Auch langjährig Versicherte können mit ihrer Rente keine großen Sprünge machen. Copyright by Adobe Stock/Kalle Kolodziej
Auch langjährig Versicherte können mit ihrer Rente keine großen Sprünge machen. Copyright by Adobe Stock/Kalle Kolodziej

Der frühere Arbeitgeber des Klägers, eine Aktiengesellschaft ging in Insolvenz. Der Insolvenzverwalter schloss daraufhin einen Arbeitsvertrag mit dem Kläger für eine Transfergesellschaft. Daran waren neben dem Kläger und dem Insolvenzverwalter auch der Geschäftsführer der Transfergesellschaft beteiligt.

Der Vertrag sah die Beendigung des Arbeitsverhältnisses vor

Der Vertrag sah zum einen die Beendigung des Arbeitsverhältnisses des Klägers mit der insolventen Aktiengesellschaft vor. Gleichzeitig vereinbarten die Beteiligten einen befristeten Arbeitsvertrag bei der Transfergesellschaft. Dort war der Kläger schließlich auch versicherungspflichtig beschäftigt. Anschließend wurde er bis zum Beginn seiner Rente arbeitslos.

Bei der Rentenversicherung beantragte er, ihm die abschlagsfreie Rente für besonders langjährig Versicherte zu gewähren. Diesem Antrag gab die Rentenversicherung jedoch nicht statt. Sie begründete das damit, der Kläger sei zuletzt arbeitslos gewesen. Die Arbeitslosigkeit sei aber nicht durch eine Insolvenz entstanden.

Nur im Anschluss an eine Insolvenz wird die Arbeitslosigkeit berücksichtigt

Nur im Anschluss an eine Insolvenz werde die Zeit der Arbeitslosigkeit für die Berechnung der Versicherungsjahre einer Altersrente für besonders langjährig Versicherte berücksichtigt. Ohne diese Zeit der Arbeitslosigkeit reichten die Versicherungszeiten des Klägers jedoch für die gewünschte Rente nicht. Die geforderten 45 Versicherungsjahre seien nicht vorhanden.

Der Kläger sei jedoch nicht gleich nach der Insolvenz arbeitslos geworden. Die Insolvenz sei deshalb auch kein Grund für die Arbeitslosigkeit gewesen. Der Kläger habe nach der Insolvenz seines Arbeitgebers erst noch bei einer Transfergesellschaft gearbeitet.

Das Landessozialgericht Bayern sah das anders

Das Landessozialgericht (LSG) Bayern sah das anders. Es sprach dem Kläger die volle Rente zu. Die Revision an das Bundessozialgericht ließ das LSG allerdings zu. Die Entscheidung ist damit noch nicht rechtskräftig.

Dennoch lassen die Ausführungen des Gerichts Versicherte in ähnlichen Situationen hoffen. Die gesetzlichen Voraussetzungen für die entsprechende Altersrente seien nämlich auch dann erfüllt, wenn nach der Insolvenz des Arbeitgebers ein Beschäftigungsverhältnis mit einer Transfergesellschaft gegründet werde und danach ein anderes Beschäftigungsverhältnis nicht mehr zustande käme.

Der Insolvenzverwalter muss die Verträge unterschreiben

Der Insolvenzverwalter müsse dabei allerdings den Aufhebungsvertrag mit dem früheren Arbeitgeber und den befristeten Arbeitsvertrag bei der Transfergesellschaft selbst mit unterschreiben. Das ergebe sich aus dem Zweck des Gesetzes.

Das Gesetz wolle nämlich sicherstellen, dass es keine Fehlanreize gebe, die dazu führten, dass Versicherte derartige Verträge nur mit dem Ziel unterschrieben, gezielt in Frührente zu gehen. Etwaige Mitnahmeeffekte beim Arbeitslosengeld sollten vermieden werden.

Das Bundessozialgericht hat dazu auch schon entschieden

Das Bundessozialgericht habe zuvor auch schon einmal entschieden, dass die Arbeitslosigkeit eines Versicherten durch die Insolvenz verursacht worden sei, wenn der Insolvenzverwalter und nicht der frühere Arbeitgeber erklärt hätten, dass das Beschäftigungsverhältnis beendet werde. Dann könne nämlich ein Missbrauch dadurch vermieden werden, dass der frühere Arbeitgeber mit dem Arbeitnehmer zum Nachteil der Rentenversicherung zusammenwirke.

