Behindertenbegleithunde sind nicht nur lieb anzuschauen, sondern leisten sehr viel mehr. Copyright by Adobe Stock/atiger
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Um es vorweg zu nehmen, rein formal betrachtet mag die Entscheidung richtig sein. Es bleiben jedoch Zweifel. Kann und muss ein Gericht immer ausschließlich nach den bestehenden Vorschriften entscheiden? Ist es nicht möglich, im Einzelfall Milde zu zeigen?

Die Gerichte sind an Gesetze gebunden. Daran führt kein Weg vorbei. Nur dort, wo das Gesetz Entscheidungsspielräume lässt, gibt es Möglichkeiten. Im vorliegenden Fall ging es um die Versorgung mit Hilfsmitteln. Das Gesetz regelt die Voraussetzungen dafür ganz genau in § 33 SGB V.

Geklagt hatten die Pflegeltern eines Kindes, dass durch die Alkoholsucht der Mutter schwer geschädigt war

Geklagt hatten die Pflegeeltern des neunjährigen Kindes, das durch die Alkoholsucht der Mutter während der Schwangerschaft schwer geschädigt war. Die Entwicklung des Kindes war verzögert, Nerven im Gehirn und das Sprachvermögen waren gestört. Hinzu kam, dass das Kind sehr zappelig war und über starke Bewegungsimpulse sowie einen Redefluss verfügte, der häufig nicht enden wollte

Um dem Kind das Leben zu erleichtern wollten die Pflegeeltern einen Begleithund anschaffen und diesen ausbilden lassen. Die Krankenkasse teilte jedoch mit, dass es sich bei einem solchen Begleithund nicht um ein Hilfsmittel im Sinne des Gesetzes handele. Der Begleithund sichere die Krankenbehandlung nicht und er beuge auch keiner Behinderung vor. Schließlich gleiche er auch keine Behinderungen aus, die die Grundbedürfnisse des täglichen Lebens befriedigten.

Die Pflegestufe III berücksichtige den Pflegebedarf bereits ausreichend

Der Junge habe bereits Pflegestufe III. Damit sei der Hilfebedarf bereits ausreichend berücksichtigt.

Nachdem die Krankenkasse ihre Auffassung auch im Widerspruchsverfahren nicht änderte, beschritten die Pflegeeltern den Weg zum Sozialgericht. Das Sozialgericht gab der Klage statt.

Es vertrat die Auffassung, der Hund sei als Hilfsmittel notwendig, um das Kind in den Kreis gleichaltriger Kinder und Jugendlicher zu integrieren. Des Weiteren würde ihm mit dem Hund der Schulbesuch ermöglicht. Dadurch könne der Junge Kontakte zu Gleichaltrigen und Mitschülern unterhalten. Darüber hinaus sei das Hilfsmittel dazu geeignet, Grundbedürfnisse des Sehens, Hörens und Gebens positiv zu beeinflussen. Dies wäre insbesondere wichtig, um die Tendenz des Kindes zu vermeiden, spontan wegzulaufen.

Die Krankenkasse war mit der Entscheidung des Sozialgerichts nicht einverstanden

Die Krankenkasse war mit dieser Entscheidung nicht einverstanden. Das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen gab der Kasse nun recht. Es bezog sich dabei auf die gesetzliche Bestimmung des § 33 SGB V, der die Versorgung mit Hilfsmitteln regelt.

Nach dem Gesetz müssten die Hilfsmittel im Einzelfall erforderlich sein, um den Erfolg einer Krankenbehandlung zu sichern. Eine Übernahme der Kosten käme auch in Betracht, wenn das Hilfsmittel eine Behinderung ausgleiche. Das gelte jedoch nur, wenn es sich bei dem Hilfsmittel nicht um einen allgemeinen Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens handele. Schließlich dürfte auch kein anderer gesetzlicher Ausschlussgrund für die Anschaffung des Hilfsmittels gegeben sein.

Es kämen drei unterschiedliche Zielrichtungen für Hilfsmittel in Betracht

Mithin kämen drei unterschiedliche Zielrichtungen für Hilfsmittel in Betracht. Einmal gehe es um die Sicherung des Erfolges der Krankenbehandlung, es gehe außerdem darum, Behinderungen vorzubeugen oder auszugleichen.

Keine dieser Voraussetzungen war nach Ansicht des Landessozialgerichts gegeben.

