Abschläge bei der Rente kann man selbst ausgleichen. Aber wann lohnt sich das?
Abschläge bei der Rente kann man selbst ausgleichen. Aber wann lohnt sich das?


Wer ein früheres Ausscheiden aus dem Erwerbsleben beabsichtigt, muss viele Dinge berücksichtigen, etwas bezüglich der geminderten Rentenzahlung. So wie Herr Neumann, der überlegt, wie lange er noch arbeiten muss und will.
 

Ab wann ist Rente möglich?

 
Herr Neumann ist 1958 geboren. Er wird also nächstes Jahr 60. Er hat bisher 35 Jahre gearbeitet Die Regelaltersrente kann er nach der Erhöhung des Rentenalters auf 67 Jahre mit 66 Jahren in Anspruch nehmen.
 
Er fällt in die Übergangsregelung, bei der für jeden Jahrgang bis Geburtsjahr 1964 um zwei Monate das Rentenalter bis auf 67 angehoben wird. Das sind dann immer noch etwa sieben Jahre.
 
Die Voraussetzungen für eine Altersrente für besonders langjährig Versicherte erfüllt Herr Neumann nicht, weil er die 45 Jahre nicht voll hat. Sonst könnte er mit 64 Jahren diese Altersrente in Anspruch nehmen.
 

Rente mit Abschlag?

 
Als langjährig Versicherter könnt Herr Neumann aber mit einem Abschlag ab 63 Jahre in Rente gehen, weil er jetzt schon 35 Jahre gearbeitet hat. Er müsste dafür einen Rentenabschlag von 10,8 % hinnehmen.
 
Dieser Abschlag berechnet sich wie folgt, er ginge dann drei Jahre zu früh in Rente, dafür muss er pro Monat einen Abschlag von 0,3 % hinnehmen. Bei drei Jahren x 12 Monate x 0,3% sind dies insgesamt 10,8 %.
 
Wie viel ist das denn? Neumann guckt auf seinen jährlichen Rentenauszug. Darin ist die Rente hochgerechnet bis zur Regelaltersrente. Daneben steht vorsorglich immer noch in netten Worten, dass diese Berechnung nicht verbindlich ist. 1800 € brutto würde seine Rente betragen. Das kann er fast ohne Taschenrechner, wenn der Abschlag um die 11 % beträgt.
 

Rentenabschläge ausgleichen?

 
Aber Vorsicht: Wenn Neumann früher in Rente geht, erreicht er diesen Wert aus dem Rentenbescheid nicht, weil die Einzahlungen für die letzten drei Jahre fehlen. Will er genauere Daten muss er sich eine Probeberechnung von der DRV machen lassen.
 
Ihm ist auch gesagt worden, diese Abschläge könne er ausgleichen. Und tatsächlich ist das möglich: Bei der Rentenversicherung und auch im Internet gibt es dazu Vordrucke. Man kann dies es ab dem 55. Lebensjahr beantragen.
 
Neumann stellt den Antrag, dann ermittelt die Rentenversicherung die voraussichtliche Rentenhöhe und den Abschlagsbetrag. Vereinfacht gesagt wird das dann auf das erwartete Lebensalter hochgerechnet, ohne Berücksichtigung individueller Umstände.
 

Abschläge gelten ein Leben lang

 
Bei Neumann hat man einen Betrag von 30.000 € errechnet, den er zahlen müsste um einen Abschlag von 100 € auszugleichen (reine Beispielzahlen). Muss Neumann jetzt auf seine Lebenszeit wetten?
Irgendwie schon. Wenn er 110 Jahre alt wird, ist die Rechnung bestimmt zu seinen Gunsten (40 Jahre mal 12 Monate mal 100 € = 48.000 €). Verstirbt er jedoch mit 70, dann nicht, weil er nur 12.000 € „rausbekommt“ (100 € mal 10 Jahre mal 12 Monate).
 
Aber es ist nicht nur die Lebenserwartung entscheidend, sondern auch noch der Familienstand. Ist Neumann verheiratet würde seine Frau bei seinem Tod Witwenrente bekommen. Die bemisst sich nach der Rentenhöhe. Zur Absicherung wäre natürlich eine höhere Rente besser.
 

Weiteres Kriterium: Einkommensteuer

 
Steuerrechtlich kann eine Einzahlung an die Rentenkasse interessant sein, eine Zahlung in Teilbeträge ist jetzt schon möglich. Die steuerliche Absetzung für freiwillige Rentenbeiträge steigt jedes Jahr um 2 %. 2017 liegt sie bei 84 %. Es gibt Höchstbeträge.
 
Neumann hat mit seinen normalen Rentenbeiträgen die Freibeträge nicht ausgeschöpft. Er erwägt, in diesem und den beiden nächsten Jahren jeweils 10.000 € einzuzahlen. Damit kann er 8400 € steuerlich geltend (10.000 x 84 %).
 
Aus seinem Steuerbescheid vom letzten Jahr kann er auf der Seite 2 lesen wie hoch sein Steuersatz ist. Das waren 23 %. Das hieße, der Staat beteiligt sich 2017 mit 1.932 €, die er mehr erstattet bekommt. Für die anderen Jahre wäre es dann noch etwas besser.
 
