Direkversicherung oftmals schlechter als der Sparstrumpf! Copyright by Adobe Stock / MQ-Illustrations
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Auszahlung der Direktversicherung = 23.000 Euro

 
Im Streitjahr 2012 erhielt die Klägerin eine Einmalzahlung aus einer Direkt-versicherung in Höhe von ca. 23.000 Euro. Das Finanzamt unterwarf diesen Betrag der Einkommensteuer, was zu einer Steuerfestsetzung in Höhe von ca. 5.500 Euro führte.
 
Nach erfolglosen Einspruchsverfahren erhob die Klägerin Klage beim Finanzgericht (FG) Münster. Gegen die Steuerfestsetzung wandte sie ein, dass die Besteuerung
verfassungswidrig sei, da sie zu einer Ungleichbehandlung führe. Dies ergebe sich schon daraus, dass die Steuerbelastung geringer gewesen wäre, wenn sie sich statt der Einmalzahlung eine monatliche Rente hätte auszahlen lassen.
 

Es verbleiben lediglich 12.700 Euro

 
Zum anderen machte die Klägerin geltend, das die auf die Auszahlung entfallenden Krankenversicherungsbeiträge nicht in einer Summe anfallen, sondern auf zehn Jahre verteilt würden. Auch sei die Eigentumsgarantie verletzt, da ihr nach Abzug der Steuern und Krankenversicherungsbeiträgen lediglich ca. 12.700 Euro von der Versicherungsleistung verblieben. Außerdem sei sie bei Abschluss der Versicherung nicht hinreichend auf die steuerlichen Konsequenzen hingewiesen worden. Schließlich sei die Steuerersparnis in der Ansparphase nicht so hoch gewesen wie die nun festgesetzte Steuernachzahlung. Denn die Beiträge seien lediglich im Rahmen des Höchstbetrags von 210 € pro Monat abzugsfähig gewesen.
 

Finanzgericht: Keine Beschränkung der Steuerpflicht wegen voller Steuerfreistellung der Beiträge

 
Das FG Münster bestätigte die Rechtsauffassung des Finanzamtes und wies die Klage ab.
Die Einmalzahlung sei unstreitig gemäß § 22 Nr. 5 Satz 1 Einkommensteuergesetz (EStG) als  Leistung aus einer Direktversicherung zu versteuern. Eine Beschränkung der Steuerpflicht, wie diese nach Satz 2 dieser Vorschrift möglich sei, greife nicht ein. Denn aus den vorgelegten Gehaltsabrechnungen früherer Jahre ergebe sich, dass die Beiträge tatsächlich nicht nur im Rahmen der Höchstbeträge, sondern in vollem Umfang steuerfrei gestellt worden seien. Auch handele sich nicht um außerordentliche Einkünfte, die nach § 34 EStG ermäßigt zu besteuern seien. Dies ergebe sich daraus, da bereits im Versicherungsvertrag das Wahlrecht zur Kapitalabfindung vereinbart worden sei.
 

FG: Die volle Versteuerung ist auch verfassungsgemäß.

 
Eine Ungleichbehandlung im Verhältnis zur laufenden Auszahlung einer Rente liege nicht vor. Dies ergebe sich aus dem verfassungsrechtlich nicht zu beanstandenden Grundsatz der Abschnittsbesteuerung. Gerade nicht einschlägig sei § 34 EStG, der Abmilderungen der sich bei einer Besteuerung ergebenden Härten vorsehe. Auch gebe es keine verfassungsrechtliche Vorgabe, dass Steuern und Krankenversicherungsbeiträge gleich zu behandeln seien.
 
Über die verfassungsrechtlichen Erwägungen hinaus, sei es auch nicht im Interesse des Staates, die steuerliche Gleichbehandlung mit monatlichen Rentenzahlungen vorzunehmen. Denn, so das Gericht, ein kontinuierlicher Rentenbezug auf die Lebenszeit des Rentners sorge aus Sicht des Staates vor, dass die sozialen Sicherungssysteme (Arbeitslosengeld II / Grundsicherung) nicht eingreifen müssen. Dies aber wäre bei der Einmalzahlung  - sobald diese verausgabt ist  - nicht mehr der Fall.
 

Keine Verletzung der Eigentumsgarantie-Falschberatung nicht Sache des Staates

 
Eine Verletzung der Eigentumsgarantie, so das FG, sei auch nicht gegeben, da der Klägerin unter Berücksichtigung der zeitlichen Streckung der Krankenversicherungsbeiträge und der Ersparnis aus der Steuerfreiheit der Entgeltumwandlung in der Ansparphase tatsächlich im Ergebnis ca. 20.000 € von der Versicherungsleistung verblieben.
 
Letztendlich sei nicht der Staat, sondern das Versicherungsunternehmen für eine etwaige steuerliche Falschberatung der Klägerin bei Abschluss des Vertrages verantwortlich.
 
