Erfolgreich stritt ein 42-jähriger Arbeitsloser gegen Verhängung einer Sperrzeit von drei Wochen. Er hatte sich auf einen Vermittlungsvorschlag der Agentur für Arbeit nicht beworben. Die Stelle sei für ihn nicht geeignet gewesen, meinte er. Hätte er gewusst, dass eine Nichtbewerbung zu einer Sperrzeit führen würde, hätte er dennoch eine Bewerbung abgegeben.

Die Arbeitsagentur verweist auf ihr Merkblatt

Die Agentur für Arbeit ließ das nicht gelten, verhängte die Sperrzeit und forderte rund 1.400 € von ihm zurück. Sie verwies auf ein Merkblatt, das sie dem Kläger ausgehändigt hatte. Mit diesem Merkblatt werden Rechte und Pflichten für Arbeitslose erläutert. Es enthält darüber hinaus auch Hinweise über Konsequenzen bei einer Nichteinhaltung.

Das Sozialgericht hat die Klage des Mannes abgewiesen. Das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen war anderer Auffassung.

Nach dem Gesetz ruht der Arbeitslosengeldanspruch für die Dauer einer Sperrzeit. Die Agentur für Arbeit kann eine Sperrzeit verhängen, wenn sich die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer ohne wichtigen Grund versicherungswidrig verhalten hat. Ein versicherungswidriges Verhalten liegt beispielsweise vor, wenn die arbeitslose Person trotz Belehrung über die Rechtsfolgen eine von der Agentur für Arbeit angebotene Beschäftigung nicht annimmt oder nicht antritt bzw. das Zustandekommen eines Vorstellungsgespräches durch ihr Verhalten verhindert.

Pauschale Hinweise im Merkblatt reichen nicht aus

Das LSG meint dazu, dass eine Sperrzeit aber nur dann in Betracht komme, wenn die Belehrung über die Rechtsfolgen konkret, richtig, vollständig und verständlich sei. Die Rechtsfolgenbelehrung habe eine Aufklärungs- und Warnfunktion. Sie müsse deshalb in verständlicher Form und zutreffend erläutern, welche unmittelbaren und konkreten Auswirkungen auf den Leistungsanspruch auftreten könnten, wenn ein Arbeitsangebot ohne wichtigen Grund abgelehnt werde. Die Belehrung müsse sich auch auf den Beginn der angedrohten Sperrzeit beziehen.

Ein allgemeiner Hinweis auf den Inhalt des Merkblattes reiche nicht aus. Der Vermittlungsvorschlag an den Kläger habe auf der Rückseite eine Rechtsfolgenbelehrung enthalten. Der Kläger habe zwar behauptet, er wisse nicht, ob und wie er den Vermittlungsvorschlag erhalten habe, er könne sich auch an ein Beratungsgespräch bei der Agentur für Arbeit nicht mehr genau erinnern und den Vermittlungsvorschlag selbst habe er zunächst bis zum Gerichtstermin aufgehoben, dann jedoch weggeworfen.

Die Ausführungen des Klägers hielt das Landessozialgericht für nicht glaubwürdig oder nachvollziehbar. Unabhängig davon, ob der Kläger in der Lage gewesen war, den Inhalt des Vermittlungsvorschlages im Verfahren zu beweisen, stehe anhand der Einlassungen der Agentur für Arbeit fest, dass der Vermittlungsvorschlag lediglich einen pauschalen Hinweis auf das Merkblatt enthalten habe.

Die Belehrung muss den Beginn der Sperrzeit umfassen

Dort heiße es nämlich lediglich „Hinweise dazu, unter welchen Voraussetzungen ein Anspruch auf Alg erworben wird und wann eine Sperrzeit eintritt, enthält das "Merkblatt für Arbeitslose, Ihre Rechte - Ihre Pflichten". Das Merkblatt enthalte jedoch unter dem Stichwort „Sperrzeit“ keine Ausführungen über den Beginn einer Sperrzeit bei einer Arbeitsablehnung. Darüber hätte die Arbeitsagentur den Kläger jedoch informieren müssen.

Eine Belehrung über den Beginn einer Sperrzeit sei nicht entbehrlich. Dass es Schwierigkeiten hinsichtlich der datumsmäßigen Festlegung im konkreten Einzelfall gebe, sei allgemein bekannt. Ein konkretes Datum müsse die Beklagte auch nicht benennen. Dem Merkblatt fehle jedoch jegliche Belehrung über den Zeitpunkt, an dem die angedrohte Sperrzeit wegen Arbeitsablehnung beginne. Das führe dazu, dass die Rechtsfolgenbelehrung unwirksam sei.

Der Kläger konnte zufrieden sein, obwohl der Eindruck blieb, er habe es mit seinen Bewerbungen überhaupt nicht so genau nehmen wollen.

Hier das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen 11. Senat vom 23.06.2021, L 11 AL 95/19 im Volltext

