Ist der Flugschein erst mal weg, wird es schwierig. Copyright by Adeobe Stock/ambrozinio
Ist der Flugschein erst mal weg, wird es schwierig. Copyright by Adeobe Stock/ambrozinio

Dem früheren Piloten war bereits vor Jahren die Dienstfähigkeit aberkannt worden. Das Verwaltungsgericht sollte diese Entscheidung nun rückgängig machen. Es wies seine Klage allerdings ab.
 

Nach der ersten Instanz war Schluss

Der Pilot wollte seinen Flugschein jedoch unbedingt wieder zurück haben. Prinzipiell ist allerdings im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht nach der ersten Instanz Schluss. Der Kläger wollte aber in Berufung gehen. Dazu musste er einen Antrag auf Zulassung der Berufung durch das Oberverwaltungsgericht Lüneburg (OVG) stellen.
 
Das OVG lehnte seinen Zulassungsantrag ab. Der Kläger habe keine Gründe vorgetragen, die es rechtfertigten, anzunehmen, dass die erstinstanzliche Entscheidung rechtliche Fehler aufwies, so das Gericht.
 

Der Kläger wollte ein Tauglichkeitszeugnis haben

Das Verwaltungsgericht habe schon festgestellt, dass der Kläger als Pilot für alle Klassen untauglich sei. Der Kläger wolle mit seinem Verfahren nun erreichen, wieder ein Tauglichkeitszeugnis zu bekommen. Dazu hätte er angeben müssen, weshalb er seiner Auffassung nach inzwischen wieder flugtauglich sei, so das OVG.
 
Im Europäischem Recht gebe es Bestimmungen, anhand derer die Flugtauglichkeit eines Piloten geprüft werde. Danach habe der Kläger vor mehreren Jahren seine Flugtauglichkeit verloren. Wolle er nun die notwendige Bescheinigung erhalten, die ihn wieder berechtige, zu fliegen, müsse er nachweisen, dass sich sein Gesundheitszustand gebessert habe.
 

Personen mit Schizophrenie sind nach Europäischen Recht fluguntauglich

Personen mit Schizophrenie sehe die EU-Verordnung als fluguntauglich an. Maßgeblich für die Beurteilung der Krankheit sei die Krankengeschichte des*der Betroffenen. Die Krankengeschichte umfasse früher geschilderte und aufgezeichnete Krankheiten, Verletzungen und Behandlungen. Auch sonstige Sachverhalte zählten dazu, die für die Frage der Flugtauglichkeit relevant sein könnten.
 
Der Auffassung des Klägers, nur der momentane Gesundheitszustand spiele bei der Beurteilung eine Rolle, folgte das Gericht nicht. Die gesamte Krankheitsgeschichte sei von Bedeutung und der Kläger müsse den Nachweis erbringen, dass er wieder flugtauglich sei.
 

Das Verwaltungsgericht musste kein weiteres Gutachten einholen

Das Verwaltungsgericht habe auch keine Pflicht gehabt, ein weiteres medizinischen Gutachten einzuholen. Im Verwaltungsverfahren seien bereits Gutachten erstellt worden. Das erstinstanzliche Gericht habe nur dann ein weiteres Gutachten beiziehen müssen, wenn die vorliegenden Gutachten dem Gericht nicht die sachlichen Grundlagen vermitteln könnten, die für die Entscheidung erforderlich gewesen seien.
 
Das wäre etwa dann der Fall, wenn das vorhandene Gutachten von unzutreffenden Tatsachen ausgehe, widersprüchlich sei oder Zweifel daran beständen, dass der Gutachter sachlich und unparteiisch gearbeitet hat.  Die vorhandenen Gutachten seien jedoch in sich schlüssig. Sie verwiesen darauf, dass der Kläger eine schwere depressive Störung mit psychotischen Merkmalen erlitt. Das sei auch unstreitig.
 

Das Gutachten war nicht fehlerhaft

Diese Erkrankung rufe nach den geltenden Bestimmungen ohne Weiteres und in jedem Fall Fluguntauglichkeit hervor. Dass die Gutachten hinsichtlich der zu Grunde gelegten Tatsachen fehlerhaft seien, habe der Kläger nicht vorgetragen. Es bestehe auch kein Hinweis darauf, dass der Sachverständige voreingenommen gewesen sei. Deshalb habe das Gericht auch kein neues Gutachten einholen müssen.
 

Die Berufung kann nur bei ernstlichen Zweifeln an der Richtigkeit des Urteils zugelassen werden

Nach dem Gesetz könne die Berufung des Klägers nur zugelassen werden, wenn ernstliche Zweifel daran bestünden, dass das Urteil der ersten Instanz fehlerhaft sei. Dazu reiche es aber nicht, wenn lediglich Zweifel angebracht würden. Der Kläger müsse sich mit den Gründen des Urteils auseinandersetzen, auf welchen die Entscheidung beruhe.
 
Das sei vorliegend jedoch nicht geschehen. Bereits aus der EU-Verordnung ergebe sich die Fluguntauglichkeit, wenn eine schwerwiegende psychische Krankheit vorliege. Der Kläger weise diese Erkrankung auch in seiner Krankengeschichte auf.
 

