Der Eventmanager gab seine Selbständigkeit aufgrund der mit der Corona-Pandemie verbundenen Einschränkungen im Veranstaltungssektor 2020 auf.
© Adobe Stock - Von Yvonne Weis
Der Eventmanager gab seine Selbständigkeit aufgrund der mit der Corona-Pandemie verbundenen Einschränkungen im Veranstaltungssektor 2020 auf. © Adobe Stock - Von Yvonne Weis

Im Jahr 2000 machte sich der Mann mit einer Eventagentur selbstständig. Als zwanzig Jahre später Corona im Veranstaltungssektor „zuschlug“, suchte er sich notgedrungen eine andere Tätigkeit und war als LKW-Fahrer beschäftigt.

 

Dieses Arbeitsverhältnis kündigte er zu Ende Februar 2022. Er ging davon aus, dass er ab März 2022 wieder mit der Eventagentur tätig werden könne.

 

Agentur für Arbeit verhängt eine Sperrzeit von 12 Wochen

 

Die Bundesagentur für Arbeit stellte den Eintritt einer zwölfwöchigen Sperrzeit und das Ruhen des Anspruchs auf Arbeitslosengeld im Zeitraum 1. März bis 23. Mai 2022 fest.

 

Dagegen wehrte sich der Eventmanager zunächst mit Widerspruch und anschließender Klage. Dieses Klageverfahren läuft noch beim Sozialgericht Aachen. Darin ist zu prüfen, ob ein wichtiger Grund dafür anzuerkennen ist, das Beschäftigungsverhältnis als LKW-Fahrer zu beenden.

 

Parallel stellte er einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz. Diesen Antrag lehnte das Gericht ab. Mit seiner Beschwerde beim Landessozialgericht (LSG) war er zum Teil erfolgreich.

 

Landessozialgericht reduziert die Sperrzeit auf 6 Wochen

 

Das LAG verpflichtete die Arbeitsagentur dazu, vom 13. April bis zum 23. Mai Arbeitslosengeld zu zahlen. Es bestünden große Zweifel daran, ob die Sperrzeit mit den vollen 12 Wochen rechtmäßig sei. Deshalb sei der Vollzug zumindest für die zweite Hälfte auszusetzen.

 

Auch, wenn die Arbeitslosigkeit selbst herbeigeführt wurde, sei doch schon fraglich, ob dies grob fahrlässig erfolgt sei. Der Eventmanager habe - soweit sich der Sachverhalt für das Gericht aus den Akten ergibt - im Januar 2022 noch davon ausgehen dürfen, dass er ab März 2022 wieder mit der Eventagentur tätig werden könne.

 

Regelsperrzeit wäre eine besondere Härte

 

Das LSG überlegte auch, wie die Sache aussehen würde, wenn wegen der unsicheren Pandemielage Anfang des Jahres 2022 von einer groben Fahrlässigkeit auszugehen sei. Dann sei eine besondere Härte anzunehmen und eine Verkürzung der Sperrzeit auf sechs Wochen geboten.

 

Eine besondere Härte liegt dann vor, wenn die Gesamtumstände im Einzelfall die Regelsperrzeit von zwölf Wochen objektiv unverhältnismäßig erscheinen lassen. Es sei mindestens unverhältnismäßig hart, so das LSG, den Versuch eines vor der pandemiebedingten Schließung seines Geschäfts erfolgreich selbständig Tätigen, diese Tätigkeit wiederaufzunehmen, mit der Regelsperrzeit zu sanktionieren. Das gelte zumindest dann, wenn berechtigterweise anzunehmen sei, dass die selbständige Tätigkeit wiederaufgenommen werden könne. Das sah das LSG im Falle des Eventmanagers so.

 

 

Lesen Sie zum Thema Aufhebungsvertrag und verkürzte Sperrzeit auch unseren Beitrag

Arbeitslosengeld: Kürzere Sperrzeit bei besonderer Härte

 

 

 

 

 

Das sagen wir dazu:

Nicht nur Selbstständige, die von Corona besonders betroffen waren, werden viel Verständnis für die Situation des Eventmanagers haben. Wir alle haben die wirtschaftlichen Auswirkungen der Pandemie erlebt. Natürlich sollte der Job als LKW-Fahrer nur vorübergehend sein. Ob der Zeitpunkt, den Job aufzugeben und in die Selbständigkeit zurückzukehren, zu früh gewählt war, lässt sich mit den wenigen Informationen nicht sagen. In jedem Fall ist der Schritt des Eventmanagers verständlich und die Entscheidung des LSG zu begrüßen, wenn es hier ein grob fahrlässiges Handeln bezweifelt und eine besondere Härte annimmt.

 

Da es eine Entscheidung im einstweiligen Rechtsschutz ist, wird es noch zu einem endgültigen Urteil durch das Sozialgericht Aachen kommen, bzw., im Falle einer Berufung, durch das LSG. Hoffentlich wird dann nicht nur eine besondere Härte anerkannt, sondern auch ein wichtiger Grund dafür, das Arbeitsverhältnisses als Fahrer aufzugeben. Dann wäre die ganze Sperrzeit und nicht nur die Hälfte hinfällig. 

Rechtliche Grundlagen

§ 159 SGB III

§ 159 Ruhen bei Sperrzeit
(1) Hat die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer sich versicherungswidrig verhalten, ohne dafür einen wichtigen Grund zu haben, ruht der Anspruch für die Dauer einer Sperrzeit. Versicherungswidriges Verhalten liegt vor, wenn
1.
die oder der Arbeitslose das Beschäftigungsverhältnis gelöst oder durch ein arbeitsvertragswidriges Verhalten Anlass für die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses gegeben und dadurch vorsätzlich oder grob fahrlässig die Arbeitslosigkeit herbeigeführt hat (Sperrzeit bei Arbeitsaufgabe),
2.-9- (…)
(2) Die Sperrzeit beginnt mit dem Tag nach dem Ereignis, das die Sperrzeit begründet, oder, wenn dieser Tag in eine Sperrzeit fällt, mit dem Ende dieser Sperrzeit. Werden mehrere Sperrzeiten durch dasselbe Ereignis begründet, folgen sie in der Reihenfolge des Absatzes 1 Satz 2 Nummer 1 bis 9 einander nach.
(3) Die Dauer der Sperrzeit bei Arbeitsaufgabe beträgt zwölf Wochen. Sie verkürzt sich
1.
auf drei Wochen, wenn das Arbeitsverhältnis innerhalb von sechs Wochen nach dem Ereignis, das die Sperrzeit begründet, ohne eine Sperrzeit geendet hätte,
2.
auf sechs Wochen, wenn
a)
das Arbeitsverhältnis innerhalb von zwölf Wochen nach dem Ereignis, das die Sperrzeit begründet, ohne eine Sperrzeit geendet hätte oder
b)
eine Sperrzeit von zwölf Wochen für die arbeitslose Person nach den für den Eintritt der Sperrzeit maßgebenden Tatsachen eine besondere Härte bedeuten würde.
(4) – (6) (…)