Wer im SGB-II-Bezug steht freut sich über jeden zusätzlichen Euro.© Adobe Stock: mnirat
Wer im SGB-II-Bezug steht freut sich über jeden zusätzlichen Euro.© Adobe Stock: mnirat

Die Zeugin im Verfahren vor dem Sozialgericht Konstanz, die Mutter des Klägers, verweigerte die Aussage. Sie verwies auf eine Gerichtsphobie, so Sabine-Agathe Häußler vom Rechtsschutzbüro Ravensburg. Das wurde ihrem Mandanten zum Verhängnis. Der bewohnte im Haus seiner Eltern eine Einliegerwohnung, für die er Miete zahlen musste.

 

Eigentlich schön, wenn die Eltern helfen

 

Der junge Mann stand im SGB II-Bezug. Offensichtlich reichte ihm das Geld nicht, denn er erhielt von seinen Eltern 1.000 €, die der Beklagte als Einkommen verteilt auf sechs Monate anrechnete. Eine weitere Zahlung der Eltern in Höhe von 2.000 € berücksichtigte der Beklagte dann auch bei einem späteren SGB II-Bezug. Dem widersprach der Kläger unter Vorlage einer Bescheinigung seiner Mutter, wonach es sich bei den Zahlungen um ein Darlehen handelte. Mit dem Geld habe er ein Soll bei der Bank ausgleichen wollen.

 

Der Beklagte ging demgegenüber davon aus, dass es sich bei den Zahlungen der Eltern des Klägers nicht um ein (zurückzuzahlendes) Darlehen handelte. Der Kläger habe über Vermögen bzw. Guthaben verfügt, sodass es des Darlehens zur Vermeidung eines Solls bei der Bank nicht bedurft habe. Das bewiesen mehrere, vorhandene Bausparverträge.

 

Die Argumente des Klägers überzeugten das Gericht nicht

 

Der Kläger hielt dem entgegen, es sei ohne Belang, dass die Zahlung nicht ausdrücklich als Darlehen bezeichnet worden sei. Eine fehlende Zinsvereinbarung stehe dem Darlehen ebenfalls nicht entgegen. Er sei mit seinen Eltern beim Abschluss der Darlehensvereinbarung darüber einig gewesen, dass eine Rückzahlung erfolgen sollte, sobald er aus dem Leistungsbezug beim Beklagten ausscheide und ihm seine eigenen Einkünfte die Rückzahlung der 3.000 € ermöglichten.

 

Das Sozialgericht ging in Übereinstimmung mit dem Beklagten davon aus, dass die Zahlungen der Eltern des Klägers nicht als Darlehen, sondern ohne verbindliche Rückzahlungspflicht erfolgten. Um der Gefahr eines Missbrauchs von Steuermitteln entgegenzuwirken, habe die Rechtsprechung für Darlehensverträge unter Verwandten strenge Anforderungen an den Nachweis des Abschlusses und die Ernsthaftigkeit gestellt.

 

Darlehensverträge dürfen keine verschleierte Schenkung sein

 

Die Darlehensgewährung müsse sich anhand der tatsächlichen Durchführung klar und eindeutig von einer verschleierten Schenkung oder einer verdeckten, auch freiwilligen Unterhaltsgewährung abgrenzen lassen. Hilfebedürftige hätten bei der Aufklärung der erforderlichen Tatsachen Mitwirkungspflichten, weil der für sie günstige Umstand, dass ein nachgewiesener Zufluss gleichwohl als Einkommen nicht zu berücksichtigen sei, ihre Sphäre betreffe. Eine nicht nachweisliche Tatsache gehe zu seinen Lasten.

 

Wesentliche Kriterien der abschließenden, umfassenden Würdigung aller relevanten Umstände des Einzelfalls seien u.a. die Gestaltung der Vereinbarung, beispielsweise Schriftform, Zinsabrede oder Gestellung von Sicherheiten. Wesentlich sei darüber hinaus die Durchführung des Vereinbarten. Diese müsse zwar nicht in jedem Punkt dem zwischen Fremden Üblichen, etwa einem Vertrag mit einem Kreditinstitut, entsprechen. Die Wahrung der üblichen Modalitäten im Geschäftsverkehr stelle aber ein Indiz dafür dar, dass ein Darlehensvertrag tatsächlich abgeschlossen worden sei.

