Seit 1. August 2017 können Eltern leichter die Voraussetzungen für die günstigere Krankenversicherung der Rentner erfüllen.
Seit 1. August 2017 können Eltern leichter die Voraussetzungen für die günstigere Krankenversicherung der Rentner erfüllen.


Für Empfänger von gesetzlichen Renten ist die gesetzliche Pflichtversicherung in der Krankenversicherung der Rentner (KVdR) durch niedrige Beiträge attraktiv. Ist jemand nicht durchgehend gesetzlich krankenversichert z.B. durch jahrelange selbständige Tätigkeit, scheiterte er oft an der 90 % Regelung. Diese Regelung wurde für Eltern entschärft.

Obwohl lange als Arbeitnehmer gesetzlich krankenversichert, als Rentner auf einmal teuer privat versichert?

Wer sein ganzes Berufsleben gesetzlich krankenversichert war, kommt automatisch auch als Rentner, egal ob als Altersrentner oder Rentner wegen Erwerbsminderung, als Pflichtversicherter in die Krankenversicherung der Rentner.

Das ist keine separate Kasse, sondern man bleibt bei der Krankenkasse, bei der man zuletzt Mitglied war. Dies gilt für während der Berufszeit Pflichtversicherte genauso wie für diejenigen, die sich wegen Überschreitens der Beitragsbemessungsgrenze  - also wegen höherem Verdienst - freiwillig gesetzlich versichert haben.

Aber was früher normal war  -von Lehre bis Rente im gleichen Betrieb ist nicht mehr normal, es gibt immer mehr abweichende Erwerbsbiographien: Wer immer privat versichert war, für den ist es keine Überraschung, auch als Rentner privat versichert zu sein. Er hat über Jahre weniger Beiträge gezahlt und wusste schon, dass im Alter die Beiträge für die private Krankenversicherung erheblich steigen.

Diejenigen aber, die viele Jahre gesetzlich versichert waren, aber zum falschen Zeitpunkt oder zu lange nicht in der gesetzlichen Krankenversicherung waren, für die kam das böse Erwachen, wenn sie sich auf einmal als Rentner privat oder freiwillig gesetzlich versichern müssen.

Auf welche Einkünfte werden von der KVdR Beiträge erhoben?

Beiträge werden erhoben von der gesetzlichen Rente und der Betriebsrente, nicht zum Beispiel auf Zinseinnahmen oder Mieteinkünfte.

Die Rentenversicherung zahlt hier die Hälfte des allgemeinen Beitragssatz, der Versicherte die andere Hälfte zuzüglich eines kassenabhängigen Zusatzbeitrags. Bei der Betriebsrente zahlt der Rentner in der Regel die Beiträge voll. Hinzu kommt noch die Pflegeversicherung, erhöht für Kinderlose um 0,25 %.

Ein Beispiel aus 2017
Neumanns haben ein Kind.

Er bezieht eine Alters- oder Erwerbsminderungsrente von brutto

1.000,00 €
allgemeiner Beitragssatz 14,6% davon 1/273,00 €
(1/2 zahlt die Rentenversicherung)
Zusatzbeitrag der Krankenkasse. Diese variieren je nach Kasse
hier 1,0%10,00 €
Pflegeversicherung 2,55%25,50 €
108,50 €
(für Kinderlose +0,25)891,50 €

 

Also fallen hier Beiträge in Höhe von 10,85 % an. Ist Neumanns Frau verstorben, erhält er eine Witwerrente. Darauf sind von ihm Beiträge nach gleichem Berechnungsmuster zu zahlen. Bei der Betriebsrente trägt der Versicherte in der Regel die kompletten Beiträge also 14,6 % plus den Zusatzbeitrag.

Bezieht der Versicherte daneben zum Beispiel Zinseinnahmen oder Mieteinnahmen, bleiben diese Einnahmen beitragsfrei. Ebenso falls er eine private Rente bezieht zum Beispiel aus einer Lebensversicherung.

Nachteil: höhere Beitragslast bei freiwilligen gesetzlicher Krankenversicherung der Rentner

Erfüllt jemand nicht die Voraussetzung für die Pflichtkrankenversicherung der Rentner und versichert sich freiwillig gesetzlich, sieht es anders aus: Hier wird nämlich die komplette wirtschaftliche Leistungsfähigkeit geprüft.

Neumann hat die gleichen 1000 € Bruttorente, aus einem privaten Lebensversicherung erhält er eine Rente in Höhe von 500 € und eine private Rürüp-Rente in Höhe von 300 €. Dazu noch 200 € aus Vermietung und Verpachtung. Insgesamt belaufen sich auch die Zusatzeinnahmen auf 1000 €.

Auf die Zusatzeinnahmen fallen hier die vollen Krankenversicherungsbeiträge an, reduziert lediglich auf den ermäßigten Beitragssatz von 14 %. Die weiteren Einkünfte werden mit Beiträgen belegt. 14 % voller Krankenversicherungsbeitrag 1,0 Zusatzbeitrag und 2,55 % Pflegeversicherungsbeitrag. Das sind 17,55 % Beiträge nur für die Kranken und Pflegeversicherung, die nicht anfallen würden, wenn Neumann in der KvdR wäre - in Summe 175,55 € monatlich.

Aus dem Beitrag von 108,50 werden also 284,05 monatlich, je nachdem, ob Neumann in die KVdR kommt oder nicht. Aber auch diejenigen mit einer kleinen Rente ohne Zusatzeinkommen stehen bei der freiwilligen Versicherung schlechter.

