Provisionen erhöhen das Einkommen oft nicht nur geringfügig. Copyright by Adobe Stock/ vegefox.com
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  Vor der Geburt ihres Kindes arbeitete die Mutter einer 2016 geborenen Tochter als Steuerfachwirtin. In diesem Beruf erhielt sie ein Festgehalt zuzüglich monatlicher Provisionen. Ihr Arbeitgeber zahlte ihr in allen Monaten vor der Geburt ihres Kindes diese Provisionen in nahezu gleicher Höhe.
 

Konstante Umsätze bei gleich bleibendem Kundenstamm

Das hatte damit zu tun, dass die Klägerin einen gleich bleibenden Kundenstamm hatte. Deswegen fielen die Umsätze relativ konstant aus. Die Klägerin durfte sich orientiert an den tatsächlichen Umsätzen auch ihren monatlichen Provisionsbetrag aussuchen und selbst festlegen.
 
Der Arbeitgeber hatte die Provisionen zur Lohnsteuer als „sonstige Bezüge“ angemeldet. Diese „sonstigen Bezüge“ berücksichtigte die Elterngeldstelle bei ihren Berechnungen nicht. Sie wies darauf hin, dass die Anmeldung des Arbeitgebers beim Finanzamt bindend sei. Sie dürfe hiervon nicht abweichen. „Sonstige Bezüge“ seien kein laufender Arbeitslohn.
 

Die Elterngeldstelle ist nicht unbedingt an Anmeldung gebunden

Das sahen das Sozialgericht und auch das Landessozialgericht jedoch anders. Die Arbeitgeberin habe dem Finanzamt insoweit nicht die richtigen Daten gemeldet. Auch sei die Elterngeldstelle nicht an diese Daten gebunden.
 
Das hat das Bundessozialgericht nun auch bestätigt. Der Klägerin stehe Elterngeld zu, das auch die Provisionen berücksichtigt, denn diese seien laufender Arbeitslohn. Dem stehe auch die Anmeldung des Arbeitgebers beim Finanzamt nicht entgegen.
 

Die Arbeitgeberin hatte die Provisionen lückenlos gezahlt

Diese Entscheidung begründet das Bundessozialgericht damit, die Klägerin habe im maßgeblichen Zeitraum Einkommen erzielt, zu welchem auch die lückenlos gezahlten Provisionen gehörten. Es handele sich hierbei um positive Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit.
 
Die Provisionen seien steuerrechtlich als laufender Arbeitslohn zu behandeln, weil sie von der Arbeitgeberin in monatlichen Abständen und lückenlos gezahlt worden seien. Die Klägerin habe die vereinbarten Provisionszahlungen auch mit den jeweiligen monatlichen Lohnabrechnungen erhalten.
 

Es zählt allein, was das Steuerrecht vorgibt

Beim Elterngeld würden solche Einnahmen nicht berücksichtigt, die im Lohnsteuerabzugsverfahren als „sonstige Bezüge“ zu behandeln seien. Dabei käme es allein auf die einschlägigen steuerrechtlichen Begriffsbestimmungen an.
 
Sonstige Bezüge seien solche Bestandteile des Entgeltes, die nicht zur gleichen Zeit und in gleichem Abstand gezahlt würden wie das monatliche Arbeitsentgelt. Die Klägerin habe jedoch monatliche Provisionen mit den jeweiligen Gehaltsabrechnungen erhalten. Deshalb seien diese Provisionen keine „sonstige Bezüge“ sondern laufender Arbeitslohn.
 
Allein die einschlägige steuerrechtliche Begriffsbestimmung entscheide darüber, wie einzelne Zahlungen gewertet würden. Der Gesetzgeber habe für die Abgrenzung zwischen laufendem Arbeitslohn und sonstigen Bezügen auf das formelle und materielle Steuerrecht verwiesen.
 