Von besonderer Bedeutung sei dabei auch, dass der Begriff der Behinderung zwischenzeitlich durch den Gesetzgeber neu geregelt sei. Danach komme es nun nicht mehr allein auf die wirklichen oder vermeintlichen gesundheitlichen Defizite an. Im Vordergrund stünde vielmehr das Ziel der Teilhabe an den verschiedenen Lebensbereichen. Außerdem trete nun in den Vordergrund, Möglichkeiten der Lebensplanung und -gestaltung zu stärken.

Unerheblich sei, ob der Begleithund im Hilfsmittelverzeichnis aufgeführt werde

Unerheblich sei es, dass der Begleithund im Gegensatz zum Blindenführhund nicht im Hilfsmittelverzeichnis aufgeführt sei. Das Hilfsmittelverzeichnis sei nicht abschließend. Mithin wäre es grundsätzlich durchaus möglich, dem Jungen einen Begleithund zuzusprechen.

Ein Begleithund diene jedoch nicht der Vorbeugung einer drohenden Behinderung. Die Beeinträchtigungen des Kindes stünden im Wesentlichen fest. Diese könne auch ein Hund nicht beheben.

Durch einen Begleithund würden keine Behinderungen ausgeglichen

Durch einen Begleithund würden auch keine Behinderungen ausgeglichen. Man müsse hier zwischen unmittelbarem und mittelbarem Behinderungsausgleich unterscheiden.

Bei den unmittelbaren Behinderungsausgleichen diene das Hilfsmittel dazu, eine ausgefallene oder beeinträchtigte Körperfunktion auszugleichen. Diesen Ausgleich könne ein Begleithund jedoch nicht leisten.

Bei den mittelbaren Behinderungsausgleich gehe es demgegenüber darum, das Leben mit den Folgen der Beeinträchtigung zu erleichtern. Hier stünden nicht nur die Krankenversicherung in der Pflicht. Derartige Leistungen seien gegebenenfalls auch von anderen Leistungsträgern zu erbringen.

Hilfsmittel, die die Auswirkungen der Behinderung im gesamten täglichen Leben beseitigen oder mindern, müssen bezahlt werden

Die Krankenkasse müsse ein solches Hilfsmittel bezahlen, das Behinderungen mittelbar ausgleiche, wenn es die Auswirkungen der Behinderung im gesamten täglichen Leben beseitige oder mindere. Das müsse dann aber ein allgemeines Grundbedürfnis des täglichen Lebens betreffen.

Dazu gehörten etwa Gehen, Stehen, Sitzen, Liegen, Greifen, Sehen, Hören, die Nahrungsaufnahme, das Ausscheiden, die elementare Körperpflege, das selbstständige Wohnen sowie das Erschließen eines gewissen körperlichen und geistigen Freiraums. Dazu gehöre aber auch, einen Behinderten zu befähigen, die Schule zu besuchen, die Wohnung zu verlassen oder auch Alltagsgeschäfte zu erledigen.

Maßgeblich sei, ob der Versicherte nicht oder sehr eingeschränkt am üblichen Leben seiner Altersgruppe teilnehmen könne

Maßgebend sei letztlich dabei, ob der Versicherte aufgrund seiner Behinderung nicht oder nur sehr eingeschränkt am üblichen Leben seiner Altersgruppe teilnehmen könne. Durch diese Einschränkung müsse Isolation drohen. Diese Situation sei bei dem erkrankten Kind jedoch nicht gegeben.

Zwar beruhige der Hund den Jungen, wenn dieser abgelenkt oder unruhig sei. Es sei ebenfalls nachvollziehbar, dass ein Hund dem Kind helfe, sich geistig, emotional und körperlich zu entwickeln. Daraus resultiere auch mehr Unabhängigkeit, Selbstsicherheit und auch eine bessere Lebensqualität sowie Geborgenheit.

Der Hund diene nicht der Befriedigung von Grundbedürfnissen

Der Hund diene damit nicht der Befriedigung von Grundbedürfnissen wie Sehen, Hören und Gehen oder der Fähigkeit die Wohnung zu verlassen. Eine positive Beeinflussung bestehe zwar, aber die reiche nicht aus, um den Hund als Hilfsmittel im Sinne des Krankenversicherungsrechts anzusehen.

