Zweifel an der Selbstständigkeit bewahrheiten sich immer häufiger.
Zweifel an der Selbstständigkeit bewahrheiten sich immer häufiger.

Rechtsauffassung der Deutschen Rentenversicherung durch Sozialgerichtsbarkeit bestätigt

Mit Urteil vom 06.07.2016 kam das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen zu dem Ergebnis, dass zwischen dem an einer städtischen Musikschule als Honorarkraft beschäftigten Musikschullehrer und der Stadt tatsächlich ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis besteht.

Durch Bescheid der Deutschen Rentenversicherung (DRV) Bund wurde festgestellt, dass ein Gitarrenlehrer an einer städtischen Musikschule allen Zweigen der Sozialversicherung unterlag. Zu dieser Auffassung kam auch das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen und hat damit die Rechtsauffassung der DRV und der ersten Instanz bestätigt.

Der Musiklehrer war bereits von 2005 bis 2007 angestellter Musiklehrer an der Musikschule A. Um Einsparungen zu erzielen, beschloss der Rat der Stadt Ende 2008, Kosten für Musiklehrer so weit wie möglich zu senken und durch Honorarkräfte zu ersetzen. In Folge dieses Ratsbeschlusses war der Gitarrist in den Jahren 2011 bis 2014 bei der Stadt aufgrund von Honorarverträgen tätig. 

Der Stundenumfang zwischen sieben und 12 Unterrichtsstunden pro Woche wurde dem jeweiligen Unterrichtsbedarf angepasst. Ausdrücklich wurde eine "selbständige Tätigkeit als freier Mitarbeiter" vereinbart. Laut Honorarvertrag war Grundlage für den Unterricht das Lehrplanwerk des Verbandes deutscher Musikschulen.

Durch Arbeitgeberin vertragliche Vorgaben in erheblichem Umfang vorgegeben

Die Feststellungen des Landessozialgerichts ergaben, dass eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation der Musikschule und damit ein Beschäftigungsverhältnis bestand. Denn, so die Richter*innen, der Gitarrenlehrer sei bei seiner Tätigkeit in erheblichem Umfang vertraglichen Vorgaben unterworfen und insbesondere durch die Rahmenlehrpläne gebunden gewesen. 

Die trotzdem immer noch vorhandene pädagogische Freiheit sei auch bei angestellten Lehrkräften üblich und ändere nichts daran, dass der Gitarrenlehrer als Beschäftigter anzusehen sei. Auch hinsichtlich der Arbeitszeit und des Arbeitsortes sowie der Auswahl der Schüler sei er nicht wie ein typischer Selbständiger frei gewesen. Zudem habe er kein Unternehmerrisiko getragen, dem gleichwertige unternehmerische Chancen gegenübergestanden hätten.

Das Gericht hat die hergebrachten Rechtsgrundsätze zur Abgrenzung zwischen abhängiger Beschäftigung und selbständiger Tätigkeit angewendet und deshalb die Revision nicht zugelassen.

Das rechtskräftige Urteil hat grundsätzliche Bedeutung für den Status von Lehrern an Musikschulen.

Anmerkung:

Nicht selten sind Verträge von Musiklehrern*innen so formuliert, dass man auf den ersten Blick von einer selbständigen Tätigkeit ausgeht. Unterzieht man solchen Verträgen jedoch einer näheren Prüfung, dann kommt man oftmals zu dem Ergebnis, dass tatsächlich von einem sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis auszugehen ist. 

Gewerkschaftsmitgliedschaft zahlt sich aus

Für gewerkschaftlich organisierte Musiklehrer*innen, die ihre Leistungen als (sogenannte) Honorarkräfte erbringen, besteht die Möglichkeit, ihr Vertragsverhältnis kostenlos überprüfen zu lassen. 

Sollte die Überprüfung das Ergebnis zeitigen, dass von einem sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis auszugehen ist, kann nach erfolgter Rechtsschutzgewährung durch die zuständige Gewerkschaft, eine weitere Vertretung durch die Juristen*innen der DGB Rechtsschutz GmbH erfolgen. 

 

Link zur Pressemitteilung des Sozialgerichts Gießen vom 27.06.2016

Link zum Urteil des Bundessozialgericht vom 15.04.2008, Az: B 14/7b AS 6/07 R zum Thema

 

Lesen Sie hierzu auch unseren Beitrag:

Musiklehrer - Selbständig oder Angestellte?