Auch wenn’s Krach gibt, kann das ein Arbeitsunfall sein.  Copyright by Wrangler/Fotolia
Auch wenn’s Krach gibt, kann das ein Arbeitsunfall sein. Copyright by Wrangler/Fotolia

Was genau sich ereignete, ließ sich im gerichtlichen Verfahren nicht zweifelsfrei klären. Fest stand allerdings, dass die Klägerin, die die Anerkennung eines Arbeitsunfalles geltend machte, eine fristlose Kündigung erhalten hatte. Diese fristlose Kündigung hatte vor dem Arbeitsgericht bestand. Das Arbeitsverhältnis der Klägerin mit ihrem Arbeitgeber war damit beendet.

Aufgrund dessen ging auch das Sozialgericht im Unfallverfahren davon aus, dass die Klägerin selbst ganz wesentlich zu der gewaltsamen Auseinandersetzung beigetragen hatte. Nachdem sie sich jedoch die Fraktur eines Fingers hierbei zuzog, musste das Gericht sich mit der Frage befassen, ob die Klägerin trotz ihrer Mitwirkung am Streit einen Arbeitsunfall im Sinne des Gesetzes erlitten hatte.

Verbaler Angriff wegen des Alters

An der Auseinandersetzung in der Umkleidekabine waren mehrere türkischstämmige Schülerinnen beteiligt. Die Klägerin selbst war wesentlich älter als ihre Mitschülerinnen. Diese griffen sie insbesondere auch wegen ihres Alters verbal an. Eine der Mitschülerinnen versuchte zu schlichten. Dies führte jedoch nicht zum gewünschten Erfolg. Der Streit setzte sich letztlich bis zur Verletzung der Klägerin fort und zwar sowohl verbal als auch körperlich.

Es ging dabei insbesondere auch um ein Telefonat am späten Abend vor einer Klassenarbeit. Eine der Mitschülerinnen wollte mit der Klägerin telefonieren. Da es jedoch schon sehr spät war, mochte diese sich daran nicht mehr beteiligen. Sie gab an, schon ins Bett gehen zu wollen, da am nächsten Tag ja die Prüfung sei. Die Mitschülerin fing daraufhin an sie zu hänseln, in dem Alter schon so früh schlafen zu gehen. Die Klägerin wandte sich anschließend telefonisch an die Mutter ihrer Mitschülerin, damit diese auf ihre Tochter besänftigend einwirken könnte. Offensichtlich führte das dann aber zu Schwierigkeiten mit deren Vater.

Genau deshalb wurde die Klägerin dann auch in der Umkleidekabine zur Rede gestellt. Diese Auseinandersetzung eskalierte schließlich und führte zur Verletzung der Klägerin.

Versicherte Tätigkeit ist Voraussetzung für Arbeitsunfall

Trotz der aktiven Beteiligung der Klägerin an der Auseinandersetzung in der Umkleidekabine vertrat das Sozialgericht die Auffassung, es habe ein Arbeitsunfall vorgelegen. Arbeitsunfälle seien Unfälle von Versicherten während deren versicherter Tätigkeit.

Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts hänge der Versicherungsschutz von Betriebsangehörigen im Zusammenhang mit einem Streit davon ab, ob die Verletzung der betrieblichen Tätigkeit zugerechnet werden könne. Die betriebliche Tätigkeit müsse bei Auseinandersetzungen Ursache für den Streit und das Handeln des Schädigers gewesen sein.

War der Streit der versicherten Tätigkeit zuzuordnen?

Vorliegend war daher durch das Sozialgericht zu klären, ob das Handeln der Klägerin der versicherten Tätigkeit zuzuordnen war. Den Zusammenhang mit der betrieblichen Tätigkeit sah das Gericht nicht in dem verbalen Angriff auf die Klägerin hinsichtlich deren Alters.

Das Telefonat vom Abend vor einer Klassenarbeit erfülle jedoch die Voraussetzungen des betrieblichen Zusammenhangs. Gegen 22:30 Uhr hatte die Klägerin einen Anruf erhalten, den sie nicht mehr entgegen nehmen wollte. Ihr war es hierfür schon zu spät gewesen. Die Auseinandersetzung bezog sich auch auf dieses Telefonat.

Klassenarbeit stellt betrieblichen Zusammenhang her

Diese Klassenarbeit des Folgetages vom Telefonat stellte für das Sozialgericht den Zusammenhang zwischen dem Streit und der betrieblichen Tätigkeit her. Sie und das Verhalten der Klägerin, das damit in Zusammenhang stand, bildeten aus Sicht des Gerichts den Zusammenhang mit der Ausbildung her. Für den konkreten Streit stelle die mit der Ausbildung verbundene Prüfung eine wesentliche Teilursache dar.

Das Gericht kam damit zum Ergebnis, dass die Klägerin einen Arbeitsunfall erlitten hatte. Dass sie hieran selbst aktiv beteiligt gewesen ist, spielte letztlich eine untergeordnete Rolle.

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Weiterführender Link:

Landessozialgericht Sachsen-Anhalt