Vorliegend könne der Junge auch mit dem Tier nicht allein gelassen werden. Er bedürfe weiterhin der Aufsicht. Der Hund solle helfen, Kontakte zu pflegen. Das heiße jedoch gerade eben nicht, dass das Kind sich schon in sozialer Isolation befände.

Mit einem Begleithund könnte der Erfolg der Krankenbehandlung nicht gesichert werden

Mit einem Begleithund könne auch der Erfolg der Krankenbehandlung nicht gesichert werden. Das setze nämlich voraus, dass das der Hund in einem engen Zusammenhang zu einer andauernden, auf einem ärztlichen Therapieplan beruhenden Behandlung stehe und Teil der gezielten Versorgung sei. Der Hund werde jedoch in den ärztlichen Therapieplan nicht eingebunden.

Auch die übrigen gesetzlichen Voraussetzungen lägen nicht vor. Der Hund sei als Hilfsmittel nicht erforderlich. Erforderlich sei ein Hilfsmittel nämlich nur dann, wenn es ausreichend, zweckmäßig, wirtschaftlich und notwendig sei. Dabei müsse die Krankenkasse auf die individuellen Verhältnisse im Einzelfall abstellen.

Der Begleithund sei nicht notwendig

Der Begleithund sei jedoch nicht notwendig. Das Kind könne am Schulalltag der Grundschule mithilfe der Schulassistenz teilhaben. Seine Unruhe, Stresssituationen und Ausfälle könne auch ein nicht ausgebildeter Hund bewältigen. Das zeige die Tatsache, dass der Hund, den die Familie angeschafft habe, dem Jungen bereits helfe, ohne ausgebildet zu sein.

Auch die Pflegeversicherung der Krankenkasse müsse nicht zahlen. Eine dementsprechende Pflicht wäre nur dann gegeben, wenn der Hund als Pflegehilfsmittel dazu beitragen könne, die Beschwerden zu lindern oder eine selbständige Lebensführung zu ermöglichen. Grundsätzlich müssen jedoch auch dabei elementare Belange der Lebensführung betroffen sein.

Die Erleichterungen seien jedoch auch ohne einen ausgebildeten behinderten Begleithund möglich. So nützlich und förderlich der Hund auch wäre, Kosten hierfür muss die Kranken- und Pflegeversicherung nun nicht übernehmen.

Hier geht es zum Urteil

Das sagen wir dazu:

Das Landessozialgericht schreibt an einer Stelle der Entscheidung:„der Senat erkennt das Engagement der Pflegeeltern für den Kläger uneingeschränkt an und bezweifelt nicht, dass der Umgang mit einem Hund für den Kläger insgesamt förderlich ist und auf ihn in jeder Hinsicht eine positive Wirkung hat. Es besteht allerdings nur ein Anspruch auf die im Einzelfall ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Hilfsmittelversorgung, nicht jedoch auf die optimale Versorgung…“

Darin liegt oft die Schwierigkeit im Krankenversicherungsrecht. Gesetze und Verordnungen sowie Hilfsmittelkataloge und Ähnliches geben vor, welches Maß anzusetzen ist, wenn Leistungen gewährt werden sollen. Der Gesetzgeber will dabei zwar eine gute, ausreichende, aber auch notwendige und wirtschaftliche Leistung geben; mehr aber nicht.

Selbst wenn im Einzelfall über schwere Schicksalsschläge zu entscheiden ist, darf ein Gericht diese Vorgaben nie vergessen. Dabei bleiben oft Trauer und Unverständnis. Leider hilft genau das juristisch aber nicht weiter. Urteile werden jedoch von Juristen gesprochen. Diese sind zwar auch Menschen mit Einzelschicksalen, dürfen aber über geltendes Recht nicht hinweggehen.

Im Einzelfall bleibt damit, frühzeitig genau zu überlegen, aus welchem Grund ein Anspruch geltend gemacht wird. Die gesetzlichen Bestimmungen sind da und es gibt auch umfangreiche Rechtsprechung hierzu. Daran kann man seinen Antrag orientieren. Das gilt zumindest im Regelfall.

Wird ein Antrag auf die Gewährung einer Sozialleistung so formuliert, dass er den gesetzlichen Vorgaben entspricht, so ist die Chance größer, das zu bekommen, was man möchte. Argumentiert man von Beginn an „ins Blaue hinein“, so ist die Situation von Anfang an schwieriger.

