Im Alter ist manch eine*r auf Unterhaltszahlungen angewiesen. © Adobe Stock: bilderstoeckchen
Im Alter ist manch eine*r auf Unterhaltszahlungen angewiesen. © Adobe Stock: bilderstoeckchen

Christoph Zschommler aus dem DGB Rechtsschutzbüro Koblenz erhielt den Rechtsschutzauftrag zur Vertretung eines Rentners, von dessen Rente ein Unterhaltsbetrag für die geschiedene Ehefrau abgezweigt werden sollte. Die Frau erhielt Grundsicherungsleistungen ihrer Wohnstadt.

 

Die Ehe der beiden war im November 2019 geschieden worden. Die geschiedenen Eheleute verzichteten auf die jeweiligen Unterhaltspflichten; der Versorgungsausgleich wurde ordnungsgemäß durchgeführt.

 

Die DRV nahm eine Abzweigung von der Rente des Klägers vor

 

Bereits ab Oktober 2018 erhielt die Ehefrau des Klägers Leistungen zur Grundsicherung. Die DRV hörte den Kläger zu einer beabsichtigten Abzweigung ab dem 1. Januar 2019 an. Der Berechnung des Abzweigungsbetrages legte sie einen Selbstbehalt des Klägers mittels einer pauschalierten Betrachtung nach der Düsseldorfer Tabelle zugrunde.

 

Der Kläger machte demgegenüber zusätzliche Kosten in Form eines erhöhten Krankenversicherungsbeitrages, eines Gewerkschaftsbeitrages und von Krankheitskosten geltend.

 

In seinem Urteil vom 26 November 2021 verweist das Sozialgericht Koblenz zunächst darauf, dass die Rente des Klägers zu den laufenden Geldleistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts gehört und dass davon eine Abzweigung an unterhaltsberechtigte Personen in Betracht kommt. Bis zur Rechtskraft des Scheidungsurteils im November 2019 sei der Kläger gegenüber seiner früheren Ehefrau unterhaltspflichtig gewesen.

 

Die Abzweigung erfolgt bei Hilfebedürftigkeit des Unterhaltsberechtigten

 

Die Abzweigung sei auch an Dritte möglich. Das sei im vorliegenden Fall die Stelle, die der Ehefrau Grundsicherungsleistungen gewährte. Der Träger der Grundsicherungsleistungen habe festgestellt, dass die Frau bedürftig war. Fehler hierbei könne das Gericht nicht erkennen.

 

Der Kläger sei auch leistungsfähig. Er könne die notwendigen Mittel aus seinem Einkommen bzw. Vermögen erzielen. Der Charakter der Abzweigung als Soforthilfemaßnahmen lasse eine pauschalierte Betrachtungsweise zu. Der Rückgriff auf die Werte der Düsseldorfer Tabelle sei zulässig. Daran habe sich die beklagte Rentenversicherung gehalten.

 

Die Offenlegung der Vermögensverhältnisse hätte eine pauschalierte Betrachtung verhindern können

 

In bestimmten Fällen können das anders sein. Das setze voraus, dass der Unterhaltspflichtige unter Darlegung seiner gesamten Vermögensverhältnisse substantiiert darlege, dass der lebensnotwendige Betrag unterschritten werde. Allein die Angabe konkreter Belastungen wie etwa zusätzliche Krankenversicherungsbeiträge, ein Gewerkschaftsbeitrag oder Krankheitskosten sei nicht ausreichend.

 

Die gesamten Vermögensverhältnisse müssten offengelegt werden. Das sei im Fall des Klägers nicht geschehen. Die pauschale Betrachtung solle gerade die umfassende Prüfung ersetzen, sodass den pauschalen Beträgen nicht konkrete einzelne Abzugsposten entgegengehalten werden könnten.

 

Die Voraussetzungen einer Abzweigung waren aus Sicht des Sozialgerichts beim Kläger damit erfüllt. Da eine Offenlegung der gesamten Vermögensverhältnisse seines Mandanten zu keinem anderen Ergebnis hätten führen können, stand Christoph Zschommler hier von Beginn an auf verlorenem Posten. Dem Antrag seines Mandanten standen auch die internen Regelungsvorschriften der Rentenversicherung entgegen.

 

Die rechtlichen Vorgaben sind klar

 

Sei die Unterhaltsverpflichtung in einem Unterhaltstitel oder einem sonstigen vollstreckbaren Titel festgestellt, gelte für den Rentenversicherungsträger allein dieser Titel, heiße es dort. Bringe eine der Parteien vor, dass aufgrund von Änderungen in den wirtschaftlichen Verhältnissen der Unterhaltstitel die unterhaltsrechtlichen Beziehungen nicht mehr zutreffend regele, bliebe es ihr unbenommen, durch eine Abänderungsklage die Wirkungen des Titels ganz oder teilweise zu beseitigen. Die Rentenversicherung prüfe dann, ob die Düsseldorfer Tabelle anzuwenden sei. Werde der Titel geändert oder beseitigt, müsse die Rentenversicherung dies von der Rechtskraft an, frühestens aber vom nächstmöglichen Zeitpunkt einer Änderung der laufenden Leistungszahlungen an beachten.

 

So hat es auch das Bundessozialgericht in einem Urteil aus dem Jahr 2009 gesehen.

Hier geht es zum Urteil des Sozialgerichts Koblenz.

Hier geht es zum Urteil des Bundessozialgerichts.

 

 

Rechtliche Grundlagen

§ 48 SGB I

Auszahlung bei Verletzung der Unterhaltspflicht

(1) Laufende Geldleistungen, die der Sicherung des Lebensunterhalts zu dienen bestimmt sind, können in angemessener Höhe an den Ehegatten, den Lebenspartner oder die Kinder des Leistungsberechtigten ausgezahlt werden, wenn er ihnen gegenüber seiner gesetzlichen Unterhaltspflicht nicht nachkommt. Kindergeld, Kinderzuschläge und vergleichbare Rentenbestandteile (Geldleistungen für Kinder) können an Kinder, die bei der Festsetzung der Geldleistungen berücksichtigt werden, bis zur Höhe des Betrages, der sich bei entsprechender Anwendung des § 54 Abs. 5 Satz 2 ergibt, ausgezahlt werden. Für das Kindergeld gilt dies auch dann, wenn der Kindergeldberechtigte mangels Leistungsfähigkeit nicht unterhaltspflichtig ist oder nur Unterhalt in Höhe eines Betrages zu leisten braucht, der geringer ist als das für die Auszahlung in Betracht kommende Kindergeld. Die Auszahlung kann auch an die Person oder Stelle erfolgen, die dem Ehegatten, dem Lebenspartner oder den Kindern Unterhalt gewährt.

(2) Absatz 1 Satz 1, 2 und 4 gilt entsprechend, wenn unter Berücksichtigung von Kindern, denen gegenüber der Leistungsberechtigte nicht kraft Gesetzes unterhaltspflichtig ist, Geldleistungen erbracht werden und der Leistungsberechtigte diese Kinder nicht unterhält.