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Rechtliche Grundlagen

§ 159 SGB III

Sozialgesetzbuch (SGB) Drittes Buch (III) - Arbeitsförderung - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. März 1997, BGBl. I S. 594)
§ 159 Ruhen bei Sperrzeit
(1) Hat die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer sich versicherungswidrig verhalten, ohne dafür einen wichtigen Grund zu haben, ruht der Anspruch für die Dauer einer Sperrzeit. Versicherungswidriges Verhalten liegt vor, wenn
1.
die oder der Arbeitslose das Beschäftigungsverhältnis gelöst oder durch ein arbeitsvertragswidriges Verhalten Anlass für die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses gegeben und dadurch vorsätzlich oder grob fahrlässig die Arbeitslosigkeit herbeigeführt hat (Sperrzeit bei Arbeitsaufgabe),
2.
die bei der Agentur für Arbeit als arbeitsuchend gemeldete (§ 38 Absatz 1) oder die arbeitslose Person trotz Belehrung über die Rechtsfolgen eine von der Agentur für Arbeit unter Benennung des Arbeitgebers und der Art der Tätigkeit angebotene Beschäftigung nicht annimmt oder nicht antritt oder die Anbahnung eines solchen Beschäftigungsverhältnisses, insbesondere das Zustandekommen eines Vorstellungsgespräches, durch ihr Verhalten verhindert (Sperrzeit bei Arbeitsablehnung),
3.
die oder der Arbeitslose trotz Belehrung über die Rechtsfolgen die von der Agentur für Arbeit geforderten Eigenbemühungen nicht nachweist (Sperrzeit bei unzureichenden Eigenbemühungen),
4.
die oder der Arbeitslose sich weigert, trotz Belehrung über die Rechtsfolgen an einer Maßnahme zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung (§ 45) oder einer Maßnahme zur beruflichen Ausbildung oder Weiterbildung oder einer Maßnahme zur Teilhabe am Arbeitsleben teilzunehmen (Sperrzeit bei Ablehnung einer beruflichen Eingliederungsmaßnahme),
5.
die oder der Arbeitslose die Teilnahme an einer in Nummer 4 genannten Maßnahme abbricht oder durch maßnahmewidriges Verhalten Anlass für den Ausschluss aus einer dieser Maßnahmen gibt (Sperrzeit bei Abbruch einer beruflichen Eingliederungsmaßnahme),
6.
die oder der Arbeitslose sich nach einer Aufforderung der Agentur für Arbeit weigert, trotz Belehrung über die Rechtsfolgen an einem Integrationskurs nach § 43 des Aufenthaltsgesetzes oder an einem Kurs der berufsbezogenen Deutschsprachförderung nach § 45a des Aufenthaltsgesetzes teilzunehmen, der jeweils für die dauerhafte berufliche Eingliederung notwendig ist (Sperrzeit bei Ablehnung eines Integrationskurses oder einer berufsbezogenen Deutschsprachförderung),
7.
die oder der Arbeitslose die Teilnahme an einem in Nummer 6 genannten Kurs abbricht oder durch maßnahmewidriges Verhalten Anlass für den Ausschluss aus einem dieser Kurse gibt (Sperrzeit bei Abbruch eines Integrationskurses oder einer berufsbezogenen Deutschsprachförderung),
8.
die oder der Arbeitslose einer Aufforderung der Agentur für Arbeit, sich zu melden oder zu einem ärztlichen oder psychologischen Untersuchungstermin zu erscheinen (§ 309), trotz Belehrung über die Rechtsfolgen nicht nachkommt oder nicht nachgekommen ist (Sperrzeit bei Meldeversäumnis),
9.
die oder der Arbeitslose der Meldepflicht nach § 38 Absatz 1 nicht nachgekommen ist (Sperrzeit bei verspäteter Arbeitsuchendmeldung).
Die Person, die sich versicherungswidrig verhalten hat, hat die für die Beurteilung eines wichtigen Grundes maßgebenden Tatsachen darzulegen und nachzuweisen, wenn diese Tatsachen in ihrer Sphäre oder in ihrem Verantwortungsbereich liegen.
(2) Die Sperrzeit beginnt mit dem Tag nach dem Ereignis, das die Sperrzeit begründet, oder, wenn dieser Tag in eine Sperrzeit fällt, mit dem Ende dieser Sperrzeit. Werden mehrere Sperrzeiten durch dasselbe Ereignis begründet, folgen sie in der Reihenfolge des Absatzes 1 Satz 2 Nummer 1 bis 9 einander nach.
(3) Die Dauer der Sperrzeit bei Arbeitsaufgabe beträgt zwölf Wochen. Sie verkürzt sich
1.
auf drei Wochen, wenn das Arbeitsverhältnis innerhalb von sechs Wochen nach dem Ereignis, das die Sperrzeit begründet, ohne eine Sperrzeit geendet hätte,
2.
auf sechs Wochen, wenn
a)
das Arbeitsverhältnis innerhalb von zwölf Wochen nach dem Ereignis, das die Sperrzeit begründet, ohne eine Sperrzeit geendet hätte oder
b)
eine Sperrzeit von zwölf Wochen für die arbeitslose Person nach den für den Eintritt der Sperrzeit maßgebenden Tatsachen eine besondere Härte bedeuten würde.
(4) Die Dauer der Sperrzeit bei Arbeitsablehnung, bei Ablehnung einer beruflichen Eingliederungsmaßnahme, bei Abbruch einer beruflichen Eingliederungsmaßnahme, bei Ablehnung eines Integrationskurses oder einer berufsbezogenen Deutschsprachförderung oder bei Abbruch eines Integrationskurses oder einer berufsbezogenen Deutschsprachförderung beträgt
1.
im Fall des erstmaligen versicherungswidrigen Verhaltens dieser Art drei Wochen,
2.
im Fall des zweiten versicherungswidrigen Verhaltens dieser Art sechs Wochen,
3.
in den übrigen Fällen zwölf Wochen.
Im Fall der Arbeitsablehnung oder der Ablehnung einer beruflichen Eingliederungsmaßnahme nach der Meldung zur frühzeitigen Arbeitsuche (§ 38 Absatz 1) im Zusammenhang mit der Entstehung des Anspruchs gilt Satz 1 entsprechend.
(5) Die Dauer einer Sperrzeit bei unzureichenden Eigenbemühungen beträgt zwei Wochen.
(6) Die Dauer einer Sperrzeit bei Meldeversäumnis oder bei verspäteter Arbeitsuchendmeldung beträgt eine Woche.