Wer sich an ein Gericht wendet muss in der Lage sein, Post zu erhalten. © Adobe Stock ghazii
Wer sich an ein Gericht wendet muss in der Lage sein, Post zu erhalten. © Adobe Stock ghazii

Gegen einen Beschluss des Sozialgerichts legte ein 46-jähriger Mann aus Frankfurt am Main Beschwerde beim Hessischen Landessozialgericht (LSG) ein. Das Beschwerdegericht wies ihn darauf hin, dass weder die Angabe einer ehemaligen Adresse, unter welcher er nicht mehr erreichbar sei, noch eines Postfachs genügten. Wenn er seine aktuelle Adresse nicht angebe, so sei sein Rechtsschutzbegehren unzulässig. Das entsprechende gerichtliche Schreiben wurde an das von ihm benannte Postfach geschickt. Zugleich erfolgte eine öffentliche Zustellung des Schreibens.

 

Die Weigerung seine Adresse anzugeben, begründete der Mann, der nicht behauptete obdachlos zu sein damit, dass bei Odachlosigkeit die Pflicht zur Angabe einer Anschrift entfalle.

Angabe der aktuellen Anschrift erforderlich

Das Argument des Mannes vermochten die Richter*innen des LSG nicht zu überzeugen. Sie verwarfen die Beschwerde als unzulässig. Denn, so das Gericht, im Regelfall setzt ein zulässiges Rechtsschutzbegehren die Mitteilung der aktuellen Anschrift voraus. Dies ergebe sich schon daraus, dass es der Angabe des Wohnsitzes bzw. Aufenthalts- oder Beschäftigungsortes des Rechtsuchenden bedürfe, damit die örtliche Zuständigkeit des Gerichts und der zuständige „gesetzliche Richter“ festgestellt werden könne.

 

Auch für die rechtswirksame Zustellung gerichtlicher Anordnungen und Entscheidungen sei die Anschrift erforderlich, denn die öffentliche Zustellung komme nur in atypischen Ausnahmefällen in Betracht. Als Regelzustellung bei planmäßigem, nicht gerechtfertigtem Schweigen eines Betroffenen über seinen Aufenthalt sei dies nicht vorgesehen. Ferner sei die Adresse zur einwandfreien Identifizierung des Rechtsuchenden auch aus Gründen des Kostenrechts erforderlich.

Bei Obdachlosigkeit oder schwerwiegenden Gründen kann keine Angabepflicht bestehen

Entfallen könne die Pflicht zur Angabe der Anschrift, so das LSG, wenn die Angabe aus schwerwiegenden Gründen nicht zumutbar sei oder Obdachlosigkeit vorliege. Der Beschwerdeführer sei jedoch nicht obdachlos.

 

Aus anderen von ihm betriebenen Verfahren sei dem Gericht bekannt, dass er regelmäßig in Hotels übernachte und die Kosten gegenüber dem Jobcenter geltend mache. Auch nehme er immer wieder Arbeitsstellen wahr und betreibe eine Vielzahl von gerichtlichen Verfahren, in denen er computergeschriebene Schriftsätze einreiche. Es sei daher davon auszugehen, dass er dem Gericht bewusst keine Wohnanschrift nenne.

Hier geht es zum Beschluss des Hessischen Landessozialgerichts vom 15.07.2021 - L 7 AS 177/21