Anwaltsbüros kennen das. Die Frist läuft ab, der Schriftsatz ist fertig. Per Fax soll er an das Gericht gelangen. Das muss innerhalb der Frist geschehen. Kommt der Schriftsatz später an, ist die Frist verstrichen. Im schlimmsten Fall verliert man deshalb den Prozess.
Was tun, wenn das Fax defekt ist?
Manchmal funktionieren Faxgeräte jedoch nicht so, wie es der*die Anwender*in wünscht. Da geht dann gar nichts mehr. Anwaltskanzleien haben dennoch die Pflicht, dafür zu sorgen, dass der fristgebundene Schriftsatz rechtzeitig bei Gericht eingeht. Geschieht das nicht, ist die Frist weg. Da hilft dann allenfalls ein Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand.
Dieser Antrag ist aber an strenge rechtliche Vorschriften gebunden. Insbesondere muss der*die Anwalt*in dabei nachweisen, alles in seiner*ihrer Macht stehende getan zu haben, um die Frist doch noch zu wahren.
Im Fall des Verfahrens vor dem Bundesgerichtshofs trat dieses Problem mit einem defekten Fax auf. Weil Fristablauf drohte, versandte der Anwalt seinen Schriftsatz per E-Mail. Das Gericht druckte den Schriftsatz jedoch erst am Folgetag aus. Die Frist war da schon abgelaufen.
Was ist beA?
Der Anwalt war überhaupt nicht auf die Idee gekommen, das zwischenzeitlich eingeführte besondere elektronische Anwaltspostfach (beA) zu nutzen. Er kannte sich damit auch nicht aus und hatte . bislang auch nicht damit gearbeitet.
BeA ist ein elektronisches Postfach für Rechtsanwälte. Es soll eine sichere elektronische Kommunikation mit der Justiz, mit Behörden und untereinander ermöglichen. Seit Januar 2018 besteht für Anwälte die passive Nutzungspflicht. Sie müssen entsprechende technische Einrichtungen vorhalten und damit die Zustellung und den Zugang von Mitteilungen ermöglichen.
Eine Pflicht zur aktiven Nutzung von beA besteht demgegenüber noch nicht. Die aktive Nutzungspflicht umfasst die eigene elektronische Übermittlung von Dokumenten an Gerichte.
Was war dem Anwalt möglich und zumutbar?
Der betroffene Anwalt wies im gerichtlichen Verfahren darauf hin, das Fax sei defekt gewesen. Das ließ das Gericht allerdings nicht gelten. Er habe nämlich nicht alle möglichen und zumutbaren Maßnahmen zur Fristwahrung ergriffen. Er hätte dazu beispielsweise auf beA zurückgreifen können. Um eine form- und fristgerechte Übersendung seines Schriftsatzes zu gewährleisten, sei ihm das möglich und zumutbar gewesen.
Das sah der Bundesgerichtshof in oberster Instanz ganz anders. Rechtsanwälte seien zwar dazu verpflichtet, beA in ihrer Kanzlei einzuführen. Bislang müssten sie dies aber nur passiv nutzen. Das bedeute, dass sie lediglich eine Empfangsbereitschaft sicherzustellen hätten. Es gebe noch keine Pflicht dazu, beA auch selbst aktiv anzuwenden.
Ist die aktive Nutzung von beA eine Alternative zum Fax?
Dies bedeute, dass der Anwalt, dessen Fax nicht funktionierte, nicht dazu verpflichtet gewesen sei, seinen Schriftsatz zur Wahrung der Frist über beA dem Gericht zuzuleiten.
Laut Bundesgerichtshof stellt beA keine Alternative zum Fax im Fall eines drohenden Fristablaufs dar, die sich dem Anwalt habe aufdrängen müssen und für ihn mit einem geringfügigen Aufwand nutzbar gewesen wäre. Dem Anwalt sei schlichtweg nicht zuzumuten, sich innerhalb kurzer Zeit vor Fristablauf erstmals mit den Voraussetzungen von beA vertraut zu machen.
Der Bundesgerichtshof gewährte dem Anwalt deshalb Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Damit war er so zu stellen, als sei die Frist nicht verstrichen. Der Anwalt konnte sein Verfahren davon unbeeinträchtigt weiter führen.
Bundesgerichthof, Beschluss vom 17. Dezember 2020 – 3 ZB 31/20