In dem vom Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen entschiedenen Fall, hätte das jedoch leider wohl auch nicht weitergeholfen. Das Sozialgericht hatte die Tragik des Falls sicher erkannt, dem Landessozialgericht schien aber offensichtlich kein anderer Weg zu bleiben.

Nach bisheriger Rechtsprechung des BSG trifft das wohl auch zu. Allerdings wird nach Inkrafttreten des Bundesteilhabegesetzes (BTHG) nicht nur auf Grundbedürfnisse des täglichen Lebens mit abgestellt werden dürfen.

Mit dem BTHG sollte das Schwerbehindertenrecht gemäß der UN-Behindertenrechtskonvention zum Teilhaberecht entwickelt werden. Zur Teilhabe gehört demnach mehr als Gehen, Stehen, Sitzen, Liegen, Greifen, Sehen, Hören u.s.w, nämlich die Lebensqualität weitestgehend an die der „Nichtbehinderten“ anzugleichen und ein weitestgehend unabhängiges Leben zu ermöglichen.

Man hätte deshalb auch anders entscheiden können.

Rechtliche Grundlagen

§ 33 SGB V

(1) Versicherte haben Anspruch auf Versorgung mit Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen, soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen oder nach § 34 Abs. 4 ausgeschlossen sind. Die Hilfsmittel müssen mindestens die im Hilfsmittelverzeichnis nach § 139 Absatz 2 festgelegten Anforderungen an die Qualität der Versorgung und der Produkte erfüllen, soweit sie im Hilfsmittelverzeichnis nach § 139 Absatz 1 gelistet oder von den dort genannten Produktgruppen erfasst sind. Der Anspruch auf Versorgung mit Hilfsmitteln zum Behinderungsausgleich hängt bei stationärer Pflege nicht davon ab, in welchem Umfang eine Teilhabe am Leben der Gemeinschaft noch möglich ist; die Pflicht der stationären Pflegeeinrichtungen zur Vorhaltung von Hilfsmitteln und Pflegehilfsmitteln, die für den üblichen Pflegebetrieb jeweils notwendig sind, bleibt hiervon unberührt. Für nicht durch Satz 1 ausgeschlossene Hilfsmittel bleibt § 92 Abs. 1 unberührt. Der Anspruch umfasst auch zusätzlich zur Bereitstellung des Hilfsmittels zu erbringende, notwendige Leistungen wie die notwendige Änderung, Instandsetzung und Ersatzbeschaffung von Hilfsmitteln, die Ausbildung in ihrem Gebrauch und, soweit zum Schutz der Versicherten vor unvertretbaren gesundheitlichen Risiken erforderlich, die nach dem Stand der Technik zur Erhaltung der Funktionsfähigkeit und der technischen Sicherheit notwendigen Wartungen und technischen Kontrollen. Ein Anspruch besteht auch auf solche Hilfsmittel, die eine dritte Person durch einen Sicherheitsmechanismus vor Nadelstichverletzungen schützen, wenn der Versicherte selbst nicht zur Anwendung des Hilfsmittels in der Lage ist und es hierfür einer Tätigkeit der dritten Person bedarf, bei der durch mögliche Stichverletzungen eine Infektionsgefahr besteht oder angenommen werden kann. Zu diesen Tätigkeiten gehören insbesondere Blutentnahmen und Injektionen. Der Gemeinsame Bundesausschuss bestimmt in seiner Richtlinie nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 bis zum 31. Januar 2020 die Tätigkeiten, bei denen eine erhöhte Infektionsgefährdung angenommen werden kann. Wählen Versicherte Hilfsmittel oder zusätzliche Leistungen, die über das Maß des Notwendigen hinausgehen, haben sie die Mehrkosten und dadurch bedingte höhere Folgekosten selbst zu tragen. § 18 Absatz 6a des Elften Buches ist zu beachten.
(2) Versicherte haben bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres Anspruch auf Versorgung mit Sehhilfen entsprechend den Voraussetzungen nach Absatz 1. Für Versicherte, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, besteht der Anspruch auf Sehhilfen, wenn sie

