Erfüllt der Arbeitgeber einen Vergleich nicht, kann es auch schon mal zu Zwangshaft kommen. Copyright by Adobe Stock/LIGHTFIELD STUDIOS
Erfüllt der Arbeitgeber einen Vergleich nicht, kann es auch schon mal zu Zwangshaft kommen. Copyright by Adobe Stock/LIGHTFIELD STUDIOS

Die Klägerin des Verfahrens schloss vor dem Arbeitsgericht Freiburg einen Vergleich mit ihrem Arbeitgeber. Für den Fall ihrer Genesung sollte sie zunächst 19 Tage Resturlaub für 2019 erhalten. Der Arbeitgeber verpflichtete sich außerdem, anschließend 10 Tage anteiligen Urlaubes für 2020 zu gewähren. Danach sollte die Klägerin bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses von der Arbeitsleistung freigestellt werden, dafür aber ihre monatliche Vergütung weiter erhalten.
 

Der Arbeitgeber erfüllte den Vergleich nicht

Der Arbeitgeber erfüllte den Vergleich aber nicht. Die Klägerin leitete daher ein Verfahren zur Zwangsvollstreckung ihrer Forderungen ein. Die DGB Rechtsschutz GmbH vertrat sie in diesem Verfahren als Gläubigerin. Dass es hierbei nicht nur um Geld ging, sondern die Gewährung von Urlaub, machte das Verfahren schwierig.
 
Die Prozessbevollmächtigte der Gläubigerin, Vira Domchak, Juristin aus dem Büro Freiburg, fand jedoch die richtige Formulierung für den Antrag. Sie hatte auch zuvor schon dafür gesorgt, dass der Vergleich richtig formuliert war.
 

Vira Domchak gewann den Prozess für ihre Mandantin

Vira Domchak gewann den Prozess damit für ihre Mandantin.
Nach ihrem Antrag sollte das Gericht dem Arbeitgeber ein Zwangsgeld auferlegen, damit er die Verpflichtungen des Vergleiches umsetzt. Würde er das dennoch nicht machen, verlangte sie anschließend, dass das Gericht statt dessen eine Zwangshaft verhängt.
 
Das Gericht gab diesem Antrag statt. Könne eine Handlung durch einen Dritten nicht vorgenommen werden, dürfe das Gericht Zwangsgeld und Zwangshaft verhängen, wenn die Handlung ausschließlich vom Willen des Schuldners abhänge.
 

Eine vom Schuldner abhängige Handlung liegt vor

Eine solche Handlung vom Schuldner abhängige Handlung liege hier vor. Nur der Schuldner selbst könne den streitgegenständlichen Urlaub gewähren. Es handele sich dabei um eine sogenannte nicht vertretbare Handlung, also eine Handlung, die sonst niemand vornehmen könne  als der Schuldner selbst. Diese hänge ausschließlich vom Willen des früheren Arbeitgebers, also des Schuldners ab.
 
Das Bundesarbeitsgericht habe entschieden, dass eine Willenserklärung vollstreckt werden könne, wenn diese den Wortlaut des Vergleiches umfasse. Auch der Bundesgerichtshof sehe das so.
 

Eine solche Willenserklärung hatte die Prozessbevollmächtigte formuliert

Eine solche Willenserklärung habe die Prozessbevollmächtigte der Gläubigerin im Verfahren formuliert. Der Schuldner solle der Gläubigerin nämlich „Urlaub zuweisen“ und danach die Klägerin „freistellen“.
 
Die Gläubigerin habe im Übrigen ihre Genesung ausreichend nachgewiesen. Sie hatte ein ärztliches Attest vorgelegt. Dass sie gleichzeitig im Rahmen eines Verfahrens bei der Rentenversicherung anders argumentiert habe, spiele keine Rolle. Dort sei es um den sozialrechtlichen Grundsatz der Nahtlosigkeit gegangen. Das wirke sich auf das Vollstreckungsverfahren nicht aus.
 

