Wer von der Arbeitsleistung freigestellt ist, hat auch keinen Anspruch auf Erholungsurlaub. So urteilte jetzt das Bundesarbeitsgericht. Copyright by Jenny Sturm/Adobe Stock
Wer von der Arbeitsleistung freigestellt ist, hat auch keinen Anspruch auf Erholungsurlaub. So urteilte jetzt das Bundesarbeitsgericht. Copyright by Jenny Sturm/Adobe Stock

Geklagt hatte ein Arbeitnehmer, der zunächst in einem Vollzeitarbeitsverhältnis beschäftigt war. Er schloss mit seinem Arbeitgeber einen Vertrag über Altersteilzeit, nach dem sich die Arbeitszeit ab Dezember 2014 halbierte.
 

16 Monate arbeiten, 16 Monate frei

Weil die Parteien ein sogenanntes Blockmodell vereinbart hatten, arbeitete der Kläger bis zum März 2016 weiter in Vollzeit, also 16 Monate. Die nächsten 16 Monate, also bis Juli 2017, arbeitete der Kläger nicht mehr, sondern war von der Arbeitsleistung freigestellt.
 
Er erhielt während der gesamten Zeit des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses den halbierten Lohn, zuzüglich eines Aufstockungsbetrages. Dem Kläger stand nach dem Arbeitsvertrag jährlich 30 Urlaubstage zu.
 
Im Jahr 2016, in dem der Kläger nur bis März gearbeitet hatte, gewährte ihm die Beklagte acht Tage Urlaub. Dies entspricht einem Viertel des Jahresurlaubs.
 

Altersteilzeitbeschäftigter begehrt Anspruch auch für Freistellungsphase

Der Kläger wollte darüber hinaus auch Urlaub für das restliche Jahr 2016 und das gesamte Jahr 2017, weil das Arbeitsverhältnis erst in der zweiten Jahreshälfte beendet war. Insgesamt seien dies weitere 52 Urlaubstage, die ihm die Beklagte auszahlen müsse.
 
Vor dem Bundesarbeitsgericht hatte der Kläger mit dieser Ansicht keinen Erfolg. Wie auch die Vorinstanzen lehnte das BAG den Anspruch auf Urlaub in der Freistellungsphase ab. Der Anspruch auf Urlaub besteht nach dem Bundesurlaubsgesetz im Umfang von 24 Werktagen, wenn man eine Sechs-Tage-Woche zu Grunde lege.
 
Bei weniger als sechs Werktagen sei der Anspruch anteilig zu kürzen: 24 Werktage mal Anzahl der Tage mit Arbeitspflicht geteilt durch 312 Werktage. Einem Arbeitnehmer, der sich in der Freistellungsphase befinde und dementsprechend von der Arbeitspflicht entbunden sei, stehe dementsprechend kein Anspruch auf Erholungsurlaub zu.
 

Keine Arbeitspflicht, kein Urlaub

Denn in dieser Zeit sei die Anzahl der Arbeitstage „null“. Vollziehe sich, wie im vorliegenden Fall, der Wechsel von der Arbeits- in die Freistellungsphase im Lauf des Kalenderjahres, bestehe der Urlaubsanspruch anteilig nur in den Monaten, in dem eine Arbeitspflicht bestand.
 
Diesem Ergebnis stehe auch das europäische Urlaubsrecht nicht entgegen. Es gebe keinen Gesichtspunkt, aus dem heraus Beschäftigte in der Freistellungsphase mit Beschäftigten gleichzusetzen seien, die in dieser Zeit tatsächlich gearbeitet haben.
 
Diese Grundsätze bezögen sich auch auf den vertraglichen Mehrurlaub, wenn die Arbeitsvertragsparteien für die Berechnung des Urlaubsanspruchs während der Altersteilzeit keine Vereinbarung getroffen hätten, die von der gesetzlichen Berechnung abweiche.
 
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Pressemitteilung des Bundesarbeitsgerichts

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Das sagen wir dazu:

Mit diesem Urteil setzt das Bundesarbeitsgerichts seine Urlaubsrechtsprechung konsequent fort: In zwei Entscheidungen aus dem März diesen Jahres hat es bereits festgelegt, dass der Urlaub sich bei unbezahltem Sonderurlaub kürzt (Urteil vom 19. März 2019 - 9 AZR 315/17) beziehungsweise dass er bei Elternzeit gekürzt werden kann (Urteil vom 19. März 2019 - 9 AZR 362/18).

BAG entwickelt Rechtsprechung fort

Damit hat das Bundesarbeitsgerichts seine bisherige Rechtsprechung geändert (Urteil vom 6. Mai 2014 - 9-AZR 678/12). Diese bisherige Rechtsprechung ließ trotz unbezahlten Sonderurlaubs Urlaubsansprüche entstehen. Nun reicht es für den Anspruch nicht mehr aus, dass ein Arbeitsverhältnis besteht, es kommt vielmehr auf die Arbeitspflicht an.

Etwas anderes gilt allerdings für Zeiten der Krankheit: Diese hindert das Entstehen von Urlaub nicht. Die oben genannten Fälle unterscheiden sich von denen der Krankheit insofern, als dass bei Sonderurlaub, Freistellung in der Altersteilzeit und auch bei Elternzeit der/die Beschäftigte*r in das Ruhen der Arbeitspflicht einwilligt, also weniger schutzwürdig ist als bei Krankheit.

Auch wenn die geänderte Rechtsprechung zunächst für Beschäftigte ungünstiger wirkt, so hat sie auch einen Vorteil: Arbeitgeber dürften sich mit Freistellungen leichter einverstanden erklären, wenn der zusätzliche Kostenfaktor eines Urlaubsanspruchs für diesen Zeitraum entfällt.

Rechtliche Grundlagen

§ 3 BurlG Dauer des Urlaubs

§ 3 BurlG Dauer des Urlaubs
(1) Der Urlaub beträgt jährlich mindestens 24 Werktage.
(2) Als Werktage gelten alle Kalendertage, die nicht Sonn- oder gesetzliche Feiertage sind.