Zum laufenden Arbeitsentgelt gehört, was der Arbeitgeber regelmäßig im Monat zahlt

Dies finde seinen Niederschlag auch in dem Verfahren, mit welchem die Lohnsteuer abgezogen werde. Sei dabei für die Zahlung eines Grundgehaltes ein monatlicher Zahlungszeitraum vereinbart, müssten auch die anderen Bestandteile des Entgelts lückenlos monatlich gezahlt werden. Nur dann seien sie laufender Arbeitslohn.
 
Dies sei bei der Klägerin der Fall gewesen. Obwohl sich bei ihr die Höhe ihrer Provision im maßgeblichen Kalenderjahr geringfügig geändert habe, bliebe es dabei. Die monatlichen Zahlungen machten die Provision nach dem Steuerrecht zu laufendem Arbeitslohn.
 
Dass die Klägerin sich die Höhe der monatlichen Provisionen selbst aussuchen durfte, ändere hieran nichts. In ihrem Falle orientierten sich die Provisionen nämlich an den tatsächlichen Umsätzen. Diese sollten die konkret entstehenden Provisionsansprüche über Monate und Jahre hinweg authentisch als Durchschnittswert abbilden. Anhaltspunkte dass es sich hierbei Nach- oder Vorauszahlungen im Sinne sonstiger Bezüge des Steuerrechts gehandelt habe, seien nicht zu erkennen.
 

Es kommt nicht unbedingt darauf an, was der Arbeitgeber beim Finanzamt gemeldet hat

Die Arbeitgeberinnen habe die Provisionen zwar als „sonstiger Bezug“ beim Finanzamt angemeldet. Eine rechtliche Konsequenz habe das jedoch im Fall der Klägerin nicht. Zwar binde die Meldung beim Finanzamt auch die Beteiligten des Elterngeldverfahrens. Eine solche Bindung bestehe jedoch nicht ausnahmslos.
 
Bestünden Anhaltspunkte dafür, dass die Angaben im Lohnsteuerabzugsverfahren nicht mehr zutreffend seien, müssten die Elterngeldbehörden bei eigenen Bedenken oder Einwänden des Elterngeldberechtigten in bestimmten Fällen durchaus eine erneute Prüfung durchführen.
 

Liegt ein Steuerbescheid vor, können die Meldungen zum Abführen der Lohnsteuer geändert werden

Ergehe ein Einkommenssteuerbescheid, sei die Anmeldung zur Lohnsteuer anschließend nicht mehr Grundlage der Besteuerung. Die Anmeldung zur Lohnsteuer sei in diesem Moment für die Elterngeldstelle nicht mehr bindend. Dies verpflichte sodann die Elterngeldstelle, eigene Prüfungen zur Frage des laufenden Arbeitslohns vorzunehmen.
 
Das Bundessozialgericht weist in seiner Entscheidung darauf hin, dass etwaige Fehler beim Lohnsteuerabzug auch nach einer bindenden Lohnsteueranmeldung und nach Abschluss des Lohnsteuerabzugsverfahrens noch im Rahmen der Einkommenssteuerveranlagung berichtigt werden könnten.
 

Die Klägerin hatte einen Einkommenssteuerbescheid

Vor diesem steuerlichen Hintergrund sei davon auszugehen, dass auch im Elterngeldverfahren die Bindung der Beteiligten an die Lohnsteueranmeldungen des Arbeitgebers entfalle, wenn ein Einkommensteuerbescheid vorliege.
 
So war die Situation bei der Klägerin. Die Elterngeldstelle musste deshalb die Provisionen der Klägerin berücksichtigen.


Hier geht es zum Urteil

Das sagen wir dazu:

Die Rechtsprechung hierzu war früher teilweise anders. Monatliche Zahlungen von Provisionen im jeweiligen einzelnen Entgeltabrechnungszeitraum forderte die Rechtsprechung nicht zwingend. Dadurch, dass der Gesetzgeber den laufenden Arbeitslohn bei der Berechnung des Elterngeldes uneingeschränkt an steuerliche Vorgaben gebunden hat, hat sich das jedoch geändert.

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