Damit ein Vergleich vollstreckt werden kann, reicht es aus, wenn der Erfolg daraus hervorgeht, der damit erreicht werden soll

Damit ein Vergleich vollstreckt werden könne, sei es ausreichend, wenn der Erfolg daraus hervorgehe, der damit erreicht werden solle. Es müssten keine konkreten Handlungen oder Erklärungen gefordert werden. Hier hätten die Parteien sowohl die Handlungen als auch die Rechtsfolgen festgelegt. Für den Fall der Genesung der Klägerin sollten ihr die genau festgelegten Urlaubstage gewährt werden.
 
Es habe darüber hinaus auch noch eine Zusatz im Vergleich gegeben, wonach der Urlaub für den Fall, dass die Klägerin nicht genesen würde, abgegolten werden sollte.
 

Das alles hatte die Klägerin im Vergleich hinreichend formuliert

Dies alles habe die Klägerin im Vergleich hinreichend formuliert. Der Arbeitgeber habe durch Abschluss des Vergleiches die Verpflichtung, den Vergleich zu erfüllen, auch übernommen. Er habe dennoch nicht geleistet.
 
Das Gericht setzte deshalb ein Zwangsgeld von 7000,- € fest. Ohne ein erhebliches Ordnungsgeld erscheine die Durchsetzung des Anspruchs der Gläubigerin erschwert. Die Höhe des Zwangsgeldes stehe im Ermessen des Gerichts.
 

Maßstab für das Zwangsgeld ist nicht allein die Urlaubsvergütung

Maßstab für das Zwangsgeld sei nämlich nicht allein die Urlaubsvergütung, die auf den Zeitraum des Urlaubes entfalle. Es komme insbesondere auch darauf an, welches Interesse die Gläubigerin an ihrer Freistellung habe.
 
Sollte das Zwangsgeld nicht beigetrieben werden können, wurden für je 100,- € des Zwangsgeldes ein Tag Zwangshaft für den Geschäftsführer des Unternehmens verhängt. Der Geschäftsführer sei nämlich in der Lage, der Klägerin den gewünschten Urlaub zu gewähren.
 

Zwangshaft ist eine Beugemittel

Die Zwangshaft sei ein Beugemittel, das nur zum Einsatz käme, wenn es am Willen des jeweiligen Schuldners zur Erfüllungshandlung fehle. Der gutwillige Schuldner, der alle Anforderungen an seine Person erfülle, werde nicht verhaftet.

Arbeitsgericht Freiburg, Beschluss vom 11. Mai 2020

Das sagen wir dazu:

Die abschließenden Worte des Gerichts sind gut und wahr. Vergleiche werden in der Annahme geschlossen, dass sie auch erfüllt werden. Wer es da auf windige Umgehungen ankommen lassen will, muss die volle Härte der Rechtsordnung auch spüren.

Vergleiche sind im Rahmen von Zwangsvollstreckungsverfahren jedoch nicht immer ganz einfach durchzusetzen. Da kommt es immer darauf an, dass sie so formuliert sind, dass das Gericht auch die Vollstreckung anordnen kann. Dazu gibt es gesetzliche Regeln, die eingehalten werden müssen.

Hier empfiehlt es sich, guten Rechtsbeistand zu haben. Mitglieder der Gewerkschaften des DGB haben Anspruch auf kostenlosen Rechtsschutz. Dort wird immer darauf geachtet, Vergleiche so zu formulieren, dass sie später auch umgesetzt werden können – ein weitere Grund dafür, Mitglied einer Gewerkschaft zu werden. Guter Rechtsschutz ist wichtig und die DGB Rechtsschutz GmbH setzt sich dafür ein!

Rechtliche Grundlagen

§ 888 ZPO

(1) Kann eine Handlung durch einen Dritten nicht vorgenommen werden, so ist, wenn sie ausschließlich von dem Willen des Schuldners abhängt, auf Antrag von dem Prozessgericht des ersten Rechtszuges zu erkennen, dass der Schuldner zur Vornahme der Handlung durch Zwangsgeld und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, durch Zwangshaft oder durch Zwangshaft anzuhalten sei. Das einzelne Zwangsgeld darf den Betrag von 25 000 Euro nicht übersteigen. Für die Zwangshaft gelten die Vorschriften des Zweiten Abschnitts über die Haft entsprechend.
(2) Eine Androhung der Zwangsmittel findet nicht statt.
(3) Diese Vorschriften kommen im Falle der Verurteilung zur Leistung von Diensten aus einem Dienstvertrag nicht zur Anwendung.