei gleichbedeutend mit Untätigkeit, die sachlich nicht begründet ist. Untätigkeit sei aber nicht gegeben bei Einarbeitungs- und Überlegungszeiten. Sie sei auch nicht anzunehmen bei Zwischenzeiten, die unvermeidbar sind, bei Ladungen und Anhörungs- oder Beweisterminen, den üblichen Bürolaufzeiten. Schließlich wirkten sich auch Unterbrechungen auf Veranlassung des Beschuldigten selbst nicht aus wie auch Verzögerungen wegen Urlaubes oder Krankheit.

Von Bedeutung sei lediglich, wenn ein sachlicher Grund für eine Verzögerung nicht gegeben sei. Die Verzögerung müsse dabei auf einem Verschulden der Beteiligten des Dienstherren bzw. dessen Ermittlungsführers*in beruhen.

Entsprechendes war im vorliegenden Fall nicht anzunehmen. Das Disziplinarverfahren dauerte zwar wesentlich länger als ein Jahr. Der Dienstherr hatte jedoch einen nachvollziehbaren Grund für die Verzögerung des Verfahrens. Das Gericht setzte deshalb eine Frist für die abschließende Bearbeitung nicht.

Hier gehts zum Beschluss des Verwaltungsgericht des Saarlandes vom 26. März 2019 – 7 K 107/19

Das sagen wir dazu:

Die zwingend vorzunehmende Beschleunigung eines Disziplinarverfahrens steht der Pflicht des Dienstherrn gegenüber, den Sachverhalt umfassend zu ermitteln. Der*die Betroffene muss außerdem ausreichende Möglichkeiten erhalten, sich im Verfahren jederzeit zu allen Feststellungen zu äußern.Gestalten sich die Ermittlungen schwierig und sind viele Zeugen zu hören , ist die Halbjahresgrenze schnell überschritten.Für den*die einzelne*n Betroffene heißt das aber nicht, generell jede Verfahrensdauer zu akzeptieren. Im Einzelfall lohnt sich die Einleitung eines Eilverfahrens durchaus.

Rechtliche Grundlagen

§§ 4, 62 Saarländisches Disziplinargesetz

http://sl.juris.de/cgi-bin/landesrecht.py?d=http://sl.juris.de/sl/DG_SL_rahmen.htm