Der Kläger entschied sich im Erwachsenenalter für den Beruf des Erziehers. © Adobe Stock Monkey Business
Der Kläger entschied sich im Erwachsenenalter für den Beruf des Erziehers. © Adobe Stock Monkey Business

Die Schulleiterin einer Fachschule für Sozialpädagogik nahm mit Carolina Hartmann vom DGB Rechtsschutzbüro Reutlingen Kontakt auf. Gleich fünf angehende Erzieher*innen waren gewerkschaftlich organisiert und hatten ihre zweijährige schulische Ausbildung abgeschlossen. 

 

Die vier Frauen und ihr männlicher Kollege hatten vor Beginn des Anerkennungsjahres die Zahlung einer Weiterbildungsprämie beantragt. Die Agentur für Arbeit lehnte ab. Hartmann vertrat die Betroffenen im Rechtsmittelverfahren.

 

Erzieher*innen machen keine Zwischenprüfung

 

Das Gesetz sehe zwar eine Weiterbildungsprämie nach Bestehen der Zwischenprüfung in einem Ausbildungsberuf vor. Für den Beruf des*der Erzieher*in gebe es eine Zwischenprüfung jedoch nicht, begründet die Agentur für Arbeit ihre Ablehnung. An die schulische Ausbildung schließe sich eine Zeit der praktischen Ausbildung an, ohne dass eine Prüfung absolviert werde. 

 

Das Sozialgericht hob die Bescheide der Agentur für Arbeit auf. Im Fall des angehenden männlichen Erziehers, der seine gesamte Ausbildung inzwischen abgeschlossen hat, entschied nun das Landessozialgericht.

 

Die Weiterbildungsprämie nach dem SGB III

 

Nach dem Gesetz erhalten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer eine Prämie, wenn sie an einer geförderten beruflichen Weiterbildung teilnehmen, die zu einem Abschluss in einem Ausbildungsberuf führt und für die eine Ausbildungsdauer von wenigstens zwei Jahre festgelegt ist. Nach Bestehen der Zwischenprüfung beläuft sich die Prämie auf 1.000 € und nach Bestehen der Abschlussprüfung auf 1.500 €.

 

Die Ausbildung des Klägers zum Erzieher an der Fachschule für Sozialpädagogik sei eine nach den gesetzlichen Bestimmungen geförderte berufliche Weiterbildung, so das Landessozialgericht. Der Kläger habe inzwischen auch die Abschlussprüfung bestanden. Deshalb habe die Beklagte ihm die Prämie für das Bestehen dieser Abschlussprüfung bewilligt.

 

Dem Kläger stehe auch die Prämie von 1.000 € für die bestandene Zwischenprüfung zu. 

 

Das Zeugnis der Schule ist keine Zwischenprüfung
 

Die Fachschule für Sozialpädagogik habe dem Kläger den Abschluss der zweijährigen schulischen Ausbildung in einem Zeugnis bescheinigt. Dieses Zeugnis sei zwar keine Zwischenprüfung, die Vorschriften über die Zahlung einer Weiterbildung müsse die Agentur für Arbeit jedoch entsprechend anwenden.

 

Maßgeblich sei nicht allein die Teilnahme an einer Zwischenprüfung, sondern deren Ergebnis. Der Abschluss der schulischen Ausbildung, für die der Kläger die Prämie haben wolle, fließe in die Abschlussprüfung mit ein. Dieser erste Teil des Fachschulexamens diene nicht lediglich der Ermittlung des Ausbildungsstandes, sondern sei Bestandteil des Fachschulexamens in der Fachrichtung Sozialpädagogik. Er stelle keine Zwischenprüfung dar. 

 

Man könne den ersten Teil der Abschlussprüfung auch nicht einfach als Zwischenprüfung werten. Der Wortlaut des Gesetzes sei eindeutig.

 

Die Interessenlage des Klägers ist von Bedeutung

 

Allerdings enthalte das Gesetz eine Lücke, die der Gesetzgeber nicht gewollt habe. Die Interessenlage des Klägers entspreche aber derjenigen im Gesetzestext. 

