Allein die Angst vor Brustkrebs reicht nicht, um die Kosten einer Brustentfernung von der Krankenkasse erstattet zu bekommen. Copyright by goodluz/Adobe
Allein die Angst vor Brustkrebs reicht nicht, um die Kosten einer Brustentfernung von der Krankenkasse erstattet zu bekommen. Copyright by goodluz/Adobe


Das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen hatte in einem Fall zu entscheiden, in dem es um die Frage ging, ob die Krankenkasse die Kosten einer medizinischen Maßnahme aufgrund psychischer Krankheit übernehmen muss.

Klägerin leidet unter massiver Krebsangst

Geklagt hatte eine 45-jährige Frau aus der Nähe von Bremen. Bei ihr waren in der Vergangenheit gutartige Knoten in der Brust aufgetreten. Sie litt deshalb auch an Depressionen und Angstzuständen. Von der Krankenkasse forderte sie deshalb, diese solle die Kosten einer Brustentfernung und die Rekonstruktion durch Silikonimplantate übernehmen.

Die Knoten in der Brust und die daraus resultierende Unsicherheit darüber, ob sich bereits ein bösartiger Tumor gebildet habe, hätten bei ihr zu einer erheblichen psychischen Belastung geführt.

Diese könne sie auf Dauer nicht ertragen. Sie sei einem enormen Leidensdruck mit einer ausgeprägten Krebsangst ausgesetzt, die sie nicht zur Ruhe kommen lasse. Von einer Operation erhoffe sie sich die Erlösung von ihren Beschwerden.

Gericht lehnt Kostenübernahme für Brustentfernung ab

Die Krankenkasse lehnte es ab, die Kosten einer derartigen Operation zu übernehmen. Da es sich um gutartige Knoten handele, bestehe kein Bedarf an einer solchen Maßnahme. Vorerst reiche es aus, die Entwicklung im Auge zu behalten.

Das Landessozialgericht schloss sich der Ansicht der Krankenkasse an. Eine Operation komme nur bei einer bösartigen Erkrankung oder einer genetischen Vorbelastung in Betracht. Das sei hier jedoch nicht der Fall sei. Dies haben Gutachten ergeben, die das Gericht in Auftrag gegeben hatte.

Zwar zeigte das Gericht Verständnis für die psychische Lage der Klägerin. Es hielt die Maßnahme gleichwohl für nicht notwendig: Ein psychischer Leidensdruck sei nach höchstrichterlicher Rechtsprechung vorrangig psychotherapeutisch zu behandeln und rechtfertige keinen operativen Eingriff.

Psychische Leiden sind grundsätzlich psychisch zu behandeln

Eine Behandlung psychischer Erkrankungen durch körperliche Eingriffe komme grundsätzlich nicht in Betracht.

Richtig sei zwar, dass die Angst vor Brustkrebs durch deren Entfernung kurzfristig behoben werden könne. Eine nachhaltige, kausale Therapie sei jedoch allein auf psychotherapeutischem Wege möglich.

Daher könne die mit der Operation verbundene Erlösungshoffnung nicht Basis der Entscheidung sein, ob die Kosten übernommen werden. Vorrangig sei daher, den psychischen Auslöser auch mit einer psychischen Behandlung und nicht mit einer körperlichen Operation zu beseitigen.

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Pressemitteilung des LSG Niedersachen-Bremen

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Das sagen wir dazu:

"Das Einzige, was wir zu fürchten haben, ist die Furcht selbst." – so hat es Franklin D. Roosevelt einmal ausgedrückt. Ob das Bundessozialgericht diese Devise vor Augen hatte, als es den Grundsatz aufgestellt hat, dass die Behandlung psychischer Erkrankungen grundsätzlich nicht durch körperliche Eingriffe behandelt werden sollen, ist nicht bekannt.

Begehrte Leistung geht am Kern der Sache vorbei

Das Landessozialgericht hat in seiner Entscheidung diesen Grundsatz wieder einmal gestärkt und deutlich gemacht, warum dieser Grundsatz seine Berechtigung hat: Denn bei der Angst, an etwas zu erkranken, ist die Angst an sich das Problem, und nicht die befürchtete körperliche Krankheit.

Natürlich ist anzunehmen, dass die Befürchtung der Klägerin, an Brustkrebs zu erkranken, sänke, wenn die Krankenkasse die begehrte OP übernommen hätte. Sie hätte diese Beruhigung aber teuer erkauft mit einem Verlust an körperlicher Unversehrtheit. Es wäre auch nicht auszuschließen, dass sich die unbehandelte Angststörung ein neues „Betätigungsfeld“ sucht – gewonnen wäre also nichts.

Rechtliche Grundlagen

§ 23 SGB V

(1) Versicherte haben Anspruch auf ärztliche Behandlung und Versorgung mit Arznei-, Verband-, Heil- und Hilfsmitteln, wenn diese notwendig sind,

1. eine Schwächung der Gesundheit, die in absehbarer Zeit voraussichtlich zu einer Krankheit führen würde, zu beseitigen,
2. einer Gefährdung der gesundheitlichen Entwicklung eines Kindes entgegenzuwirken,
3. Krankheiten zu verhüten oder deren Verschlimmerung zu vermeiden oder
4.Pflegebedürftigkeit zu vermeiden.