Eingliederungsvereinbarungen, die Pflichten nur für Arbeitssuchende vorsehen, dürfen keine Sanktionen zur Folge haben.
Eingliederungsvereinbarungen, die Pflichten nur für Arbeitssuchende vorsehen, dürfen keine Sanktionen zur Folge haben.


Das Bundessozialgericht hatte zwei Fälle zu entscheiden, in denen die Bundesagentur für Arbeit Arbeitslosen gegenüber jeweils eine Sperrzeit verhängt hatte, weil sie die vereinbarten Eigenbemühungen nicht nachgewiesen hatten.
 

Bundesagentur sagt Leistungen zu

 
Im ersten Verfahren hatte die Bundesagentur für den arbeitslosen Kläger in einer Eingliederungsvereinbarung festgelegt, dass er sich fünfmal im Monat um Stellen bewerben müsse. Der Kläger sollte die Bewerbungsaktivitäten anhand einer Liste dokumentieren und diese bis zum Monatsende bei der Arbeitsagentur einreichen.
 
Im Gegenzug sagte die Arbeitsagentur ihm zu, die Kosten für ein Bewerbungscoaching zu zahlen. Auch die Bewerbungs- und Fahrtkosten sollten übernommen werden.
 
Nachdem der Kläger den vereinbarten Nachweis nicht vorgelegt hatte, verhängte die Arbeitsagentur eine Sperrzeit von zwei Wochen wegen fehlender Eigenbemühungen. Der Kläger ging dagegen vor und scheiterte in den Vorinstanzen.
 

Einseitige Verpflichtung des Arbeitslosen

 
Auch im zweiten Verfahren hatte die Bundesagentur eine Eingliederungsvereinbarung mit einer arbeitslosen Klägerin abgeschlossen.
 
Vereinbart war, dass sie sich monatlich auf sechs Stellen im kaufmännischen Bereich bewirbt und diese Aktivitäten entsprechend dokumentiert. Die Liste sollte sie immer spätestens bis zum 5. des Folgemonats unaufgefordert einreichen.
 
Nachdem auch diese Klägerin ihrer Nachweispflicht nicht nachgekommen war, verhängte die Bundesagentur wiederum eine Sperrzeit von zwei Wochen. Die Klägerin ging dagegen vor und bekam in den Vorinstanzen Recht.
 
Das Bundessozialgericht hat im ersten Fall die Sperrzeit für rechtmäßig, im zweiten Fall jedoch die Sperrzeit für unwirksam erklärt und damit jeweils die Vorinstanzen bestätigt.
 

Sperrzeit nur bei Zusage einer Gegenleistung

 
Eine Sperrzeit bei fehlendem Nachweis von Eigenbemühungen sei nur dann zulässig, wenn im Gegenzug auch bereits vermittlungsunterstützende Leistungen wie etwa die Übernahme von Bewerbungskosten oder Fahrtkosten zu Vorstellungsgesprächen zugesagt worden sind.
 
Im ersten Verfahren sei dies der Fall, so dass hier eine zweiwöchige Sperrzeit verhängt werden könne, die zum partiellen Wegfall des Arbeitslosengeldes führe. Der Kläger hätte Eigenbemühungen nachweisen müssen. Unerheblich war dabei, ob tatsächlich Eigenbemühungen erfolgt sind. Der Kläger hätte diese Eigenbemühungen auch wie vereinbart nachweisen müssen.
 
Fehle es hingegen  - wie im zweiten Fall  - an einer solchen Leistungszusage durch die Bundesagentur, so bestehe keine Grundlage für die Sperrzeit. Die Eingliederungsvereinbarung sei nichtig, weil den festgelegten Bewerbungsbemühungen keine "Gegenleistungen" der Arbeitsagentur gegenüber stünden.
 
Im Gegenzug zu den Bemühungen des Arbeitslosen müsse die Agentur für Arbeit angemessene vermittlungsunterstützende Leistungen bereitstellen. So könne sie zusagen, die Kosten für schriftliche Bewerbungen oder Fahrtkosten zu Vorstellungsgesprächen zu übernehmen. An eine einseitig belastende Vereinbarung könne die Agentur keine Sanktionen knüpfen.


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Pressemitteilung des Bundessozialgerichts


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„Fördern und Fordern“  - Dieser Grundsatz gilt auch bei der Eingliederungsvereinbarung für Bezieher von Arbeitslosengeld I von der Bundesagentur. Und wie beim Jobcenter hat das Bundessozialgericht eine Sanktionierung aufgrund einseitiger Belastung abgelehnt.
 
Denn auch bei Hartz-IV-Sanktionen muss die Rechtsgrundlage  - hier die Eingliederungsvereinbarung  - wenigstens ausgewogen sein

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Stattdessen ist in beiden Fällen wieder einmal der Aspekt des „Forderns“ massiv in den Vordergrund getreten.
 
Irrsinniges Ergebnis dieser Praxis: Der Leistungsbezieher wird bestraft, beim Arbeitslosengeld I mit einer Sperrzeit von zwei Wochen, beim Arbeitslosengeld II-Fall sogar zwei Monate kein Geld.
 

„Und was bekomme ich?“

 
Hier hat das Bundessozialgericht nun ein klares Stopp-Signal gesetzt: Wenn man sich als Staat mit dem Leistungsbezieher beim Vertragsschluss auf Augenhöhe begibt, so muss das Ergebnis ein einigermaßen fair ausgehandelter Vertrag sein. Dass dies in der Praxis oft nicht so ist, weil die Sozialbehörden eben doch am längeren Hebel sitzen, macht die Fragwürdigkeit einer solchen Vereinbarung deutlich.
 
Wer vor der Situation steht, eine solche Vereinbarung zu schließen, sollte fragen „Und was bekomme ich?“ Denn die Eingliederungsvereinbarung ist nicht nur ein Hebel, den Leistungsbezieher an die Kandare zu nehmen, sie soll auch den Leistungsträger verpflichten.
 
Wer hingegen eine Sanktion erhalten hat, sollte prüfen, ob in der Eingliederungsvereinbarung eine Gegenleistung festgelegt ist. Fehlt eine solche, bestehen gute Chancen, gegen die Sanktion vorzugehen.

Rechtliche Grundlagen

§ 159 SGB III Ruhen bei Sperrzeit

(1) Hat die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer sich versicherungswidrig verhalten, ohne dafür einen wichtigen Grund zu haben, ruht der Anspruch für die Dauer einer Sperrzeit. Versicherungswidriges Verhalten liegt vor, wenn (…)

3. die oder der Arbeitslose trotz Belehrung über die Rechtsfolgen die von der Agentur für Arbeit geforderten Eigenbemühungen nicht nachweist (Sperrzeit bei unzureichenden Eigenbemühungen), (…)