Anspruch auf Arbeitslosengeld bei privater Pflegetätigkeit nur unter bestimmten Voraussetzungen. © Adobe Stock - Von New Africa
Anspruch auf Arbeitslosengeld bei privater Pflegetätigkeit nur unter bestimmten Voraussetzungen. © Adobe Stock - Von New Africa

Nach § 26 Abs. 2b Satz 1 Sozialgesetzbuch III ab 2017 sind Personen in der Zeit, für die sie von einer Pflegekasse, einem privaten Versicherungsunternehmen, der Festsetzungsstelle für die Beihilfe oder dem Dienstherrn Pflegeunterstützungsgeld beziehen, versicherungspflichtig. Unter Hinweis hierauf beantragte der Kläger, der seine demente Mutter durchgehend von 2006 bis zu ihrem Tod 2019 gepflegt hatte Arbeitslosengeld ab dem 4. November 2019.

Trotz der Pflege habe er bis 2008 gearbeitet und danach bis 2009 Arbeitslosengeld bezogen. Dem Antrag war kein Erfolg beschieden, da, so die Bundesanstalt für Arbeit (BA), er in den letzten zwei Jahren vor Antragstellung weniger als 12 Monate versicherungspflichtig gewesen sei.

Widerspruchsverfahren erfolglos - Klage erstinstanzlich erfolgreich

Nach erfolglosen Widerspruchsverfahren erhob er Klage beim Sozialgericht (SG) Köln, das der Klage mit Urteil 13. April 2021 stattgab und die beklagte BA zur Zahlung von Arbeitslosengeld verurteilte. 

BA geht in Berufung 

Gegen die erstinstanzliche Entscheidung legte die BA Berufung beim Landessozialgericht (LSG) Nordrhein-Westfalen (NRW) ein.

LSG kippt Entscheidung des Kölner SG – Keine unmittelbare Anbindung an Arbeitslosenversicherung

Auf die Berufung der BA hat das LSG das Urteil abgeändert und die Klage abgewiesen. Begründet wurde dies damit, dass § 26 Abs. 2b SGB III in der ab dem 01. Januar 2017 geltenden Fassung allein eine bestehende Anbindung an die Arbeitslosenversicherung erhalten solle. Da der Kläger diese am 31. Dezember 2016 schon seit langem verloren habe, könne er nicht durch den neuen Versicherungspflichttatbestand zum 01. Januar 2017 erneut in die Versicherung einbezogen werden.

Versicherungspflichtige Pflegetätigkeit muss sich unmittelbar anschließen

Versicherungspflicht bestehe nach den Gesetzgebungsmaterialien künftig für die gesamte Dauer der Pflege eines Pflegebedürftigen mit mindestens Pflegegrad 2. Mit dem Wort "künftig" hebe die Gesetzesbegründung hervor, dass es sich um einen neuen Versicherungspflichttatbestand handele. Dieser knüpfe daran an, dass die Pflegeperson mit der neu versicherungspflichtigen Pflegetätigkeit an eine bisherige Zugehörigkeit zur Arbeitslosenversicherung (etwa aus einem versicherungs-pflichtigen Beschäftigungsverhältnis) - nach dem Gesetzeswortlaut "unmittelbar" - anschließe.

Leistungen aus Arbeitslosenversicherung zu lang zurückliegend

Im Interesse der Förderung nicht erwerbsmäßiger Pflege solle der Pflegeperson eine am 31.12.2016 schon bestehende Anbindung an die Arbeitslosenversicherung ab dem 01.01.2017 erhalten bleiben. Wer jedoch bereits vor längerer Zeit von der Arbeitslosenversicherung keine Leistungen bezogen habe, für den könne durch eine Pflegetätigkeit ab 01.01.2017 keine Versicherungspflicht begründet werden. 

Revision zugelassen

Wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache hat das LSG die Revision zum Bundesozialgericht zugelassen. 

Über den weiteren Verlauf der Sache werden wird berichten.

Hier finden Sie das vollständige Urteil Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 02.11.2022, Az: L 20 AL 69/21:

Rechtliche Grundlagen

§ 26 Abs. 2b Satz 1 Sozialgesetzbuch (SGB) - § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG

§ 26 Abs. 2b Satz 1 Sozialgesetzbuch (SGB) III ab 2017; § 160 Abs. 2 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz


§ 26 Abs. 2b Satz 1 SGB III (Sonstige Versicherungspflichtige)

(2) Versicherungspflichtig sind Personen in der Zeit, für die sie
2b. von einer Pflegekasse, einem privaten Versicherungsunternehmen, der Festsetzungsstelle für die Beihilfe oder dem Dienstherrn Pflegeunterstützungsgeld beziehen


§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG (Zulassung der Revision)

(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn
1. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat