Führt Anwaltsrechnung zu schnellerem Arbeitslosengeld? Copyright by Andrey Popov/Fotolia
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Eine Antwort auf diese Frage gibt das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 11. April 2019.

 

 

Arbeitslosengeld des Klägers ruht

Der Kläger hatte vor dem Arbeitsgericht einen Abfindungsvergleich geschlossen. Weil das Arbeitsverhältnis danach vor Ablauf der Kündigungsfrist enden sollte, ordnete die Bundesagentur für Arbeit das Ruhen des Arbeitslosengeldes an. Die Begründung für die entsprechende gesetzliche Regelung ist, dass zumindest ein Teil der Abfindung für das Bestreiten des Lebensunterhaltes dienen soll.

 

Kläger macht Anwaltskosten geltend

Der Kläger wandte sich gegen die Dauer des Ruhens. Er argumentierte, dass ihm ein Teil seiner Abfindung gar nicht zur Verfügung gestanden habe, weil er damit seinen Anwalt im Kündigungsschutzprozess habe bezahlen müssen. Diesen Teil der Abfindung dürfe die Bundesagentur deshalb bei der Berechnung der Ruhenszeit nicht berücksichtigen.
Die Höhe der Abfindung ist für die Dauer des Ruhens von Bedeutung. Denn der Anspruch auf Arbeitslosengeld ruht höchstens so lange, wie der Arbeitslose gebraucht hätte, um bei seiner letzten Beschäftigung einen Betrag von 60 % der Abfindung zu verdienen.

 

Berufung des Klägers führt zum Landessozialgericht

Weil sowohl der Widerspruch als auch die Klage vor dem Sozialgericht erfolglos blieben, legte der Kläger Berufung beim Landessozialgericht ein. Dieses Gericht zeigte ebenfalls kein Verständnis für das Anliegen des Klägers. Denn für einen Abzug der Anwaltskosten gebe es keine rechtliche Grundlage. Bei der Berechnung des Ruhezeitraumes komme es nach der gesetzlichen Regelung auf das Alter des Klägers und die Dauer seines Arbeitsverhältnisses an. Einen Abzug aus welchen Gründen auch immer sehe das Gesetz aber nicht vor.
 
Hier finden Sie die vollständige Pressemitteilung des Landessozialgerichts Essen vom 11. April 2019 AZ:  L 9 AL 224/18

Das sagen wir dazu:

Ein gangbarer Weg für den Kläger wäre möglicherweise gewesen, im arbeitsgerichtlichen Vergleich zusätzlich zur Abfindung zu vereinbaren, dass der Arbeitgeber auch die Anwaltskosten des Klägers zu tragen hat. In diesem Fall wäre dann die Abfindung niedriger gewesen. Es ist allerdings zu befürchten, dass die Bundesagentur dagegen einwenden könnte, die Übernahme der Anwaltskosten sei eine ähnliche Leistung wie eine Abfindung und deshalb ebenfalls zu berücksichtigen.

