Die Krankenkasse hat in diesem Fall nicht frühzeitig mitgeteilt, wann der Anspruch auf Krankengeld endet. 
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Die Krankenkasse hat in diesem Fall nicht frühzeitig mitgeteilt, wann der Anspruch auf Krankengeld endet. copyright: Adobe. Stock. - Von fkprojects

Nach § 48 SGB V ist das Krankengeld zeitlich befristet auf maximal 78 Wochen innerhalb einer Rahmenfrist von drei Jahren. Die sechs Wochen Entgeltfortzahlung des Arbeitgebers zählen mit.  Die Krankenkassen weisen in der Regel frühzeitig darauf hin, zu welchem Zeitpunkt der Krankengeldanspruch endet. Dieses Schreiben enthält auch den Hinweis, dass der/die Versicherte evtl. danach einen Anspruch auf Arbeitslosengeld hat.

 

Neumann hat die Mitteilung nicht bekommen

 

Neumann ist sehr korrekt mit seinem Posteingang, nicht so oft schaute er aber auf sein Konto. Er war weiter krankgeschrieben und bemerkte spät, dass die Krankengeldzahlung ausblieb. Auf seine telefonische Nachfrage Ende November 2021 hieß es, das sei ihm schon im Mai mitgeteilt worden. Aus Sicht der Krankenkasse wurde die Mitteilung mit Schreiben vom 30.11.2021 wiederholt. In dem Schreiben stand, dass sein Anspruch auf Krankengeld rückwirkend zu Ende August ausgelaufen sei und er ggfs. Anspruch auf Arbeitslosengeld habe. Neumann hat das Schreiben von Mai nicht bekommen. Unter anderem im Juni hatte er noch mit der Kasse telefoniert, aber da ging es um andere Dinge.

 

Neumann meldet sich sofort bei der Agentur für Arbeit

 

Neumann eilt mit diesem Schreiben zur Agentur für Arbeit und diese bewilligt dann ab dem 1. Dezember Arbeitslosengeld. Es bleibt eine Lücke, denn eine frühere Bewilligung scheitert an fehlender Meldung.

 

Sobald er Arbeitslosengeld bezieht, ist Neumann darüber wieder pflichtversichert bei der Krankenkasse. Die Zwischenzeit – ca. 3 Monate - sind problematisch.

 

Krankenkasse verlangt freiwillige Versicherung

 

Für diesen Zeitraum verlangte die Krankenkasse Kranken-und Pflegeversicherungsbeiträge. Neumann konnte in keine Familienversicherung wechseln und musste fast 900 € an Beiträgen zahlen. Er hat in diesem Zeitraum auch Leistungen der Kasse in Anspruch genommen, so dass er erstmal zahlte, dann aber Widerspruch einlegte.

 

Neumann will Krankengeld und Beitragsrückerstattung

 

Neumann möchte erreichen, dass Krankengeld bis zum 30.11.2021 gezahlt wird und auch, dass er die Beiträge zurückbekommt.

Es beginnt ein wilder Schriftverkehr. Die Kasse griff auf alte Schreiben zurück, mit denen doch schon informiert worden sei. Diese enthielten aber nur einen Hinweis zum Beginn des Krankengeldanspruchs. Dann verwies die Kasse auf geführte Telefongespräche, die mittlerweile fast zwei Jahre her waren und Neumann solle angeben, was da gesagt worden sei. Die Notizen der Kasse waren dazu nicht ergiebig, und Neumann konnte sich wirklich nicht erinnern.

Aber, wenn er vor Ende November die Info bekommen hätte, warum sollte er sich schaden? Hätte man ihn informiert, wäre er quasi zur Arbeitsagentur gerannt.

 

Alles, nur keine Entscheidung

 

Rechtlich wird Krankengeld nur solange gewährt, wie die Voraussetzungen vorliegen. Aber was ist mit Beratungsverschulden? Wofür informieren die Kassen denn mit den Schreiben? Manche Kassen sollen schon dazu übergegangen sein, solche Schreiben per Einschreiben zu schicken. Auch Krankenkassen haben eine sozialrechtliche Beratungspflicht. Aber wer trägt hier das Risiko? Und kann es das Krankengeld als Schadensersatz geben?

Fragen über Fragen, aber eine Entscheidung über den Widerspruch steht weiter aus.

 

Vergleichsangebot der Kasse

 

Nach dem ganzen Schriftverkehr drängte der DGB Rechtsschutz Düren die Kasse, nunmehr eine rechtsmittelfähige Entscheidung zu erlassen. Und manchmal passieren noch kleine Wunder. Es wurde zwar ausdrücklich darauf hingewiesen, dass dieses Angebot keinen Rechtsanspruch für zukünftige Fälle oder gleichgelagerte Fälle sei. Aber die Krankenkasse lenkte ein und bot vergleichsweise an, die Beiträge zurück zu zahlen und das Krankengeld bis zum Beginn des Arbeitslosengeldes zu gewähren.

 

Glückwunsch Neumann, nervenaufreibend, aber sein Ziel wurde mit 100 % erreicht.

Das sagen wir dazu:

Auch bei uns in Deutschland kann es immer noch schnell passieren, unverschuldet „aus dem System zu kippen“. Zum Glück konnte die sofortige Bewilligung des Arbeitslosengeldes erreicht werden. Neumann wird zukünftig nicht nur seine Post aufmerksam lesen, sondern auch das Konto im Blick behalten. Er ist froh, dass die Ungerechtigkeit noch im Widerspruchsverfahren ausgeräumt werden konnte. Sozialgerichtliche Entscheidungen zu genau dieser Problematik scheint es nicht zu geben.