Hier gibt es einen Mindestbetrag. Egal wie hoch die Rente/ Einkünfte tatsächlich sind, die Beiträge werden von 991,67 Euro berechnet. Das ist der Mindestbetrag, der der Beitragsbemessung zugrunde liegt. Hätte Neumann eine Rente von 800 € würde er als Pflichtversicherter 10,85 % Beiträge zahlen also 86,80 € monatlich. Für die gleiche Rente, wenn er freiwillig versichert ist, fallen 107,60 € an Beiträgen an.

Wer durfte bisher in die KVdR?

In die KVdR kann gelangen, wer eine gesetzliche Rente erhält und in der zweiten Hälfte seines Arbeitslebens mindestens 90 % der Zeit gesetzlich krankenversichert gewesen ist. Unabhängig davon, ob er zum Beispiel aufgrund der Verdiensthöhe (Überschreiten der Beitragsbemessungsgrenzen) freiwillig gesetzlich versichert war.

Neumann wird zum 1. Oktober 2017 Rentner. Begonnen hat er sein Arbeitsleben mit einer Ausbildung am 1. August 1975. Zwischen Ausbildungsbeginn und Rentenbeginn liegen 42 Jahre und 2 Monate. Die zweite Hälfte des Arbeitslebens beträgt dann 21 Jahre und 7 Monate - hier der Zeitraum vom 1. März 1996 bis 30. September 2017. Davon muss er 90 %, das sind 19 Jahre und 6 Monate, in der gesetzlichen Krankenversicherung gewesen sein.

Neumann hatte eine Geschäftsidee und war zehn Jahre selbständig tätig. In dieser Zeit war er privat versichert. jetzt kommt es drauf an, wann die Selbständigkeit war. War sie in der ersten Hälfte des Arbeitslebens, also vor 1.3.1996 beendet, besteht kein Problem.

Lag die Selbständigkeit mit privater Versicherung mehr als 2 Jahre und 1 Monat in der zweiten Hälfte seines Berufslebens, konnte er nach der bisherigen Regelung nicht in die Pflichtversicherung der Rentner, weil er dann die 90 % Hürde nicht bewältigt.

Gesetzesänderung schafft Verbesserung für Eltern

Nunmehr hat der Gesetzgeber mit Geltung ab 1. August 2017 für Mütter und Väter beschlossen, dass pro Kind auf die erforderliche Mitgliedszeit eine Zeit von drei Jahren angerechnet wird. Das gilt auch bei Stief und Pflegekindern.

Und dies unabhängig davon, ob das Kind in der ersten oder zweiten Hälfte des Berufslebens geboren und ob Erziehungsleistung erbracht wurde.

Jetzt dürfte die Selbständigkeit sogar 5 Jahre in die zweite Hälfte hineinragen. Immer noch würde es reichen 21 Jahr 7 Monate < (Dauer zweite Hälfte) ./. 5 Jahre Selbständigkeit = 16 Jahre und 7 Monate. Das würde die 90 % nicht erreichen, aber bei Hinzurechnung der drei Jahre für das Kind wären es 19 Jahre und 7 Monate. Damit hat er es in die gesetzliche Krankenversicherung der Rentner geschafft. 

Das sagen wir dazu:

Die Leistungen der Kassen sind und bleiben bei beiden Versicherungsmöglichkeiten -Freiwillig oder KVdR gleich. Nur, wer nicht in die Pflichtversicherung ist, der zahlt für das Gleiche in der Regel mehr bis viel mehr.

Viele Erwerbsbiographien sind nicht mehr gradlinig. Hier hat der Gesetzgeber für Mütter und Väter eine Verbesserung geschafften. Wie immer gilt, wenn sich Lebensumstände erheblich ändern, und das ist auch bei dem Übergang in den Ruhestand so, kann kompetente Beratung viel Geld sparen.

Dass derjenige, der Leistung schon bezieht, positiv von einer Gesetzesänderung betroffen ist, kommt nicht häufig vor. Hier profitieren auch Bestandsrentner von der Änderung.

Bezieher gesetzlicher Renten, die an der 90 % Hürde scheiterten und bisher freiwillig gesetzlich versichert waren, Väter oder Mütter sind, sollten einen Wechsel in die KVdR bei ihrer Krankenkasse überprüfen lassen. 

Rechtliche Grundlagen

§ 5 SGB V

(1) Versicherungspflichtig sind

1. Arbeiter, Angestellte und zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigte, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind,
[…]

(2) Der nach Absatz 1 Nr. 11 erforderlichen Mitgliedszeit steht bis zum 31. Dezember 1988 die Zeit der Ehe mit einem Mitglied gleich, wenn die mit dem Mitglied verheiratete Person nicht mehr als nur geringfügig beschäftigt oder geringfügig selbständig tätig war. Bei Personen, die ihren Rentenanspruch aus der Versicherung einer anderen Person ableiten, gelten die Voraussetzungen des Absatzes 1 Nr. 11 oder 12 als erfüllt, wenn die andere Person diese Voraussetzungen erfüllt hatte. Auf die nach Absatz 1 Nummer 11 erforderliche Mitgliedszeit wird für jedes Kind, Stiefkind oder Pflegekind (§ 56 Absatz 2 Nummer 2 des Ersten Buches) eine Zeit von drei Jahren angerechnet.

[…]