 

Lege der Betroffene insbesondere Inhalt der Abrede und Zeitpunkt des Vertragsabschlusses jedoch nicht substantiiert dar oder könne ein plausibler Grund für den Abschluss des Darlehensvertrages nicht genannt werden, spreche das gegen die Glaubhaftigkeit einer Darlehensvereinbarung.

 

Der Kläger war nicht hilfebedürftig

 

Das Sozialgericht Konstanz bezieht sich in seiner Entscheidung auf ein Urteil des BSG vom 17. Juni 2010 hin, welches die Grundsätze für die Darlehensgewährung unter Verwandten ausführlich erörtert (B 14 AS 46/09 R).

 

Demnach sei der Kläger nicht hilfebedürftig. Hilfebedürftig sei nach § 9 I SGB II nur, wer seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern könne und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen, oder von Trägern anderer Sozialleistungen erhalte. Der Kläger habe Geld von seinen Eltern bekommen.

 

Von einem Darlehensvertrag ging das Gericht nicht aus. Dem stehe die Ausgestaltung der Abrede ohne Form und ohne verbindlichen Zeitpunkt der Rückzahlung entgegen. Eine klare, für einen Außenstehenden nachvollziehbare vertragliche Vereinbarung habe es nicht gegeben.

 

Die Einlassungen des Klägers überzeugten das Gericht nicht

 

Der Kläger habe die Rückzahlungspflicht im Prozess als „unausgesprochen", aber „logisch" bezeichnet. Der Hinweis darauf, er zahle das Geld zurück, wenn er einen „Job" gefunden habe, führe auch nicht weiter. Wann das sein werde, sei nicht ersichtlich. Der Kläger habe bis zur gerichtlichen Entscheidung im Verfahren auch immer noch keine Arbeit aufgenommen.

 

Das Gericht hielt es deshalb für wahrscheinlich, dass die Eltern den Kläger aufgrund des damaligen Fehlens flüssiger Mittel unterstützen wollten und zwar ohne rechtliche Unterhaltspflicht und auch ohne Rückzahlungsverpflichtung. Auch früher hätten die Eltern dem Kläger beispielsweise im Zusammenhang mit Fehlinvestitionen bei einem Hausbau ausgeholfen. Das spreche für ein gutes und enges persönliches Verhältnis der Eltern zu ihrem Sohn. Die Gesamtsituation spreche dagegen, dass sich die Zahlungen der Eltern an den Kläger klar und eindeutig von einer verschleierten Schenkung oder einer verdeckten, freiwilligen Unterhaltsgewährung abgrenzen ließen.

 

Es hätte vielleicht anders ausgehen können

 

Vielleicht hätte eine Aussage der Mutter im Verfahren ein anderes Ergebnis gebracht. Vielleicht war es aber auch so, dass der Fall sich genauso darstellte, wie vom Beklagten angenommen und die Mutter des Klägers keine Falschaussage riskieren wollte. Alles Spekulation!

 

Für die Praxis ist aber wichtig, in Fällen behaupteter Darlehen im SGB II-Bezug von Beginn an darauf zu achten, dass Verträge möglichst genau die Modalitäten der Darlehensvereinbarung wiedergeben. Dann ist die Chance, dennoch SGB-II-Leistungen zu bekommen nicht dahin.

 

Die Zeugin im Verfahren vor dem Sozialgericht Konstanz, die Mutter des Klägers, verweigerte die Aussage. Sie verwies auf eine Gerichtsphobie, so Sabine-Agathe Häußler vom Rechtsschutzbüro Ravensburg. Das wurde ihrem Mandanten zum Verhängnis. Der bewohnte im Haus seiner Eltern eine Einliegerwohnung, für die er Miete zahlen musste.

 

 

Eigentlich schön, wenn die Eltern helfen

 

Der junge Mann stand im SGB II-Bezug. Offensichtlich reichte ihm das Geld nicht, denn er erhielt von seinen Eltern 1.000 €, die der Beklagte als Einkommen verteilt auf sechs Monate anrechnete. Eine weitere Zahlung der Eltern in Höhe von 2.000 € berücksichtigte der Beklagte dann auch bei einem späteren SGB II-Bezug. Dem widersprach der Kläger unter Vorlage einer Bescheinigung seiner Mutter, wonach es sich bei den Zahlungen um ein Darlehen handelte. Mit dem Geld habe er ein Soll bei der Bank ausgleichen wollen.