Besondere rechtliche oder tatsächliche Schwierigkeiten weist das Verfahren nicht auf

Der Kläger habe seinen Antrag auf Zulassung der Berufung außerdem darauf gestützt, dass das Verfahren besondere rechtliche oder tatsächliche Schwierigkeiten aufweise. Auch das sei nicht der Fall. Solche Schwierigkeiten müssten überdurchschnittlich sein.
 
Dazu hätte der Kläger darlegen müssen, aus welchen Gründen sich der Rechtsschreit von einem „durchschnittlichen“ Verfahren unterscheide. Er hätte außerdem genau aufführen müssen, wann besondere rechtliche oder tatsächliche Schwierigkeiten anzunehmen seien.
 

Der Zeitaufwand für eine Begründung ist kein Hinweis auf rechtliche oder tatsächliche Schwierigkeiten

Wolle er den Antrag auf Zulassung der Berufung darauf stützen, dass rechtliche oder tatsächliche Schwierigkeiten gegeben seien, so genüge es nicht, darauf hinzuweisen, dass die Begründung dafür sehr umfangreich sei. Die rechtlichen und tatsächlichen Schwierigkeiten richteten sich danach, was der Kläger vom Gericht überprüft haben wolle. Das müsse rechtlich oder tatsächlich schwierig sein.
 
Die Fragen, die im Verfahren des Klägers für die Entscheidung wichtig seien, wiesen jedoch keine großen rechtlichen und tatsächlichen Schwierigkeiten auf.
 

Das Verfahren hat auch keine grundsätzliche Bedeutung

Schließlich komme der Streitsache auch keine grundsätzliche Bedeutung zu. Auch das wäre ein Grund, um die Berufung zuzulassen. Grundsätzliche Bedeutung liege vor, wenn eine Rechtsfrage des Verfahrens im Interesse der Allgemeinheit klärungsbedürftig sei. Dabei müsse der Kläger in seinem Antrag auf Zulassung der Berufung genau diese Rechtsfrage formulieren.
 
Das sei aber nicht geschehen. Der Kläger habe eine Frage formuliert, die sich aus der EU-Verordnung selbst beantworten ließe. Er habe nämlich gefragt, ob nur derjenige, der aktuell erkrankt sei, als fluguntauglich betrachtet würde und dabei auf ein anderes Urteil verwiesen. Dazu brauche es jedoch keine gerichtliche Entscheidung. Das beantworte die Verordnung selbst, indem sie auf die Krankengeschichte verwies.
 

Auch einen Verfahrensmangel sieht das OVG nicht

Schließlich sei auch kein Verfahrensmangel gegeben. Verfahrensmängel seien Verstöße gegen Verfahrensvorschriften. Der Kläger habe in der mündlichen Verhandlung jedoch keinen ausdrücklichen Antrag gestellt, ein weiteres Gutachten einzuholen. Damit sei kein Verfahrensfehler gegeben, wenn das Gericht kein zusätzliches Gutachten in Auftrag gebe.
 
Keiner der Gründe, die das Gesetz für die Zulassung der Berufung vorgebe, sei damit gegeben. Das OVG wies deshalb den Antrag auf Zulassung der Berufung ab. Es blieb beim Urteil der 1. Instanz. Der Pilot blieb mithin weiter bis zum Beweis des Gegenteils fluguntauglich.

 

Hier geht es zum Urteil

Das sagen wir dazu:

Es ist schon klar und nachvollziehbar, wenn EU-Recht vorgibt, dass ein Pilot fluguntauglich ist, sofern bei ihm eine Schizophrenie besteht. Für jeden, der mitfliegen möchte, ist es ebenso klar und nachvollziehbar, dass die Voraussetzungen für die Flugtauglichkeit nicht nur an eine momentane Situation geknüpft werden können, sondern die Krankheitsgeschichte beachtet werden muss.

Das ist die eine Seite der Entscheidung. Die andere Seite befasst sich mit den verfahrensrechtlichen Voraussetzungen, um im Falle einer ablehnenden erstinstanzlichen Entscheidung zum Oberverwaltungsgericht gehen zu können. Die Verwaltungsgerichtsordnung sagt nämlich, dass nach der ersten Instanz prinzipiell Schluss ist. Will jemand mit seinem Verfahren zum Oberverwaltungsgericht, muss er spezielle rechtliche Bestimmungen beachten und einen Antrag auf Zulassung der Berufung stellen. Seine Begründung muss er daran orientieren.

Geschieht das nicht, ist die Verfahrensordnung rigoros. Das Oberverwaltungsgericht lehnt dann die Zulassung der Berufung ab. Wie genau Zulassungsanträge begründet werden müssen, ist dabei durch das Gesetz und die Rechtsprechung klar vorgegeben. Nur wer sich daran orientiert, hat Chancen, im Instanzenzug weiter zu kommen.

Auch das ist wieder einmal ein Hinweis darauf, wie wichtig es ist, hier von Prozessbevollmächtigten vertreten zu werden, die sich schwerpunktmäßig auf Beamtenrecht spezialisiert haben. Die kennen sich aus.

Rechtliche Grundlagen

§ 124 VwGO, § 124a VWGO

§ 124

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.
(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.


§ 124a

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.
(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.
(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.
(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.
(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.
(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.