 

Zwar enthalte das Gesetz insofern eine Lücke, als der Wortlaut der Vorschrift nur die Zwischenprüfung, nicht aber den ersten Teil einer gestreckten Abschlussprüfung erfasse. Der Gesetzesbegründung lasse sich aber entnehmen, dass der Gesetzgeber bei Ausbildungsberufen mit gestreckter Abschlussprüfung den ersten Teil der Abschlussprüfung einer Zwischenprüfung bei der Gewährung einer Weiterbildung gleichstellen wolle.

 

Die Prämie belohnt das Durchhaltevermögen

 

Das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen habe in einem gleich gelagerten Verfahren darauf hingewiesen, dass nach den Gesetzesmaterialien die Teilnahme an einer mehrjährigen, abschlussbezogenen Weiterbildung für erwachsene Teilnehmer*innen hohe Anforderungen an Motivation und Durchhaltevermögen stelle. 

 

Das gelte für Arbeitslose, aber auch für Arbeitnehmer*innen mit Betreuung- und Familienpflichten. Mit der Einführung von Erfolgsprämien für das Bestehen einer durch Gesetz oder Verordnung geregelten Zwischenprüfung und der Abschlussprüfung sollte die Motivation erhöht werden, eine von Agenturen für Arbeit geförderte abschlussbezogene berufliche Weiterbildung aufzunehmen, durchzuhalten und abzuschließen. 

 

Dem schloss sich das Landessozialgericht Baden-Württemberg in vollem Umfang an. 

 

Das Landessozialgericht wartet nicht ab

 

Caroline Hartmann freut sich. Die sehr engagierte Vizepräsidentin des Landessozialgerichts Baden-Württemberg habe ihr Urteil noch vor einer Entscheidung des Bundessozialgerichts gesprochen, die in einem vergleichbaren Verfahren in Kürze erwartet werde, meint sie. Die Argumentation aus Stuttgart werde das Bundessozialgericht nun berücksichtigen müssen.

 

Bleibt zu hoffen, dass das erfreuliche Urteil der zweiten Instanz aus Baden-Württemberg auch beim Bundessozialgericht Bestand haben wird.

 

Hier geht es zum Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg.

 

 

 

 

Rechtliche Grundlagen

§ 131 a SGB III

§ 131a SGB III
(1) (weggefallen)
(2) Abweichend von § 81 Absatz 4 kann die Agentur für Arbeit unter Anwendung des Vergaberechts Träger mit der Durchführung von folgenden Maßnahmen beauftragen, wenn die Maßnahmen vor Ablauf des 31. Dezember 2023 beginnen:

1. Maßnahmen, die zum Erwerb von Grundkompetenzen nach § 81 Absatz 3a führen,

2. Maßnahmen, die zum Erwerb von Grundkompetenzen nach § 81 Absatz 3a und zum Erwerb eines Abschlusses in einem Ausbildungsberuf führen, für den nach bundes- oder landesrechtlichen Vorschriften eine Ausbildungsdauer von mindestens zwei Jahren festgelegt ist, oder

3. Maßnahmen, die eine Weiterbildung in einem Betrieb, die auf den Erwerb eines Berufsabschlusses im Sinne des § 81 Absatz 2 Nummer 1 gerichtet ist, begleitend unterstützen.

Für Maßnahmen nach Nummer 2 gilt § 180 Absatz 4 entsprechend. § 176 Absatz 2 Satz 2 findet keine Anwendung.
(3) Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die an einer nach § 81 geförderten beruflichen Weiterbildung teilnehmen, die zu einem Abschluss in einem Ausbildungsberuf führt, für den nach bundes- oder landesrechtlichen Vorschriften eine Ausbildungsdauer von mindestens zwei Jahren festgelegt ist, erhalten folgende Prämien, wenn die Maßnahme vor Ablauf des 31. Dezember 2023 beginnt:

1. nach Bestehen einer in diesen Vorschriften geregelten Zwischenprüfung eine Prämie von 1 000 Euro und
2. nach Bestehen der Abschlussprüfung eine Prämie von 1 500 Euro.