Ist die Behandlung nicht vom Gemeinsamen Bundesauschuss empfohlen, interessiert auch eine Kostenersparnis nicht. Copyright by Adobe Stock/auremar
Ist die Behandlung nicht vom Gemeinsamen Bundesauschuss empfohlen, interessiert auch eine Kostenersparnis nicht. Copyright by Adobe Stock/auremar

Der Kläger stritt mit seiner Krankenkasse um die Kostenübernahme für eine ambulante Operation seiner Augenerkrankung. Er litt an einer Degeneration der Makula. Der Operationstermin war bereits festgelegt. Um Kosten zu vermeiden, werde die Operation ambulant vorgenommen. Das teilte der Kläger seiner Krankenkasse noch kurz vor der Operation mit. Er legte auch eine ärztliche Bescheinigung des Operateurs vor.
 

 

 

Wenige Tage vor der Operation informierte die Krankenkassen den Kläger telefonisch

Wenige Tage vor dem Operationstermin informierte die Kasse den Kläger telefonisch, dass die Kosten für die geplante Behandlung nicht übernommen werden könnten. Das hielt den Kläger jedoch nicht davon ab, den abgemachten Termin einzuhalten.
 
Im Nachhinein erhielt er dann auch eine schriftliche Mitteilung seiner Krankenkasse. Die Kostenübernahme werde abgelehnt, heißt es darin. Die Behandlung sei nicht vom Gemeinsamen Bundesausschuss, einem Zusammenschluss von Vertretern der gesetzlichen Krankenkassen und anderer Leistungserbringer, empfohlen. Das Gesetz fordere, dass nur für diejenigen Behandlungen Kosten übernommen werden dürften, die dort empfohlen worden seien.
 

Der Kläger befand sich in keiner notstandsähnlichen Situation

Der Kläger habe sich auch in keiner Situation befunden, die mit einem Notstand verglichen werden könne. Außerdem stünde eine andere Behandlungsmöglichkeit zur Verfügung. Diese erfolge zwar stationär. Dafür dürfe die Kasse aber Kosten übernehmen. Die Krankenkasse verweist in dem ablehnenden Bescheid im Übrigen darauf, dass sie an das Gesetz gebunden sei.
 

Der Kläger hatte die Operation außerdem schon durchgeführt

Der Kläger habe die Operation außerdem schon durchgeführt, ohne eine abschließende Entscheidung der Krankenkasse abgewartet zu haben. Er hätte den Eingriff durchaus verschieben können.
 
Das Sozialgericht Speyer gab der Klage nicht statt. Das Landessozialgericht Rheinland-Pfalz wies die Berufung des Klägers nun ebenfalls zurück. Die gesetzlichen Voraussetzungen zur Kostenübernahme lägen nicht vor.
 

Wird eine Leistung nicht rechtzeitig erbracht, kann der Versicherte sie sich selbst beschaffen

Habe eine Krankenkasse eine Leistung nicht rechtzeitig erbringen können, dürfe der Versicherte sich diese selbst beschaffen. Das gelte auch dann, wenn die Kasse eine Leistung zu Unrecht abgelehnt habe. Die Kasse müsse dann statt der ursprünglich beantragten Sachleistung die Kosten erstatten, die dem Versicherten entstanden seien.
 
Das setze allerdings voraus, dass die selbst beschaffte Leistung überhaupt zu denjenigen Leistungen gehöre, die die Krankenkasse allgemein zu erbringen habe. Daran fehle es hier. Der Kläger habe nämlich schon keinen Anspruch darauf gehabt, dass die Krankenkasse ihm die Operation genehmige.
 

Es handelte sich um eine „neue“ Behandlungsmethode

Es handele sich um eine „neue“ Behandlungsmethode. Diese sei nämlich nicht in den Empfehlungen des Gemeinsamen Bundesausschusses, einem Zusammenschluss von Vertretern der gesetzlichen Krankenkassen und anderer Leistungserbringer, enthalten. Diese Empfehlungen seien verbindlich.
 
Ein Ausnahmefall liege nicht vor. Es bestünde nämlich die Möglichkeit, die Leistung im Rahmen einer empfohlenen Behandlungsmethode zu erbringen, selbst wenn man ihn dann stationär behandeln müsse. Damit handele es sich bei der vom Kläger gewünschten Behandlung jedoch nicht um eine Leistung, die die gesetzliche Krankenversicherung erbringen müsse.
 

Dem Kläger kann nicht vorgeworfen werden, die abschließende Entscheidung der Krankenkasse nicht abgewartet zu haben

Dem Kläger könne aber nicht vorgeworfen werden, er habe die abschließende Entscheidung seiner Krankenkasse nicht abgewartet. So hatte es das Sozialgericht in der ersten Instanz gesehen. Das Landessozialgericht meint dazu, es genüge die telefonische Mitteilung, dass die Behandlung nicht genehmigt werde. Der Kläger habe nicht abwarten müssen, bis sein Antrag schriftlich abgelehnt worden sei.
 
Um den gesetzlich vorgeschriebenen Weg einzuhalten, sich eine Leistung selbst zu beschaffen, reiche zwar die telefonische Mitteilung aus. Das führe jedoch im Falle des Klägers nicht weiter, denn es ändere nichts daran, dass die geplante Operation auch als Sachleistung nicht übernommen werden konnte.
 

Es spielt keine Rolle, dass die Behandlungsmethode für andere Fälle anerkannt sei

Es spiele dabei keine Rolle, dass die Behandlungsmethode, für die der Kläger sich entschieden hatte, medizinisch in anderen Fällen anerkannt sei. Sie stehe nicht in der Liste der Empfehlungen des Gemeinsamen Bundesausschusses. Auch etablierte Methoden einer stationären Versorgung könnten für die ambulante Behandlung neu sein.
 
Der Kläger könne auch keine Ansprüche daraus herleiten, dass entsprechende Behandlungen früher schon einmal genehmigt worden seien. Daraus könne der Kläger keine Rechtsansprüche herleiten. Vertrauensschutz könne er ebenfalls nicht beanspruchen, denn ihm sei zum Zeitpunkt der Operation die Ablehnung der Krankenkasse schon bekannt gewesen.
 

Es kann nicht berücksichtigt werden, dass die ambulante Behandlung kostengünstiger ist

Schließlich dürfe auch nicht berücksichtigt werden, dass die ambulante Behandlung kostengünstiger war als eine alternativ durchgeführte stationäre Behandlung des Klägers. Das Gesetz stehe einem Leistungsanspruch insofern entgegen. Ein Kostenerstattungsanspruch wegen ersparter Aufwendungen sei gesetzlich nicht vorgesehen.
 
Der Kläger musste die Kosten mithin selbst tragen, obwohl die Krankenkasse für eine gleichartige Behandlung unter stationären Bedingungen verpflichtet gewesen wäre, die gesamten, höheren Kosten zu übernehmen.


Landessozialgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 27. Mai 2020