Das klingt doch nach einem guten Geschäft. Nur darf man nicht vergessen, dass auch die Renten mittlerweile zum großen Anteil steuerpflichtig sind. Später muss Neumann seine Rente versteuern. Da die Rente aber niedriger ist als der Bruttolohn, den er jetzt verdient, dürfte die nachgelagerte Besteuerung für ihn tatsächlich günstiger sein.
 

Risiko steigende Kranken-und Pflegeversicherungsbeiträge?

 
Auch hier ein Spiel mit Unbekannten: Neumann hatte die 30.000 auf dem Sparkonto. Dabei handelte es sich ja bereits um Geld (wenn es aus Bruttolohn stammte), für das er Beiträge für die Sozialversicherung gezahlt hat.
 
Nimmt er dieses „Nettogeld“ und zahlt es wieder bei der Sozialversicherung ein, dann wird es ihm ja durch 100 € mehr Rente im Monat zurückgezahlt. Die 100 € mehr sind jedoch ein Bruttorentenbetrag, von dem Krankenversicherungs- und Pflegeversicherungsbeiträge zu zahlen sind.
 
Der allgemeine Beitragssatz zur Krankenversicherung beträgt 2017 14,6 Prozent. Dieser Beitragssatz gilt für pflicht-und freiwillig versicherte Rentner gleichermaßen. Hinzu kommt ein kassenindividueller Zusatzbeitragssatz, also mindestens 7,3 % Arbeitnehmeranteil für die Krankenversicherung. Für die Pflegeversicherung kommen mindestens 2,55 % hinzu, also heute schon rund 10 %.
 
Für Neumann bedeutet das, dass er von den 100 € mehr Rente nur ca. 90 € ausgezahlt bekommt. Jede Steigerung der Beiträge ginge zu Lasten von Neumann.
 

Und was, wenn man doch nicht vorzeitig in Rente gehen will?

 
Neumann will sich aber noch gar nicht festlegen, ob er tatsächlich früher in Rente geht. Das muss er auch nicht, wenn er freiwillige Beiträge einzahlt, verpflichtet er sich nicht, tatsächlich zu einem bestimmten Datum in Rente zu gehen.
 
Geht er zu einem späteren Zeitpunkt in Rente oder nimmt erst die Regelaltersrente in Anspruch, dann erhöhen die zusätzlich eingezahlten Beiträge die Rente.
 
Selbst wenn Neumann keine Zinsen bekommt und sich jeden Monat von dem Betrag 100 € als Zuschuss zu seiner gekürzten Rente selbst auszahlt, käme er  - nach unserem Beispiel 25 Jahre weit.
Aber dann wäre das Geld weg.
 

Fazit

 
Also alles nur eine reine Geldanlage mit Risiken? Irgendwie schon!
 
Nur wer Geld wirklich auf der hohen Kante hat, für den lohnt es sich, die entsprechenden Einkünfte einzuholen um dann abzuwägen, ob er den Ausgleich einzahlen will oder nicht.
 
Wenn jetzt die Steuerlast erheblich drückt, kann das Anreiz sein. Bei den anderen Unwägbarkeiten muss man sich wohl einfach entscheiden.


Link

Auskunftsformular der Deutschen Rentenversicherung

Rechtliche Grundlagen

§ 187a SGB VI

Zahlung von Beiträgen bei vorzeitiger Inanspruchnahme einer Rente wegen Alters

(1) Bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze können Rentenminderungen durch die vorzeitige Inanspruchnahme einer Rente wegen Alters durch Zahlung von Beiträgen ausgeglichen werden. Die Berechtigung zur Zahlung setzt voraus, dass der Versicherte erklärt, eine solche Rente zu beanspruchen.

(2) Beiträge können bis zu der Höhe gezahlt werden, die sich nach der Auskunft über die Höhe der zum Ausgleich einer Rentenminderung bei vorzeitiger Inanspruchnahme einer Rente wegen Alters erforderlichen Beitragszahlung als höchstmögliche Minderung an persönlichen Entgeltpunkten durch eine vorzeitige Inanspruchnahme einer Rente wegen Alters ergibt. Diese Minderung wird auf der Grundlage der Summe aller Entgeltpunkte ermittelt, die mit einem Zugangsfaktor zu vervielfältigen ist und die sich bei Berechnung einer Altersrente unter Zugrundelegung des beabsichtigten Rentenbeginns ergeben würde. Dabei ist für jeden Kalendermonat an bisher nicht bescheinigten künftigen rentenrechtlichen Zeiten bis zum beabsichtigten Rentenbeginn von einer Beitragszahlung nach einem vom Arbeitgeber zu bescheinigenden Arbeitsentgelt auszugehen. Der Bescheinigung ist das gegenwärtige beitragspflichtige Arbeitsentgelt aufgrund der bisherigen Beschäftigung und der bisherigen Arbeitszeit zugrunde zu legen. Soweit eine Vorausbescheinigung nicht vorliegt, ist von den durchschnittlichen monatlichen Entgeltpunkten der Beitragszeiten des Kalenderjahres auszugehen, für das zuletzt Entgeltpunkte ermittelt werden können.

(3) Für je einen geminderten persönlichen Entgeltpunkt ist der Betrag zu zahlen, der sich ergibt, wenn der zur Wiederauffüllung einer im Rahmen des Versorgungsausgleichs geminderten Rentenanwartschaft für einen Entgeltpunkt zu zahlende Betrag durch den jeweiligen Zugangsfaktor geteilt wird. Teilzahlungen sind zulässig. Eine Erstattung gezahlter Beiträge erfolgt nicht.