1.
nach ICD 10-GM 2017 auf Grund ihrer Sehbeeinträchtigung oder Blindheit bei bestmöglicher Brillenkorrektur auf beiden Augen eine schwere Sehbeeinträchtigung mindestens der Stufe 1 oder
2.
einen verordneten Fern-Korrekturausgleich für einen Refraktionsfehler von mehr als 6 Dioptrien bei Myopie oder Hyperopie oder mehr als 4 Dioptrien bei Astigmatismus

aufweisen; Anspruch auf therapeutische Sehhilfen besteht, wenn diese der Behandlung von Augenverletzungen oder Augenerkrankungen dienen. Der Gemeinsame Bundesausschuss bestimmt in Richtlinien nach § 92, bei welchen Indikationen therapeutische Sehhilfen verordnet werden. Der Anspruch auf Versorgung mit Sehhilfen umfaßt nicht die Kosten des Brillengestells.
(3) Anspruch auf Versorgung mit Kontaktlinsen besteht für anspruchsberechtigte Versicherte nach Absatz 2 nur in medizinisch zwingend erforderlichen Ausnahmefällen. Der Gemeinsame Bundesausschuss bestimmt in den Richtlinien nach § 92, bei welchen Indikationen Kontaktlinsen verordnet werden. Wählen Versicherte statt einer erforderlichen Brille Kontaktlinsen und liegen die Voraussetzungen des Satzes 1 nicht vor, zahlt die Krankenkasse als Zuschuß zu den Kosten von Kontaktlinsen höchstens den Betrag, den sie für eine erforderliche Brille aufzuwenden hätte. Die Kosten für Pflegemittel werden nicht übernommen.
(4) Ein erneuter Anspruch auf Versorgung mit Sehhilfen nach Absatz 2 besteht für Versicherte, die das vierzehnte Lebensjahr vollendet haben, nur bei einer Änderung der Sehfähigkeit um mindestens 0,5 Dioptrien; für medizinisch zwingend erforderliche Fälle kann der Gemeinsame Bundesausschuss in den Richtlinien nach § 92 Ausnahmen zulassen.
(5) Die Krankenkasse kann den Versicherten die erforderlichen Hilfsmittel auch leihweise überlassen. Sie kann die Bewilligung von Hilfsmitteln davon abhängig machen, daß die Versicherten sich das Hilfsmittel anpassen oder sich in seinem Gebrauch ausbilden lassen.
(5a) Eine vertragsärztliche Verordnung ist für die Beantragung von Leistungen nach den Absätzen 1 bis 4 nur erforderlich, soweit eine erstmalige oder erneute ärztliche Diagnose oder Therapieentscheidung medizinisch geboten ist. Abweichend von Satz 1 können die Krankenkassen eine vertragsärztliche Verordnung als Voraussetzung für die Kostenübernahme verlangen, soweit sie auf die Genehmigung der beantragten Hilfsmittelversorgung verzichtet haben. § 18 Absatz 6a des Elften Buches ist zu beachten.
(5b) Sofern die Krankenkassen nicht auf die Genehmigung der beantragten Hilfsmittelversorgung verzichten, haben sie den Antrag auf Bewilligung eines Hilfsmittels mit eigenem weisungsgebundenem Personal zu prüfen. Sie können in geeigneten Fällen durch den Medizinischen Dienst vor Bewilligung eines Hilfsmittels nach § 275 Absatz 3 Nummer 1 prüfen lassen, ob das Hilfsmittel erforderlich ist. Eine Beauftragung Dritter ist nicht zulässig.
(6) Die Versicherten können alle Leistungserbringer in Anspruch nehmen, die Vertragspartner ihrer Krankenkasse sind.
(7) Die Krankenkasse übernimmt die jeweils vertraglich vereinbarten Preise.
(8) Versicherte, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, leisten zu jedem zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung abgegebenen Hilfsmittel als Zuzahlung den sich nach § 61 Satz 1 ergebenden Betrag zu dem von der Krankenkasse zu übernehmenden Betrag an die abgebende Stelle. Der Vergütungsanspruch nach Absatz 7 verringert sich um die Zuzahlung; § 43c Abs. 1 Satz 2 findet keine Anwendung. Die Zuzahlung bei zum Verbrauch bestimmten Hilfsmitteln beträgt 10 vom Hundert des insgesamt von der Krankenkasse zu übernehmenden Betrags, jedoch höchstens 10 Euro für den gesamten Monatsbedarf.
(9) Absatz 1 Satz 6 gilt entsprechend für Intraokularlinsen beschränkt auf die Kosten der Linsen.