 

Der Beklagte ging demgegenüber davon aus, dass es sich bei den Zahlungen der Eltern des Klägers nicht um ein (zurückzuzahlendes) Darlehen handelte. Der Kläger habe über Vermögen bzw. Guthaben verfügt, sodass es des Darlehens zur Vermeidung eines Solls bei der Bank nicht bedurft habe. Das bewiesen mehrere, vorhandene Bausparverträge.

 

Die Argumente des Klägers überzeugten das Gericht nicht

 

Der Kläger hielt dem entgegen, es sei ohne Belang, dass die Zahlung nicht ausdrücklich als Darlehen bezeichnet worden sei. Eine fehlende Zinsvereinbarung stehe dem Darlehen ebenfalls nicht entgegen. Er sei mit seinen Eltern beim Abschluss der Darlehensvereinbarung darüber einig gewesen, dass eine Rückzahlung erfolgen sollte, sobald er aus dem Leistungsbezug beim Beklagten ausscheide und ihm seine eigenen Einkünfte die Rückzahlung der 3.000 € ermöglichten.

 

Das Sozialgericht ging in Übereinstimmung mit dem Beklagten davon aus, dass die Zahlungen der Eltern des Klägers nicht als Darlehen, sondern ohne verbindliche Rückzahlungspflicht erfolgten. Um der Gefahr eines Missbrauchs von Steuermitteln entgegenzuwirken, habe die Rechtsprechung für Darlehensverträge unter Verwandten strenge Anforderungen an den Nachweis des Abschlusses und die Ernsthaftigkeit gestellt.

 

Darlehensverträge dürfen keine verschleierte Schenkung sein

 

Die Darlehensgewährung müsse sich anhand der tatsächlichen Durchführung klar und eindeutig von einer verschleierten Schenkung oder einer verdeckten, auch freiwilligen Unterhaltsgewährung abgrenzen lassen. Hilfebedürftige hätten bei der Aufklärung der erforderlichen Tatsachen Mitwirkungspflichten, weil der für sie günstige Umstand, dass ein nachgewiesener Zufluss gleichwohl als Einkommen nicht zu berücksichtigen sei, ihre Sphäre betreffe. Eine nicht nachweisliche Tatsache gehe zu seinen Lasten.

 

Wesentliche Kriterien der abschließenden, umfassenden Würdigung aller relevanten Umstände des Einzelfalls seien u.a. die Gestaltung der Vereinbarung, beispielsweise Schriftform, Zinsabrede oder Gestellung von Sicherheiten. Wesentlich sei darüber hinaus die Durchführung des Vereinbarten. Diese müsse zwar nicht in jedem Punkt dem zwischen Fremden Üblichen, etwa einem Vertrag mit einem Kreditinstitut, entsprechen. Die Wahrung der üblichen Modalitäten im Geschäftsverkehr stelle aber ein Indiz dafür dar, dass ein Darlehensvertrag tatsächlich abgeschlossen worden sei.

 

Lege der Betroffene insbesondere Inhalt der Abrede und Zeitpunkt des Vertragsabschlusses jedoch nicht substantiiert dar oder könne ein plausibler Grund für den Abschluss des Darlehensvertrages nicht genannt werden, spreche das gegen die Glaubhaftigkeit einer Darlehensvereinbarung.

 

Der Kläger war nicht hilfebedürftig

 

Das Sozialgericht Konstanz bezieht sich in seiner Entscheidung auf ein Urteil des BSG vom 17. Juni 2010 hin, welches die Grundsätze für die Darlehensgewährung unter Verwandten ausführlich erörtert (B 14 AS 46/09 R).

 

Demnach sei der Kläger nicht hilfebedürftig. Hilfebedürftig sei nach § 9 I SGB II nur, wer seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern könne und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen, oder von Trägern anderer Sozialleistungen erhalte. Der Kläger habe Geld von seinen Eltern bekommen.

 

Von einem Darlehensvertrag ging das Gericht nicht aus. Dem stehe die Ausgestaltung der Abrede ohne Form und ohne verbindlichen Zeitpunkt der Rückzahlung entgegen. Eine klare, für einen Außenstehenden nachvollziehbare vertragliche Vereinbarung habe es nicht gegeben.

