In insgesamt sechs Urteilen vom 15.06.2018 hat das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) gegen Schadenersatzansprüche der klagenden Beamten entschieden. Alle Fälle betrafen beurlaubte Beamte, die für eine Tochtergesellschaft der Deutschen Telekom AG im Rahmen eines privatwirtschaftlichen Arbeitsverhältnisses tätig waren.
Beförderungswesen der Telekom war rechtswidrig
Der Dienstherr führte für diese Beamte Listen, an Hand derer er nach einer bestimmten Reihenfolge beförderte. Diese Beförderungspraxis war jedoch rechtswidrig, denn sie erfolgte nicht nach den zwingenden Vorgaben des Beamtenrechts. Beförderungen müssen nach dem Leistungsprinzip erfolgen, also nach Eignung, Leistung und Befähigung.
Die Telekom änderte 2011 dann ihr Beförderungswesen und schaffte „COMPASS“, ein neues Beurteilungssystem für Beamte. Auch dies hielten die Gerichte jedoch für rechtswidrig. Die Beförderungsrunde 2012 wurde anschließend gestoppt, so dass es über mehrere Jahre hinweg zu keinen Beförderungen kam. Auch in den Folgejahren verzögerten sich Beförderungsentscheidungen. Denn bis zum heutigen Tag bestehen immer noch erhebliche Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit dienstlicher Beurteilungen, die Grundlage der Beförderungsentscheidungen sind.
Schadensersatzklagen für entgangene Beförderungen aus 2010 und 2011 ohne Erfolg
Da es jedoch trotz der Verzögerungen zumindest in den Jahren ab 2012 wohl kein rechtlich relevantes, pflichtwidriges Verhalten des Dienstherrn mehr gab, beschritt eine Vielzahl von Beamten den Rechtsweg, um Schadenersatz wegen der entgangenen Beförderungen in 2010 und 2011 zu erhalten.
Diesen Anträgen hat das Bundesverwaltungsgericht nun in den jüngst entschiedenen Fällen nicht stattgegeben.
Beamtenrechtlicher Anspruch auf Beförderung
Jede*r Beamte*in hat einen Anspruch darauf, dass über seinen/ihren Anspruch auf Beförderung im Rahmen eines Bewerbungsverfahrens ordnungsgemäß entschieden wird. Ein beamtenrechtlicher Schadenersatzanspruch kann entstehen, wenn dieser sog. Bewerbungsverfahrensanspruch schuldhaft verletzt wird.
Eine solche schuldhafte Pflichtverletzung lag im Hause der Deutschen Telekom AG in den Jahren bis 2011 vor. Damals kam es zu keinen korrekten Beförderungsverfahren.
Primärrechtsschutz hat Vorrang vor dem Sekundärrechtsschutz
Eine Erstattungspflicht des Dienstherrn tritt aber nicht ein, wenn der Betroffene selbst ein Mitverschulden an der Situation trägt. Dieser Grundsatz verpflichtet die Beamten in allen Fällen, in welchen sie ablehnende Bescheide erhalten, die sich auf die Beförderung auswirken, die zulässigen Rechtsmittel einzulegen. Juristisch formuliert bedeutet dies, dass der Primärrechtsschutz Vorrang vor dem Sekundärrechtsschutz hat.
Die Betroffenen können sich daher nicht etwa aussuchen, ob sie Widerspruch und Klage erheben oder später Schadenersatz geltend machen.
Dieser Vorrang des Primärrechtsschutzes geht aber noch viel weiter. Das BVerwG hat nun ausdrücklich und umfassend ausgeführt, dass alle Betroffenen in den Jahren 2010/2011 weitere Schritte hätten einleiten müssen.
Kein Anspruch auf Schadensersatz ohne früheren “Angriff“ der Beförderung
Ein zu Unrecht nicht einbezogener und ausgewählter Beamter kann nämlich nur dann Schadenersatz beanspruchen, wenn er sich bemüht hat, den eingetretenen Schaden dadurch abzuwenden, dass er rechtliche Schritte im Vorfeld der absehbaren Auswahlentscheidung eingeleitet hat. Solche rechtlichen Schritte wären etwa frühzeitige Erkundigungen oder die Rüge der Nichteinbeziehung in den Bewerberkreis gewesen.
Ausdrücklich gefordert werden damit in dieser Situation neben den förmlichen auch die formlosen Rechtsbehelfe wie etwa Gegenvorstellungen, Erinnerungen oder etwa Dienstaufsichtsbeschwerden.
Die Telekom hatte im Intranet zumindest über die Grundzüge des Beförderungsgeschehens informiert. Alle Beamtinnen und Beamten hatte Zugriff auf diese Information. Jeder am Fortkommen Interessierte war aus Sicht des BVerwG dazu verpflichtet gewesen, hier entsprechende Informationen beizuziehen und gegebenenfalls Rechtsmittel einzulegen.
Das ist jedoch in keinem der entschiedenen Fälle geschehen.
Schadensersatz scheitern am Mitverschulden
Die Deutsche Telekom hat sich damit zwar zweifelsfrei schuldhaft rechtswidrig verhalten. Die jeweiligen Kläger ihrerseits hatten es jedoch ebenfalls zumindest fahrlässig und damit auch schuldhaft unterlassen, sich in den Jahren vor 2012 über die jährliche Beförderungspraxis sowie die Einzelheiten des jeweiligen Beförderungsverfahrens zu informieren und diese gegebenenfalls zu rügen.
Dieses Mitverschulden mussten die Kläger gegen sich gelten lassen. Schadenersatzansprüche wegen entgangener Beförderung ließen sich damit nicht durchsetzen.
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