Arbeitsunfälle können die Beschäftigung einer Haushaltshilfe erforderlich machen. Für Grenzgänger treten dabei oft zusätzliche Probleme auf. Copyright by Adobe Stock/auremar
Arbeitsunfälle können die Beschäftigung einer Haushaltshilfe erforderlich machen. Für Grenzgänger treten dabei oft zusätzliche Probleme auf. Copyright by Adobe Stock/auremar

Ein 56-jähriger Franzose hatte vor vielen Jahren an seinem Arbeitsplatz in Deutschland einen Arbeitsunfall erlitten. Wegen der Folgen dieses Unfalles benötigte er für einen Übergangszeitraum eine Haushaltshilfe. Die Berufsgenossenschaft erklärte sich bereit, die Kosten für diese zu übernehmen.
 

Die BG wollte nur neun statt 14 € übernehmen

Sie beschränkte ihr Angebot jedoch auf maximal vier Stunden pro Woche zu einem Stundenlohn von 9,74 €. In Deutschland müsse eine Haushaltshilfe bei der Minijob-Zentrale angemeldet werden. Der Kläger möge sich nach den gesetzlichen Regelungen in Frankreich erkundigen und  - sofern erforderlich  - die eine Haushaltshilfe selbst bei der Behörde anmelden.
 
Der Mann brachte in Erfahrung, dass in Frankreich die legale Beschäftigung einer Haushaltshilfe für 9,74 € pro Stunde nicht möglich ist. Dort fielen wenigstens 14-15 € pro Stunde an.
 

Die BG wollte die Mehrkosten nicht zahlen

Das rührte die Berufsgenossenschaft allerdings nicht. Es bleibe zwar bei der Bewilligung einer Hilfe für den Haushalt. Für eine französische Haushaltshilfe könne sie jedoch nur den Betrag bezahlen, der auch in Deutschland anfalle.
 
Nun nahm sich das DGB Rechtsschutzbüro Pirmasens der Sache an. Der Mann habe einen Anspruch auf Übernahme der Kosten, die ihm tatsächlich entstanden seien. Das sah das Sozialgericht Mannheim ebenso.
 

In Europa gilt die sogenannte Sachleistungsaushilfe

Das Sozialgericht verweist darauf, dass der Kläger in Frankreich lebe. In der Europäischen Union müsse die Beklagte Leistungen im Wege der sogenannten Sachleistungsaushilfe gewähren. Der Kläger müsse daher Sachleistungen in derselben Form und im gleichen Umfang erhalten wie die eigenen Versicherten des Unfallversicherungsträgers im Aufenthaltsstaat.
 
Im Fall des Klägers finde damit grundsätzlich französisches Recht Anwendung. Der französische Versicherungsträger müsse die beantragte Leistung gewähren. Die deutsche Sozialversicherung erstatte diesem anschließend die Kosten.
 

Französische Sozialversicherungsträger übernehmen keine Kosten für Haushaltshilfen

Nach französischem Recht gebe es aber keine Haushaltshilfe. Diese Mitteilung habe das Gericht inzwischen erhalten.
 
Sei eine Sachleistung, die das deutsche Recht vorsehe, im Ausland nicht möglich, dann verdränge das europäische Recht ausnahmsweise nicht das deutsche Recht. In dem Fall könne sich der Berechtigte die Leistung selbst beschaffen und habe dann einen Anspruch auf Erstattung der Kosten unmittelbar gegenüber dem deutschen Sozialversicherungsträger.
 

Europäisches, koordinierendes Recht soll rechtliche Möglichkeiten erweitern

Europäisches, koordinierendes Sozialrecht solle nämlich kein Recht verkürzen sondern rechtliche Möglichkeiten erweitern. Leistungsverpflichtungen deutscher Sozialversicherungsträger, die alleine nach deutschem Sozialrecht begründet seien, würden durch das koordinierende europäische Sozialrecht im allgemeinen deshalb weder vermindert noch beseitigt.
 
Daher finde das deutsche Recht auf den in Frankreich lebenden Kläger weiter Anwendung.
 

Kosten für Haushaltshilfen sind gedeckelt

Für die Erbringung von Haushaltshilfen gebe es umfassende rechtliche Bestimmungen in Deutschland. Diese wende die Beklagte regelmäßig an. Danach seien die Kosten für Haushaltshilfen aber nach oben hin gedeckelt, weil die Selbstbeschaffung einer Haushaltshilfe angesichts der geringen Lohnnebenkosten für geringfügig Beschäftigte im Privathaushalt mit diesem Betrag grundsätzlich möglich sei.
 
Mit der Pauschale sollten alle anfallenden Aufwendungen abgedeckt sein. Könne die Berufsgenossenschaft eine Haushaltshilfe als Sachleistung nicht zur Verfügung stellen, müsse sie die Kosten für eine selbst beschaffte Haushaltshilfe in angemessener Höhe erstatten. Das Gesetz sehe dabei keine Selbstbeteiligung der Versicherten vor.
 

Das Europarecht will eine Benachteiligung von Grenzgängern vermeiden

Das Europarecht wolle vermeiden, dass Betroffene aufgrund eines grenzüberschreitenden Sachverhaltes benachteiligt werden. Die Erstattung von Kosten im gleichen Umfang wie bei einem im Inland lebenden Versicherten schlösse derartige Benachteiligungen aus.
 
Im Fall einer Haushaltshilfe bedeute das aber nicht etwa, dass die Erstattung der Kosten auf den gleichen Zahlbetrag pro Stunde beschränkt werden dürfe wie bei einem im Inland lebenden Versicherten.
 

Die BG muss die Kosten für eine legale Beschäftigung übernehmen

Die Beklagte müsse den Kläger in der Weise mit einem in Deutschland lebenden Versicherten gleich behandeln, als auch er eine Erstattung derjenigen Kosten für eine Haushaltshilfe erhalte, die bei einer legalen Beschäftigung in Frankreich anfielen. Das seien statt der bewilligten 9,74 €rund 15 €.
 
Andernfalls würde entgegen der gesetzlichen Regelung kein vollwertiger Ersatz für die eigentlich zu erbringende Sachleistung gezahlt. Es käme nur zu einem Zuschuss zu den entstehenden Kosten. Das widerspreche dem Strukturprinzip der gesetzlichen Unfallversicherung, Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten mit allen geeigneten Mitteln zu entschädigen.


Hier geht es zum Urteil