 

Die Einlassungen des Klägers überzeugten das Gericht nicht

 

Der Kläger habe die Rückzahlungspflicht im Prozess als „unausgesprochen", aber „logisch" bezeichnet. Der Hinweis darauf, er zahle das Geld zurück, wenn er einen „Job" gefunden habe, führe auch nicht weiter. Wann das sein werde, sei nicht ersichtlich. Der Kläger habe bis zur gerichtlichen Entscheidung im Verfahren auch immer noch keine Arbeit aufgenommen.

 

Das Gericht hielt es deshalb für wahrscheinlich, dass die Eltern den Kläger aufgrund des damaligen Fehlens flüssiger Mittel unterstützen wollten und zwar ohne rechtliche Unterhaltspflicht und auch ohne Rückzahlungsverpflichtung. Auch früher hätten die Eltern dem Kläger beispielsweise im Zusammenhang mit Fehlinvestitionen bei einem Hausbau ausgeholfen. Das spreche für ein gutes und enges persönliches Verhältnis der Eltern zu ihrem Sohn. Die Gesamtsituation spreche dagegen, dass sich die Zahlungen der Eltern an den Kläger klar und eindeutig von einer verschleierten Schenkung oder einer verdeckten, freiwilligen Unterhaltsgewährung abgrenzen ließen.

 

Es hätte vielleicht anders ausgehen können

 

Vielleicht hätte eine Aussage der Mutter im Verfahren ein anderes Ergebnis gebracht. Vielleicht war es aber auch so, dass der Fall sich genauso darstellte, wie vom Beklagten angenommen und die Mutter des Klägers keine Falschaussage riskieren wollte. Alles Spekulation!

 

Für die Praxis ist aber wichtig, in Fällen behaupteter Darlehen im SGB II-Bezug von Beginn an darauf zu achten, dass Verträge möglichst genau die Modalitäten der Darlehensvereinbarung wiedergeben. Dann ist die Chance, dennoch SGB-II-Leistungen zu bekommen nicht dahin.

 

Hier geht's zum Urteil des Sozialgerichts Konstanz

Hier lesen Sie das Urteil des Bundessozialgerichts

 

Rechtliche Grundlagen

§ 9 SGB II

Hilfebedürftigkeit

(1) Hilfebedürftig ist, wer seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen, erhält.

(2) Bei Personen, die in einer Bedarfsgemeinschaft leben, sind auch das Einkommen und Vermögen des Partners zu berücksichtigen. Bei unverheirateten Kindern, die mit ihren Eltern oder einem Elternteil in einer Bedarfsgemeinschaft leben und die ihren Lebensunterhalt nicht aus eigenem Einkommen oder Vermögen sichern können, sind auch das Einkommen und Vermögen der Eltern oder des Elternteils und dessen in Bedarfsgemeinschaft lebender Partnerin oder lebenden Partners zu berücksichtigen. Ist in einer Bedarfsgemeinschaft nicht der gesamte Bedarf aus eigenen Kräften und Mitteln gedeckt, gilt jede Person der Bedarfsgemeinschaft im Verhältnis des eigenen Bedarfs zum Gesamtbedarf als hilfebedürftig, dabei bleiben die Bedarfe nach § 28 außer Betracht. In den Fällen des § 7 Absatz 2 Satz 3 ist Einkommen und Vermögen, soweit es die nach Satz 3 zu berücksichtigenden Bedarfe übersteigt, im Verhältnis mehrerer Leistungsberechtigter zueinander zu gleichen Teilen zu berücksichtigen.

(3) Absatz 2 Satz 2 findet keine Anwendung auf ein Kind, das schwanger ist oder sein Kind bis zur Vollendung des sechsten Lebensjahres betreut.

(4) Hilfebedürftig ist auch derjenige, dem der sofortige Verbrauch oder die sofortige Verwertung von zu berücksichtigendem Vermögen nicht möglich ist oder für den dies eine besondere Härte bedeuten würde.

(5) Leben Hilfebedürftige in Haushaltsgemeinschaft mit Verwandten oder Verschwägerten, so wird vermutet, dass sie von ihnen Leistungen erhalten, soweit dies nach deren Einkommen und Vermögen erwartet werden kann.