Rechtliche Grundlagen

Sozialgesetzbuch (SGB) Drittes Buch (III) § 158

Sozialgesetzbuch (SGB) Drittes Buch (III) § 158 Ruhen des Anspruchs bei Entlassungsentschädigung
(1) Hat die oder der Arbeitslose wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine Abfindung, Entschädigung oder ähnliche Leistung (Entlassungsentschädigung) erhalten oder zu beanspruchen und ist das Arbeitsverhältnis ohne Einhaltung einer der ordentlichen Kündigungsfrist des Arbeitgebers entsprechenden Frist beendet worden, so ruht der Anspruch auf Arbeitslosengeld von dem Ende des Arbeitsverhältnisses an bis zu dem Tag, an dem das Arbeitsverhältnis bei Einhaltung dieser Frist geendet hätte. Diese Frist beginnt mit der Kündigung, die der Beendigung des Arbeitsverhältnisses vorausgegangen ist, bei Fehlen einer solchen Kündigung mit dem Tag der Vereinbarung über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Ist die ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber ausgeschlossen, so gilt bei
1.
zeitlich unbegrenztem Ausschluss eine Kündigungsfrist von 18 Monaten,
2.
zeitlich begrenztem Ausschluss oder Vorliegen der Voraussetzungen für eine fristgebundene Kündigung aus wichtigem Grund die Kündigungsfrist, die ohne den Ausschluss der ordentlichen Kündigung maßgebend gewesen wäre.
Kann der Arbeitnehmerin oder dem Arbeitnehmer nur bei Zahlung einer Entlassungsentschädigung ordentlich gekündigt werden, so gilt eine Kündigungsfrist von einem Jahr. Hat die oder der Arbeitslose auch eine Urlaubsabgeltung (§ 157 Absatz 2) erhalten oder zu beanspruchen, verlängert sich der Ruhenszeitraum nach Satz 1 um die Zeit des abgegoltenen Urlaubs. Leistungen, die der Arbeitgeber für eine arbeitslose Person, deren Arbeitsverhältnis frühestens mit Vollendung des 50. Lebensjahres beendet wird, unmittelbar für deren Rentenversicherung nach § 187a Absatz 1 des Sechsten Buches aufwendet, bleiben unberücksichtigt. Satz 6 gilt entsprechend für Beiträge des Arbeitgebers zu einer berufsständischen Versorgungseinrichtung.

(2) Der Anspruch auf Arbeitslosengeld ruht nach Absatz 1 längstens ein Jahr. Er ruht nicht über den Tag hinaus,
1.
bis zu dem die oder der Arbeitslose bei Weiterzahlung des während der letzten Beschäftigungszeit kalendertäglich verdienten Arbeitsentgelts einen Betrag in Höhe von 60 Prozent der nach Absatz 1 zu berücksichtigenden Entlassungsentschädigung als Arbeitsentgelt verdient hätte,
2.
an dem das Arbeitsverhältnis infolge einer Befristung, die unabhängig von der Vereinbarung über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses bestanden hat, geendet hätte, oder
3.
an dem der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist hätte kündigen können.
Der nach Satz 2 Nummer 1 zu berücksichtigende Anteil der Entlassungsentschädigung vermindert sich sowohl für je fünf Jahre des Arbeitsverhältnisses in demselben Betrieb oder Unternehmen als auch für je fünf Lebensjahre nach Vollendung des 35. Lebensjahres um je 5 Prozent; er beträgt nicht weniger als 25 Prozent der nach Absatz 1 zu berücksichtigenden Entlassungsentschädigung. Letzte Beschäftigungszeit sind die am Tag des Ausscheidens aus dem Beschäftigungsverhältnis abgerechneten Entgeltabrechnungszeiträume der letzten zwölf Monate; § 150 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 und Absatz 3 gilt entsprechend. Arbeitsentgeltkürzungen infolge von Krankheit, Kurzarbeit, Arbeitsausfall oder Arbeitsversäumnis bleiben außer Betracht.

(3) Hat die oder der Arbeitslose wegen Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses unter Aufrechterhaltung des Arbeitsverhältnisses eine Entlassungsentschädigung erhalten oder zu beanspruchen, gelten die Absätze 1 und 2 entsprechend.

(4) Soweit die oder der Arbeitslose die Entlassungsentschädigung (Arbeitsentgelt im Sinne des § 115 des Zehnten Buches) tatsächlich nicht erhält, wird das Arbeitslosengeld auch für die Zeit geleistet, in der der Anspruch auf Arbeitslosengeld ruht. Hat der Verpflichtete die Entlassungsentschädigung trotz des Rechtsübergangs mit befreiender Wirkung an die Arbeitslose, den Arbeitslosen oder an eine dritte Person gezahlt, hat die Bezieherin oder der Bezieher des Arbeitslosengeldes dieses insoweit zu erstatten.