Das LSG sieht aber auch arbeitsmarktpolitische Gründe für seine Annahme. Die befristete Beschäftigung in einer Transfergesellschaft solle erreichen, dass eine Anschlussbeschäftigung auf dem Arbeitsmarkt gefunden werde. Dafür werde dann auch Transferkurzarbeitergeld gezahlt.

Transferkurzarbeitergeld setzt ein bestehendes Beschäftigungsverhältnis voraus

Transferkurzarbeitergeld setze aber ein bestehendes Beschäftigungsverhältnis voraus. Es sei jedoch arbeitsmarktpolitisch nicht zu vertreten, wenn man ältere Versicherte wie den Kläger nach eingetretener Insolvenz des früheren Arbeitgebers nicht mehr weiter beschäftigen könne. Sie würden damit gezwungen, die Kündigung des Insolvenzverwalters abzuwarten, um eine Altersrente für besonders langjährig Versicherte erhalten zu können.

Die Vermittlung in eine Transfergesellschaft ist eine primär aktivierende Maßnahme

Die Vermittlung in eine Transfergesellschaft sei primär eine aktivierende Maßnahme. Sie solle erreichen, den betroffenen Arbeitnehmer wieder in den ersten Arbeitsmarkt einzugliedern. Diese Möglichkeit bestünde nicht, wenn der Betroffene darauf verwiesen würde, die Kündigung des Insolvenzverwalters abzuwarten, um nachweisen zu können, dass die Arbeitslosigkeit durch die Insolvenz entstanden sei.

Der Rentenversicherungsträger wird nun sicher die vom LSG zugelassene Revision beim Bundessozialgericht einlegen. Es ist deshalb damit zu rechnen, dass sich das Bundessozialgericht mit dieser Entscheidung aus Bayern befassen wird.

Hier geht es zum Urteil

weiterführende Links:

Rente mit 63 – Bundessozialgericht weist Klagen wegen fehlender Beitragszeiten ab

Altersrente für besonders langjährig Versicherte: Was zählt als Wartezeit?

Rechtliche Grundlagen

§ 51 Abs. 3a Satz 1 Nr. 3 Halbsatz 3 SGB VI

(1) Auf die allgemeine Wartezeit und auf die Wartezeiten von 15 und 20 Jahren werden Kalendermonate mit Beitragszeiten angerechnet.
(2) Auf die Wartezeit von 25 Jahren werden Kalendermonate mit Beitragszeiten aufgrund einer Beschäftigung mit ständigen Arbeiten unter Tage angerechnet. Kalendermonate nach § 52 werden nicht angerechnet.
(3) Auf die Wartezeit von 35 Jahren werden alle Kalendermonate mit rentenrechtlichen Zeiten angerechnet.
(3a) Auf die Wartezeit von 45 Jahren werden Kalendermonate angerechnet mit

1.
Pflichtbeiträgen für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit,
2.
Berücksichtigungszeiten,
3.
Zeiten des Bezugs von

a)
Entgeltersatzleistungen der Arbeitsförderung,
b)
Leistungen bei Krankheit und
c)
Übergangsgeld,

soweit sie Pflichtbeitragszeiten oder Anrechnungszeiten sind; dabei werden Zeiten nach Buchstabe a in den letzten zwei Jahren vor Rentenbeginn nicht berücksichtigt, es sei denn, der Bezug von Entgeltersatzleistungen der Arbeitsförderung ist durch eine Insolvenz oder vollständige Geschäftsaufgabe des Arbeitgebers bedingt, und
4.
freiwilligen Beiträgen, wenn mindestens 18 Jahre mit Zeiten nach Nummer 1 vorhanden sind; dabei werden Zeiten freiwilliger Beitragszahlung in den letzten zwei Jahren vor Rentenbeginn nicht berücksichtigt, wenn gleichzeitig Anrechnungszeiten wegen Arbeitslosigkeit vorliegen.

Kalendermonate, die durch Versorgungsausgleich oder Rentensplitting ermittelt werden, werden nicht angerechnet.
(4) Auf die Wartezeiten werden auch Kalendermonate mit Ersatzzeiten (Fünftes Kapitel) angerechnet; auf die Wartezeit von 25 Jahren jedoch nur, wenn sie der knappschaftlichen Rentenversicherung zuzuordnen sind.