Hier geht es zum Gerichtsbescheid des Finanzgericht Münster vom 29.10.2019, Az: 15 K 1271/16 E

Rechtliche Grundlagen

§ 22 Nr. 5 Satz 1 EStG und § 34 EStG

Einkommensteuergesetz (EStG)
§ 22 Nr. 5 Satz 1 - Arten der sonstigen Einkünfte
Sonstige Einkünfte sind

Einkünfte aus wiederkehrenden Bezügen, soweit sie nicht zu den in § 2 Absatz 1 Nummer 1 bis 6 bezeichneten Einkunftsarten gehören; § 15b ist sinngemäß anzuwenden. 2Werden die Bezüge freiwillig oder auf Grund einer freiwillig begründeten Rechtspflicht oder einer gesetzlich unterhaltsberechtigten Person gewährt, so sind sie nicht dem Empfänger zuzurechnen; dem Empfänger sind dagegen zuzurechnen:

5.
Leistungen aus Altersvorsorgeverträgen, Pensionsfonds, Pensionskassen und Direktversicherungen.




Einkommensteuergesetz (EStG)
§ 34 Außerordentliche Einkünfte
(1) 1Sind in dem zu versteuernden Einkommen außerordentliche Einkünfte enthalten, so ist die auf alle im Veranlagungszeitraum bezogenen außerordentlichen Einkünfte entfallende Einkommensteuer nach den Sätzen 2 bis 4 zu berechnen. 2Die für die außerordentlichen Einkünfte anzusetzende Einkommensteuer beträgt das Fünffache des Unterschiedsbetrags zwischen der Einkommensteuer für das um diese Einkünfte verminderte zu versteuernde Einkommen (verbleibendes zu versteuerndes Einkommen) und der Einkommensteuer für das verbleibende zu versteuernde Einkommen zuzüglich eines Fünftels dieser Einkünfte. 3Ist das verbleibende zu versteuernde Einkommen negativ und das zu versteuernde Einkommen positiv, so beträgt die Einkommensteuer das Fünffache der auf ein Fünftel des zu versteuernden Einkommens entfallenden Einkommensteuer. 4Die Sätze 1 bis 3 gelten nicht für außerordentliche Einkünfte im Sinne des Absatzes 2 Nummer 1, wenn der Steuerpflichtige auf diese Einkünfte ganz oder teilweise § 6b oder § 6c anwendet.

(2) Als außerordentliche Einkünfte kommen nur in Betracht:
1.
Veräußerungsgewinne im Sinne der §§ 14, 14a Absatz 1, der §§ 16 und 18 Absatz 3 mit Ausnahme des steuerpflichtigen Teils der Veräußerungsgewinne, die nach § 3 Nummer 40 Buchstabe b in Verbindung mit § 3c Absatz 2 teilweise steuerbefreit sind;
2.
Entschädigungen im Sinne des § 24 Nummer 1;
3.
Nutzungsvergütungen und Zinsen im Sinne des § 24 Nummer 3, soweit sie für einen Zeitraum von mehr als drei Jahren nachgezahlt werden;
4.
Vergütungen für mehrjährige Tätigkeiten; mehrjährig ist eine Tätigkeit, soweit sie sich über mindestens zwei Veranlagungszeiträume erstreckt und einen Zeitraum von mehr als zwölf Monaten umfasst.

(3) 1Sind in dem zu versteuernden Einkommen außerordentliche Einkünfte im Sinne des Absatzes 2 Nummer 1 enthalten, so kann auf Antrag abweichend von Absatz 1 die auf den Teil dieser außerordentlichen Einkünfte, der den Betrag von insgesamt 5 Millionen Euro nicht übersteigt, entfallende Einkommensteuer nach einem ermäßigten Steuersatz bemessen werden, wenn der Steuerpflichtige das 55. Lebensjahr vollendet hat oder wenn er im sozialversicherungsrechtlichen Sinne dauernd berufsunfähig ist. 2Der ermäßigte Steuersatz beträgt 56 Prozent des durchschnittlichen Steuersatzes, der sich ergäbe, wenn die tarifliche Einkommensteuer nach dem gesamten zu versteuernden Einkommen zuzüglich der dem Progressionsvorbehalt unterliegenden Einkünfte zu bemessen wäre, mindestens jedoch 14 Prozent. 3Auf das um die in Satz 1 genannten Einkünfte verminderte zu versteuernde Einkommen (verbleibendes zu versteuerndes Einkommen) sind vorbehaltlich des Absatzes 1 die allgemeinen Tarifvorschriften anzuwenden. 4Die Ermäßigung nach den Sätzen 1 bis 3 kann der Steuerpflichtige nur einmal im Leben in Anspruch nehmen. 5Erzielt der Steuerpflichtige in einem Veranlagungszeitraum mehr als einen Veräußerungs- oder Aufgabegewinn im Sinne des Satzes 1, kann er die Ermäßigung nach den Sätzen 1 bis 3 nur für einen Veräußerungs- oder Aufgabegewinn beantragen. 6Absatz 1 Satz 4 ist entsprechend anzuwenden.